FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2019
Foto: © Sebastian Widmann A lle Wände des Büros bestehen aus Glas. Der Blick geht hinaus, aber ebenso ungehindert hinein. Die Innenarchitektur in dem Gebäude im Her- zen Münchens symbolisiert Transparenz und Durchlässigkeit. Hier im fünften Stock, mittendrin unter ihren Mitarbeitern, sitzt Jacqueline Hunt. Sie verantwortet im Vorstand der Allianz das Asset Manage- ment. Zudem steht sie der US-Lebens- sparte des Versicherungskonzerns vor. Entsprechend häufig überquert die gebür- tige Südafrikanerin den Atlantik. Frau Hunt, seit 2016 sind Sie im Vorstand der Allianz für das Asset Management verantwortlich – und damit für die beiden Häuser Pimco und Allianz Global Investors. Was haben Sie seither dort verändert? Jacqueline Hunt: Zunächst einmal ging und geht es darum, beide Gesellschaften an das sich wandelnde Umfeld anzupassen. Denn viele überkommene Gewissheiten der Asset- Management-Industrie, die scheinbar in Stein gemeißelt waren, fallen in sich zusammen. Und die Veränderung verlief zuletzt viel schneller, als ich es in meiner Karriere bislang erlebt habe. Es wäre anmaßend, ja geradezu überheblich zu behaupten, das Geschäft wür- de sich vor dem Hintergrund des sich rasch wandelnden Marktumfeldes nicht verändern. Welche Veränderungen beobachten Sie? Einerseits sehe ich kurzfristige Faktoren wie die Geldpolitik oder die Spannungen in den internationalen Handelsbeziehungen. Daneben stehen mittel- bis langfristige Trends wie der wachsende Bedarf an Lösungen für die Altersvorsorge. Weite Teile der westlichen Welt verlassen womöglich auf Dauer den Weg des Wirtschaftswachstums. Zugleich altert die Bevölkerung. Dies wird ein großes Thema für Asset Manager sein. Auf der an- deren Seite der Gleichung steht die Genera- tion der Millennials. Diese hegen andere Vor- stellungen über die sozialen und ökologischen Wirkungen ihrer Investments, als sie bislang vorherrschten. Die Branche wird der ethisch und sozial verantwortungsvollen Geldanlage noch mehr Bedeutung beimessen müssen. Hinzu kommt ein umfassender Umbruch in der globalen Wirtschaft. Was meinen Sie konkret? Das Bevölkerungswachstum, die zunehmende Industrialisierung sowie der wachsende Wohl- stand in den aufstrebenden Nationen ver- schieben die wirtschaftlichen und politischen Gewichte. Die Entwicklung in Asien ist ein Indiz dafür, was auf uns zukommt. China etwa stieg über die vergangenen Jahre vom acht- zum viertgrößten Asset-Management- Markt der Welt auf. Wenn die Entwicklung so weitergeht, dann rückt die Volksrepublik bald an die zweite Stelle hinter den USA. Wie schlägt sich dieser Wandel auf Alli- anz Global Investors und Pimco nieder? Beide Anbieter werden sich weiter verändern, speziell was die geografische Ausrichtung angeht. So wächst sowohl bei Pimco als auch bei Allianz GI das asiatische Geschäft deutlich stärker als der Rest. Somit hat die Bedeutung des Asienanteils in wenigen Jahren deutlich zugenommen. Wir stecken etwa viel Kraft in den Aufbau einer Präsenz in China. Trotz der Veränderungen, die Sie an- sprachen, scheint Pimco nach wie vor als Anleihenmanager aufgestellt zu sein. Ja, Pimco ist nach wie vor ein Anleihen- haus – und das beste der Welt, möchte ich behaupten. Pimco war deutlich von den Vorstellungen des Gründerkreises geprägt. Nun geht es darum, Kompetenzen in an- grenzenden Feldern auszubauen. Dazu zählen illiquide, nicht an der Börse notier- te Anlagen oder alternative Bondstrate- gien. So schlossen Pimco und die Allianz Rückversicherung eine Kooperation bei Versicherungsverbriefungen, sogenannte Insurance Linked Securities. In solchen Feldern hoffen wir, einen Renditeauf- schlag und somit einen Mehrwert für un- sere Kunden liefern zu können. Solche Erwei- terungen diversifizieren zudem das Geschäft. Pimco galt vor einigen Jahren noch als Sorgenkind. In der Zeit rund um den Abgang von Mitgründer Bill Gross zogen Anleger Milliardenbeträge ab. Als Anleihenmanager mit ausgewiesenen Erfolgen vertrauen die großen Investoren nach wie vor Pimco – trotz der Herausforderungen auf der Führungsebene, die es gab. Mit Blick auf die Wertentwicklung und das Wachstum sehe ich Pimco wieder auf einem sehr guten Kurs. Das Jahr 2017 war sehr stark, 2018 kam es unterm Strich nur zu geringen Mittelabflüs- sen. Zu Beginn dieses Jahres verzeichnete die Gesellschaft wieder ein sehr starkes Mittel- aufkommen. Seit geraumer Zeit gelingt es dem Team wieder sehr konsistent, Mehr- renditen gegenüber den Vergleichsindizes zu erwirtschaften. Und Alpha zu erzielen, das ist Herzstück eines aktiven Managers. Wie entwickelt sich Allianz GI? Das Haus durchlief einen deutlich stärkeren Umbau und Wandel der Strategie. AmAnfang der Entwicklung lag der Fokus auf Aktien, insbesondere auf solchen mit großer Markt- kapitalisierung. Der Trend zu passiven Invest- ments hat diesen Bereich besonders hart ge- Jacqueline Hunt sitzt im Vorstand der Allianz – und ist Herrin über Pimco und Allianz Global Investors . Im Interview erklärt sie, warum der Wandel im Fondsgeschäft immer rasanter verläuft, wie sich die Anbieter wandeln müssen und weshalb sie keine Großfusionen mag – aber nie eine ausschließen würde. » Viele überkommene Gewissheiten der Asset- Management-Industrie, die scheinbar in Stein gemeißelt waren, fallen in sich zusammen. « Jacqueline Hunt, Allianz „Wir pflegen keinen Starkult “ vertrieb & praxis I jacqueline hunt | allianz 188 www.fondsprofessionell.at | 2/2019
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