FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2019

Für sie war es frustrierend, dass wir ihnen in diesem Punkt nicht zu jeder Zeit die volle Transparenz bieten konnten, und diesen Frust kann ich durchaus nachvollziehen. Ein bör- sennotiertes Unternehmen wie GAM muss vielen Gruppen gerecht werden: den Kunden, den Aktionären, dem Regulator – hinzu kom- men viele individuelle Interessen. Klar ist, dass GAM immer das Interesse seiner Kun- den ganz nach vorn stellt. Das wird auch immer so bleiben. Das bedeutet allerdings, dass wir einzelnen Parteien nicht immer alles offenlegen können. Andernfalls würden wir unser Ziel gefährden, bei der Abwicklung der ARBF-Portfolios das beste Ergebnis für alle Anleger zu erreichen. Positiv wahrgenommen haben wir, dass uns die meisten Kunden im schwierigen letzten Jahr unterstützt haben. Wir bekamen häufig die Rückmeldung, dass wir die Liquidation der Fonds so gut es eben ging gehandhabt haben. Wie weit ist die Abwicklung der ehema- ligen Haywood-Fonds mittlerweile denn vorangeschritten? Der Betrag, den wir den Kunden der Luxem- burger und irischen Fonds bis jetzt zurückbe- zahlt haben, ist nach dem jüngsten Verkauf von zwei gewichtigen Positionen auf rund 89 bis 95 Prozent gestiegen. Bei den Cayman- Fonds sind es etwa 80 bis 84 Prozent. Zudem konnten wir eine Vereinbarung über den Ver- kauf der noch verbleibenden Vermögenswerte treffen. Das heißt, nach aktuellem Stand wird die Liquidation bis Mitte Juli komplett abge- schlossen sein, und wir können diese schwie- rige Zeit bald hinter uns bringen. War es Ihrer Meinung nach rück- blickend denn die richtige Entscheidung, Tim Haywood zu suspendieren und seine Fonds zu liquidieren? Die Suspendierung kann ich nicht kommen- tieren, in diese Entscheidung war ich nicht involviert. Zur Auflösung der Portfolios ist es wichtig zu wissen, dass nicht wir bei GAM den Beschluss zur Liquidierung gefasst haben, sondern die unabhängigen Verwaltungsräte der Fonds. Nach den ersten Meldungen über Tim Haywoods Suspendierung wollten zahl- reiche Anleger Geld aus seinen Portfolios abziehen. Nun stellte sich die Frage, wie sich dieser Wunsch nach Liquidität am besten erfüllen lässt, ohne dass dies zulasten der ver- bleibenden Anleger geht. Die Fondsverwal- tungsräte in Luxemburg, in Irland und auf den Cayman-Inseln kamen unabhängig voneinan- der zu dem Ergebnis, dass eine Liquidierung die für alle Anleger beste und fairste Lösung ist. Für uns gilt es in einem solchen Fall dann abzuwägen: Wir möchten unseren Kunden auf der einen Seite ihr Geld vollständig aus- zahlen und auf der anderen Seite möglichst schnell eine möglichst hohe Summe. Beide Ziele lassen sich nicht gleichzeitig erreichen. Unsere Aufgabe ist es darum, die richtige Balance zu finden. Die meisten Rückmeldun- gen der Kunden uns gegenüber fallen dies- bezüglich sehr positiv aus. Im Geschäftsbereich Investment Ma- nagement ist das von GAM verwaltete Vermögen im vergangenen Jahr von 84,4 auf 56,1 Milliarden Schweizer Franken gefallen, also um ein ganzes Drittel. Wann wird der Stand von Ende 2017 wieder erreicht sein? Darauf kann ich Ihnen naturgemäß keine exakte Antwort geben. Eines ist aber klar: Wir haben viele Produkte mit einem enormen Potenzial. Egal ob in Nischen oder in etablier- ten Anlageklassen: Wir offerieren Lösungen, die sich klar vom Wettbewerb unterscheiden und die den Kunden echten Mehrwert bieten. Darum hoffe und erwarte ich, dass sich unser verwaltetes Vermögen bald deutlich erholen wird. Hinzu kommt, dass die Abwicklung der Absolute-Return-Bond-Fonds bald hinter uns liegen dürfte. Wenn sich nun noch die Märkte weiterhin erfreulicher entwickeln als 2018 und auch die Wertschätzung für aktives Manage- ment wieder zunimmt, werden wir zu den Profiteuren gehören. Das konnten wir im ersten Quartal 2019 auch schon ansatzweise sehen – die Performance unserer Produkte hat sich kontinuierlich verbessert. Meiner Mei- nung nach waren wir im vergangenen Jahr aus den falschen Gründen in den Schlagzei- len. Ich finde, wir dürfen aus gutem Grund optimistisch sein. Die Zutaten für den Erfolg sind jedenfalls da. Vielen Dank für das Gespräch. BERND MIKOSCH | FP » Bei uns dürfen – und sollen – die Fondsmanager unabhängig denken. Sie haben die Freiheit, so zu investieren, wie es ihrer Philosophie entspricht. « Matthew Beesley, GAM Matthew Beesley: „Auch uns haben einige Kollegen verlassen, weitere werden folgen. Wir kürzen aber nicht nach der Rasenmähermethode, sondern der Fokus liegt darauf, Überschneidungen in der Investmentexpertise abzubauen.“ Matthew Beesley Matthew Beesley arbeitete als Portfolio Manager bei Trinity Street, J.P. Morgan Asset Management und Mercury/Merrill Lynch Investment Managers, bevor er als Leiter für globale Aktien bei Henderson Global Investors einstieg. Im März 2017 wechselte der Brite zu GAM, wo er zum „Head of Investments“ berufen wurde. Beesley besitzt einen BA-Titel (Hons) der Uni- versity of Manchester in Politik und moderner Ge- schichte und ist Chartered Financial Analyst (CFA). 197 www.fondsprofessionell.at | 2/2019

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