FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2019

auf den ausführlichen Kapitalmarktprospekt nicht. Dieser musste vom Kunden – ohne zu- sätzliche Aufklärung – nicht so verstanden werden, dass sich in diesem Prospekt abwei- chende Informationen zu jenen in der kurzen Broschüre finden. Aufklärungspflicht zur Kursstütze Der Kläger nahm einen Fremdwährungs- kredit in Schweizer Franken auf. Er wurde bei Abschluss des Vertrags und nach der Einfüh- rung einer Kursstütze durch die Schweizer Na- tionalbank über das Währungsrisiko aufge- klärt. Das zuständige Kreditinstitut wies jedoch nicht explizit auf die Gefahr hin, die mit einer Änderung der Währungspolitik der Schweizer Nationalbank beziehungsweise mit demWeg- fall dieser Kursstütze verbunden war. Der Klä- ger erlitt daraufhin einen Verlust und klagte die Bank auf Schadenersatz. Für den OGH war in seiner Entscheidung vom 31. 8. 2018 (6 Ob 132/18g) relevant, dass der Kläger über das Kursrisiko aufgeklärt wurde. Damit musste ihm bewusst sein, dass die eingeführte Kurs- stütze die Stabilität der Währung nicht vorbe- haltlos garantieren konnte. Außerdem wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass der Kurs selbst für Spezialisten nicht vorhersehbar ist. Daher musste bei einer Beratung über eine Stop-Loss-Order nicht über das „Stützungsri- siko“ aufgeklärt werden, weil das Verwirkli- chen dieses Risikos gegenüber den sonstigen kursbildenden Faktoren derart unwesentlich ist, sodass darüber nicht informiert werden muss. Der OGH führte ebenfalls an, dass eine Änderung der Währungspolitik der Schweizer Nationalbank nicht vorhersehbar war. Haftung eines Dritten Über die vorliegende Entscheidung des OGH vom 24. 1. 2019 (6 Ob 233/18k) wurde bereits berichtet. Dennoch lohnt sich noch- mals ein genauer Blick auf die Begründung des Höchstgerichts. In diesem Fall ging der Kläger nach entsprechender Beratung davon aus, im Rahmen eines Ansparplans physisches Gold zu erwerben, das von der Veranlagungs- gesellschaft gemeinsam mit dem Gold der an- deren Investoren sicher in einem Safe verwahrt wird. Dieses Vertrauen des Klägers rührte ne- ben den Informationen, die er vom Vertriebs- partner der Veranlagungsgesellschaft erhalten hatte, auch daher, dass ein Schweizer Notar (der keinen direkten Kontakt zum Kläger hat- te) über Auftrag der Emittentin regelmäßige Prüfberichte ausstellte. Diese Prüfberichte konnten so verstanden werden, dass er den vorhandenen Goldbestand geprüft und mit dem Soll-Bestand verglichen hat. Dem war allerdings nicht so. Einem genauen Leser der Prüfberichte hätte auch auffallen können, dass der Notar in den Berichten lediglich bestätigte, Lagerdepotauszüge durchgesehen und mit einer Liste der Kunden verglichen zu haben. Von einer Prüfung der tatsächlichen Goldbe- stände im Safe war nicht die Rede. Für das Höchstgericht war jedoch der Bericht in sei- nem Gesamtbild entscheidend. Dieser erweck- te – auch durch optische Hervorhebungen – den Eindruck, ein öffentlicher Notar habe re- gelmäßig die tatsächlichen Goldbestände ge- prüft. Der OGH bejahte daher die Haftung des Notars aus dem Titel der sogenannten zivilrechtlichen Prospekthaftung. Dabei wird allein darauf abgestellt, ob ein Schriftstück dem Vertrieb einer Anlage dient und generell geeignet ist, den Anlageentschluss eines po- tenziellen Anlegers zu beeinflussen, indem der Anschein einer objektiven Anlageinformation erweckt wird. Entscheidend ist somit nicht die Form der Information, sondern ob durch diese zu einem erkennbar veranlagungsrelevanten Umstand ein Vertrauenstatbestand geschaffen wurde. Da dem Notar die Verwendung seiner Prüfberichte durch die Anlagegesellschaft bekannt war, hat er für diese einzustehen. Hin- zu kam nach Ansicht des OGH, dass den be- klagten Notar als Sachverständigen auch eine objektiv-rechtliche Sorgfaltspflicht hinsichtlich seiner Prüfberichte traf. Immerhin stellte er sich mit seinem Expertenstatus und in seiner Funktion als öffentlicher Notar in den Dienst der Veranlagungsgesellschaft und lieferte die- ser mit seinen Prüfberichten ein – auf die Sicherheit der Veranlagung bezogenes und daher veranlagungsrelevantes – Verkaufsargu- ment. Ein Notar zählt dabei zu jenem Perso- nenkreis, der mit Rücksicht auf seine allge- mein anerkannte herausgehobene berufliche Stellung besonderes Vertrauen genießt. Einladung zur Informations- veranstaltung als Beratung Die Beklagte war eine im Vertrieb der emit- tierenden Gesellschaft tätige Person, die das Interesse des Klägers für eine Informations- veranstaltung geweckt hatte, an welcher auch der Vorgesetzte der Beklagten teilnahm. Die Beklagte hatte allerdings keine Befugnisse für einen allfälligen Vertragsabschluss, was der Kläger wusste. Das Interesse des Klägers be- ruhte vor allem auf dem Vortrag des Vorge- setzten. Nach dieser Informationsveranstal- tung erwarb der Kläger nach Gesprächen mit der Beklagten und dem Vorgesetzten eine Be- teiligung an der Gesellschaft. Ein erschöpfen- des Beratungs- und Informationsgespräch mit der Beklagten fand jedoch vor Abschluss des Investments nicht statt. Der OGH erwog in seiner Entscheidung vom 21. 11. 2018 (3 Ob 150/18g), dass ein solches erschöpfendes Be- ratungs- und Informationsgespräch nur dann durchzuführen gewesen wäre, wenn die Be- klagte (persönlich) und der Kläger einen Aus- kunfts- oder Beratungsvertrag geschlossen hätten. Die alleinige Einladung zu einer Infor- mationsveranstaltung ist nicht als ein solcher Vertrag zu beurteilen. Die Beklagte war dem- nach als Erfüllungsgehilfin der emittierenden Gesellschaft tätig. Der OGH führte weiters aus, dass die persönliche Haftung der Beklagten als Erfüllungsgehilfin – auch mit Blick auf die ältere Rechtsprechung – nur unter bestimmten Voraussetzungen zu bejahen wäre. Dies wäre der Fall, wenn ihr Verhalten entweder keinem Geschäftsherrn zugerechnet werden kann oder sie ein ausgeprägtes eigenwirtschaftliches Interesse am Geschäft hat oder sie bei den Vertragsverhandlungen in besonderem Maße persönliches Vertrauen in Anspruch genom- men hat. Ein solches besonderes persönliches Vertrauen wird häufig bei Geschäftsabschlüs- sen unter Verwandten oder Freunden ange- nommen. Da die Beklagte jedoch weder ein eigenes Interesse am Geschäft hatte noch be- sonderes Vertrauen in Anspruch nahm, waren die Voraussetzungen für die eigene Haftung der Erfüllungsgehilfin nicht erfüllt. Die Klage gegen die beklagte Beraterin wurde daher ab- gewiesen. Der Autor Mag. Christian Lenz ist Rechts- anwalt in der auf Kapitalmarktrecht speziali- sierten Kanzlei Brandl & Talos Rechtsanwälte GmbH. FP 227 www.fondsprofessionell.at | 2/2019

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