FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2019
Foto: © Christoph Hemmerich E nde Juli 2018 suspendierte GAM seinen Starmanager Tim Haywood, weil er gegen interne Vorschriften verstoßen haben soll. Ob sich die Füh- rungsriege des Zürcher Vermögensver- walters bewusst war, welches Beben sie damit auslöste? Anleger flohen aus den Haywood-Fonds, GAM musste milliar- denschwere Portfolios in die Liquidation schicken. Die Aktie brach ein, Vorstands- chef Alex Friedman wurde ausgetauscht – und immer wieder wird GAM als Über- nahmekandidat gehandelt. Im vergange- nen Jahr zogen Investoren in Summe um- gerechnet rund 19 Milliarden Euro aus Mandaten des Schweizer Asset Managers ab. Im ersten Quartal 2019 summierten sich die Abflüsse auf 3,5 Milliarden Euro. Die Anlegerflucht wurde also gebremst, aber noch nicht gestoppt. Angesichts die- ser Zahlen gibt sich GAM-Investmentchef Matthew Beesley im Interview mit FONDS professionell erstaunlich optimistisch. Herr Beesley, Sie kamen im März 2017 zu GAM. Rund anderthalb Jahre spä- ter wurde der Portfolio Manager Tim Haywood suspendiert – und für Ihren Arbeitgeber brachen unruhige Zeiten an. Haben Sie IhrenWechsel zu GAM schon bereut? Matthew Beesley: Nein, zu keinem Zeitpunkt (lacht) ! Es steht außer Frage, dass GAM in den vergangenen Monaten vor einigen Her- ausforderungen stand. Doch das Unternehmen ist fundamental sehr gut aufgestellt. Das, was die Firma ausmacht, hat sich nicht verändert, seitdem ich hier angefangen habe: Kunden kommen zu GAM, weil sie hier aktives Ma- nagement pur finden, verpackt in innovativen Anlagestrategien und Produkten, die sich deutlich vomWettbewerb unterscheiden. Frü- her war GAM eine Art Investment-Super- markt: Das Unternehmen bot Produkte für jedes Segment, das einen Kunden interes- sieren könnte. Heute ist das anders. Unsere Kunden wissen: Wenn wir eine Anlageklasse abdecken, dann anders als der Mainstream. Ein schönes Beispiel ist unser Japan-Aktien- fonds, der sehr deutlich vom Index abweicht. Mein Kollege Ernst Glanzmann hält nur 24 Aktien im Portfolio und pflegt einen extrem langen Anlagehorizont – so hat er, seitdem ich an Bord bin, erst einen Titel ausgetauscht. Es sind sicherlich keine einfachen Zeiten für die Asset-Management-Branche: Passive Anlage- strategien sind auf dem Vormarsch, die Ge- bühren stehen unter Druck, hinzu kommt die immer strengere Regulierung. In einem sol- chen Umfeld ist es wichtig, sich abzuheben – und das tun wir. Im September vergangenen Jahres wur- den Sie als „Head of Investments“ ins Group Management Board berufen, das oberste Führungsgremium von GAM. Was genau ist Ihre Aufgabe? Ich bin verantwortlich für alle Investment- teams bei GAM und dafür, dass unsere Pro- duktpalette mit den Wünschen der Kunden übereinstimmt. Ich steuere auch das Tages- geschäft der Fondsmanager: Haben sie alle Werkzeuge, um ihre Arbeit bestmöglich zu erledigen? Sind die Investmentprozesse und das Risikomanagement geeignet, um da- mit die gesetzten Anlageziele zu errei- chen? Das sind die Fragen, mit denen ich mich beschäftige. Ein klassischer Chief Investment Offi- cer (CIO) sind Sie aber nicht, oder? Ich schreibe den Fondsmanagern nicht vor, wie sie ihre Portfolios steuern sollen. Bei GAM gibt es keine Hausmeinung, darum haben wir auch keinen Chefanla- gestrategen, der die taktische Asset Allo- cation festlegt. Wenn Sie so mögen, fülle ich die Rolle eines CIO aus, nur eben ohne die Anlagestrategie-Komponente. In der Personalie zu Ihrer Beförderung hieß es, Sie hätten GAM dabei gehol- fen, eine globale Investmentplattform aufzubauen. Wie ist das zu verstehen? Ihr Unternehmen war doch zuvor schon weltweit tätig. Das ist richtig, aber historisch gewachsen gab es bei GAM Investmentteams, deren Kompe- tenzen sich teilweise überlappten und die mit teils unterschiedlichen Systemen arbeiteten. Der Grund hierfür ist, dass GAM in der Ver- gangenheit einige Übernahmen getätigt hat, die nicht vollständig in die bestehende Archi- tektur integriert wurden. Meine Aufgabe war es, hier Struktur reinzubringen und eine global integrierte Investmentplattform aufzubauen. Können Sie uns ein konkretes Beispiel geben? Gern. Wir haben in London ein großes Team um Paul McNamara, das sehr erfolgreich Schwellenländeranleihen in Lokalwährung managt. Die Kollegen verantworten Mandate im Volumen von grob zehn Milliarden US- Dollar. Die gesamte Fondskategorie bei Mor- ningstar umfasst nur rund 70 Milliarden US- Dollar, was zeigt, wie stark Paul McNamaras Abteilung in diesem Segment ist. Parallel da- zu hatten wir in Zürich ein deutlich kleineres Team, das ebenfalls Schwellenländeranleihen managte – allerdings in Hartwährung sowie Matthew Beesley, Anlagechef des Schweizer Asset Managers GAM , über die Turbulenzen, die durch Tim Haywoods Suspendierung im Sommer 2018 ausgelöst wurden, die Neuaufstellung der GAM-Investment- plattform und die Frage, wie er auch in unruhigen Zeiten gute Fondsmanager rekrutiert. „Wir waren aus den falschen » In den Bereichen, die ich als Kerngeschäft bezeichne, hatten wir keine relevanten Abgänge zu verzeichnen. Ein › Loss of Talent ‹ bereitet mir keine Sorgen, denn den sehe ich bei uns nicht. « Matthew Beesley, GAM vertrieb & praxis I matthew beesley | gam 194 www.fondsprofessionell.at | 2/2019
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