FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2019

Vertriebspartner wie Banken und Vermögens- berater bezahlte. Die tabellarische Aufstellung aller Kosten fand sich auch im Gesellschafts- vertrag, der jeder Marketingbroschüre und den Zeichnungsunterlagen beigelegt war. Damit hätte sich jeder Anleger ausrechnen können, dass die Innenprovision 4,69 Prozent des Eigenkapitals der Fondsgesellschafter betrug. Trotzdem bezeichnet der Anlegervertreter Schumacher die klar prospektierte Vergütung als „verdeckte Provision“ und drang damit beim Höchstgericht durch. Alle gegen die Bank Dass die Bank über ihren Berater die In- nenprovision, von der dieser selbst gar nichts wusste, in den Beratungsgesprächen nicht of- fenlegte, belastet sie im Rechtsstreit schwer. „Nimmt eine Bank hinter dem Rücken ihres Kunden Geld, verletzt sie das Kundeninter- esse und haftet dafür“, meint Schumacher. Die geltende OGH-Rechtsprechung steht bezüg- lich der Aufklärungspflicht eindeutig auf der Anlegerseite. In diesem Fall hält das OLG Wien fest: „Zu bedenken ist, dass ein (kosten- bewusster) Kunde (…), dem nur ein Agio von fünf Prozent genannt wird, eher zu einer Zeichnung bereit sein wird als einer, dem eine Gesamtprovision von acht Prozent genannt wird.“ Dabei sei es unerheblich, dass zwar die Geschäftsleiter, nicht aber die einzelnen Kundenbetreuer von der Innenprovision gewusst haben. Sowohl das Handelsgericht in der ersten Instanz als auch die heimischen Höchstrichter leiten aus der offengelegten Vergütung einen Interessenkonflikt ab. Gäbe es diesen nicht, wäre die Bank trotz Nichtoffenlegung der Innenprovision nicht schadenersatzpflichtig. Die Richter beider Gerichte gehen allerdings davon aus, dass die Bank den Fonds ohne Innenprovision nicht verkauft hätte. Schließ- lich gehe aus internen E-Mails hervor, dass geschlossene Fonds ein wichtiges Produkt zur Umsatzgenerierung – auch mit neuen Kun- den – gewesen seien. Die Bank konnte sich dagegen „nicht glaubwürdig“ wehren. Das OLG hält außerdem fest, dass das Geldinstitut mit dem Argument, dass „allein die bessere Ertragslage bei anderen Produkten zeige, dass die Innenprovision keine entscheidende Rolle gespielt habe, nicht zu überzeugen vermag“ . Der OGH gab den Vorinstanzen recht und wies die Revision der Raiffeisenbank zurück. Denn sie habe ein besonderes Eigeninteresse am Vertrieb des Fonds gehabt und dafür ver- kaufsfördernde Maßnahmen wie Produkt- präsentationen und Schulungen durch Vertre- ter des Anbieters ergriffen, die Einfluss auf die Beratung und Anlageentscheidung hatten. „Eine unabhängige Beratung ist damit trotz Unkenntnis des Beraters von den Provisions- zahlungen nicht sichergestellt“ , begründet der OGH den Interessenkonflikt. Kritik an der Rechtsprechung Rechtsanwalt Johannes Kautz von der Kanzlei DLA Piper Weiß Tessbach kritisiert die Urteile und sieht darin grundsätzliche Probleme: „Besonders problematisch ist die Tatsache, dass die Gerichte dazu tendieren, schon die unterlassene Offenlegung der Pro- visionen für sich allein als haftungsbegrün- dend anzusehen.“ Für die gesamte Finanz- branche heikel ist aber nicht zuletzt die Frage des Einflusses der Produktschulung durch Fondsanbieter. Wenn normale vertriebsunter- stützende Maßnahmen ein Beleg für den ver- meintlichen Interessenkonflikt sind, kann eine Bank nie aus der Haftung kommen. Denn ganz grundsätzlich entstehen die Schäden für Anleger nicht durch die Vertriebsvergütung, sondern aufgrund von Verlusten bei den Investitionen – im Fall der Holland-Fonds eben bei der Immobilienbewirtschaftung. „Dass die Bank für die Vermittlung eine Pro- vision erhält, macht das Anlageprodukt für den Kunden aber noch lange nicht ungeeig- net“, meint Kautz. Im konkreten Fall wäre die Vermittlung des Holland-Fonds für die Bank bei einemAusgabeaufschlag von drei Prozent nicht einmal kostendeckend gewesen. ALEXANDER ENDLWEBER | FP Rechtsanwalt Johannes Kautz: „Eine Provision macht das Produkt für den Kunden lange nicht ungeeignet.“ Rechtsanwalt Sebastian Schumacher: „Verdeckte Provisionen sind kein Kavaliersdelikt.“ MPC Holland 68 Der Immobilienfonds kam Ende 2006 auf den Markt und hat in ein Portfolio aus drei Büroimmobilien in der Region Randstad an den Standorten in Zoetermeer, Hoofddorp und Amersfoort investiert. Die Gebäude waren zunächst vollständig an jeweils einen Einzelmieter vergeben. Zwei der drei Mietverträge hatten allerdings nur noch eine kurze Restlaufzeit von rund fünf Jahren. Das Gesamtinvestitionsvolumen betrug 74 Millionen Euro zuzüglich fünf Prozent Agio. Die Anleger haben 32 Millio- nen Euro plus 1,6 Millionen Euro Agio in den Fonds ein- gezahlt. Die Immobilien haben 59,4 Millionen Euro exklu- sive Anschaffungsnebenkosten gekostet. Auf mehr als sieben Millionen Euro plus Agio beliefen sich laut Kapi- talmarktprospekt die Fondsanlaufkosten. MPC hat den Fonds mit einer geplanten Laufzeit bis 2016 und einer durchschnittlichen Ausschüttung von rund 7,1 Prozent pro Jahr beworben. Davon sind die Anleger weit entfernt. Krise ab dem Jahr 2011 In den ersten Fondsjahren wurde die Büroimmobilie in Hoofddorp in ein Hotel umgewandelt und langfristig ver- mietet. Trotzdem geriet der Fonds ab dem Jahr 2011 in Schieflage. Eine Immobilienkrise in Holland hat die Betei- ligungsgesellschaft ebenfalls belastet. Auszahlungen an die Anleger waren ab 2011 nicht mehr möglich. Nachdem er 2016 akut insolvenzgefährdet war, wickelte MPC den Fonds in Absprache mit den Gläubigern außer- halb einer Insolvenz ab. Nach dem Verkauf der Immobilien bleibt den Anlegern unterm Strich ein Verlust von 75 Pro- zent ihrer Einlage. 229 www.fondsprofessionell.at | 2/2019

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