FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2019

Foto: © Worawut | stock.adobe.com D er Schwund an Bankfilialen im ländli- chen Raum – vor allem im Genossen- schaftssektor kam es in den vergange- nen Jahren zu etlichen Fusionen – scheint langsam, aber sicher ein Politikum zu werden. Anfang des Jahres forderten die SPÖ-Abge- ordneten Konrad Antoni und Markus Vogl in einer Petition, Finanzminister und Wirtschafts- ministerin sollten sich dafür einsetzen, dass mehr Filialen am Land erhalten bleiben. Dass eine solche Intervention – so sie über- haupt erfolgen sollte – Erfolg haben könnte, darf bezweifelt werden. Viele Banken haben gar keine andere Wahl. Im Fall der Volksbanken kam es nach der Schieflage des ehemaligen Zentral- instituts ÖVAG zu einer erzwungenen Fusionswelle und damit auch zu Filial- schließungen. Niemand schließt Zweig- stellen aus einer Laune heraus. „Zinsen, global agierende Internetbanken, ver- schärfter Wettbewerb und eine angeb- lich zu große Bankendichte mit vielen zu kleinen Instituten veranlassen Bera- ter und Behörden zu Fusionsempfeh- lungen für noch selbstständige Ban- ken“, bringt es Thomas Fuchs, ehema- liger Direktor der Raiffeisenbank Mittleres Unterinntal, auf den Punkt. Laut Zahlen der Oesterreichischen Nationalbank gab es im Jahr 2000 in Österreich noch 766 eigenstän- dige Genossenschaftsbanken, Ende des ver- gangenen Jahres waren es noch 461, fast 40 Prozent weniger. Parallel dazu nahm auch die Zahl der Zweigstellen ab, hier gab es im sel- ben Zeitraum einen Rückgang von 37 Prozent auf 2.250. Während der Sparkassensektor schon frühzeitig begann, einen Konsolidie- rungsprozess einzuleiten, zog der Raiffeisen- sektor erst relativ spät nach (siehe Grafik). Seit 2000 verschwanden hier 266 Hauptinsti- tute, 100 davon nach dem Jahr 2014. Das Ziel des Konzentrationsprozesses besteht darin, die Ertragskraft zu stärken, ob es aber erreicht wird, ist nicht so ohne Weiteres feststellbar. Nun liegt erstmals eine Analyse vor, die ver- sucht, diese Frage zu beantworten. Erstellt hat sie der langjährige Bankdirektor Fuchs, der schon früher für den Förderungsverein der Primärbanken die Bilanzdaten aller heimi- schen Bank ausgewertet hat. Mit diesem Know-how gerüstet, analysierte er nun erst- mals die Ergebnisse der Fusionswelle. Analyse der Fusionen Im Rahmen der Untersuchung wurden alle bekannten Fusionen seit 2014 hinsichtlich ihrer betriebswirtschaftlichen Auswirkungen und der Veränderung von Marktanteilen unter die Lupe genommen. Das Motiv dafür war nicht akademisches Interesse, sondern die betriebs- wirtschaftliche Frage nach der Sinnhaftigkeit von Filialschließungen. Fuchs dazu: „Es häu- fen sich mittlerweile nach Fusionen die Be- schwerden von Bankkunden, weil die bisher vertrauten Gesprächspartner verschwunden sind, Bankstellen geschlossen und Öffnungs- zeiten eingeschränkt werden. Dies wird als Re- duktion der finanziellen Nahversorgung in ländlichen Regionen empfunden. Ob frustrierte Kunden der Bank verloren gehen oder ob eher neue Kunden nach einer durch Fusion größer gewordenen Bank hinzukommen, ist offen. Ebenso ob die gewünschten Synergieeffekte eintreten. Auch ob die neue Bank in- tern mehr Reibungsverluste hinneh- men muss, bleibt meist im Dunkeln. Mit meiner Analyse wollte ich einen Versuch starten, hier etwas Klarheit zu schaffen.“ Dabei ging der Ex-Banker folgendermaßen vor: Für die Fusions- analyse wurden sowohl die Entwick- lung der Ertragslage als auch die Ver- änderung der Marktanteile näher un- tersucht. Der Betriebsertrag ist ein Wert, aus dem sich laut Fuchs ver- Immer mehr Genossenschaftsbanken schließen sich zusammen. Eine Analyse versucht nun erstmals den Erfolg solcher Fusionen zu bewerten. Kunden schwund statt Synergie? Gerade im Raiffeisensektor kam es in den vergangenen Jahren zu einer großen Zahl von Zusammenschlüssen. Eine aktuelle Analyse zeigt, dass bis jetzt noch nicht alle im gleichen Umfang davon profitieren konnten. Anzahl der Hauptinstitute Entwicklung der Genossenschaftsbanken seit dem Jahr 2000 Vor allem bei den Raiffeisen- und Volksbanken gab es in den vergangenen drei Jahren einen deutlichen Rückgang der Hauptinstitute. Quelle: OeNB 0 100 200 300 400 500 600 700 800 2018 2016 2014 2012 2010 2008 2006 2004 2002 2000 Anzahl der Hauptinstitute A Sparkassensektor Raiffeisensektor Volksbankensektor 218 www.fondsprofessionell.at | 2/2019 bank & fonds I bankfusionen

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