FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2019
liefern die Anbieter oder Dienstleister ein. Diese stellt WM dann seinen Kunden mittels der Datenfeeds zur Verfügung. „Nahezu alle in Deutschland und Österreich verbreiteten Fondsinfos gehen über uns“, sagt der WM- Mann. Manch einer in der Branche spricht gar von einem „Monopol“. Das macht den Datenumschlagplatz vom Frankfurter Bahnhofsviertel aber auch zum Nadelöhr. Zum Start von Mifid II standen nur für die Hälfte oder gar nur ein Drittel der geschätzt rund 50.000 Anteilsklassen alle not- wendigen Daten zur Verfügung – die Anga- ben schwankten je nach Vertriebskanal. Nach den ersten Wochen spielte sich die Daten- lieferung aber offenbar ein. Die Frage bleibt, wie es zu den Aussetzern kam. Denn die Asset Manager betonten unisono, die Daten rechtzeitig eingeliefert zu haben. Schon Wochen vor Weihnachten sei bei WM Daten- service niemand zu erreichen gewesen, war zu hören. „Wieso dieser Datenstau die Auf- sicht nicht alarmiert hat, verstehe ich nicht. Die Bafin hätte denen mal auf die Finger klopfen sollen“, wettert ein Vertriebsleiter. Ahnungslose Akteure Für den WM-Geschäftsführer stellt sich die Lage völlig anders dar. „Aus unserer Sicht ist die Umstellung fantastisch gelaufen.“ Die auf- getretenen Probleme erschienen harmlos für die Ausmaße, die das Projekt Mifid II hatte. „Von unserer Seite gab es nahezu keine Fehl- lieferungen“, so Harms. Er sieht das Problem an anderer Stelle. Bei den Produktherstellern habe mitunter das Verständnis gefehlt, wie sie die Daten einliefern müssen, damit auf der anderen Seite die für den Vertrieb passen- den Angaben ankommen. Der frühere Unternehmensberater hat ein Beispiel aus dem System parat: Wenn ein Anbieter das Feld „Anlagehorizont“ mit einer Jahreszahl belegt, bleibt das Ziel- feld leer, weil in den Vorgaben ein Schlüs- selwert A, B oder C spezifiziert ist. „Im Ergebnis tauchte der Fonds bei den Ver- trieben nicht mehr als für alle Anleger geeignet auf. Die Vertriebe beschwerten sich wiederum natürlich, dass sie das gewohnte Produkt nicht mehr verkaufen konnten“, erinnert sich Harms. „Wir greifen bei solchen Fehlinterpre- tationen bewusst nicht ein. Wir wahren das Prinzip der Golden Source – wir ver- fremden Daten nicht, wir leiten sie nur weiter“, hält Harms fest. „Wenn uns also fehlerhafte Endergebnisse auffielen oder gemeldet wurden, dann gaben wir das an die Fondsanbieter weiter, damit diese die Anga- ben erneut und korrekt einliefern konnten.“ Sein Haus sei darauf angewiesen, dass Anga- ben nach einheitlichen Mustern zugetragen werden. „Das eröffnet natürlich ein Einfallstor für Problemstellungen, wie sie sich bei der Einführung von Mifid II offenbarten“, erläu- tert der Manager. „Dabei kamen Akteure, die teilweise keine Erfahrungen in der Daten- bereitstellung hatten, in einem ihnen unbe- kannten Umfeld zusammen.“ Denn in den Projektteams der Parteien wechselten offenbar häufig die Mitglieder, erworbenes Fachwissen ging verloren. „Mit- unter mussten wir also wieder von vorn beginnen, was die Vermittlung der Standards und Vorgaben anging“, berichtet der Experte. In der heißen Phase vor der Einführung mag es vorgekommen sein, dass telefonisch kein Durchkommen bei WM war, räumt Harms ein. „Ohnehin hätten Vertriebe und Anbieter besser direkt miteinander sprechen sollen.“ Denn WM-Mitarbeiter schlüpften öfter in die Rolle eines Moderators zwischen Produktanbietern und Abnehmern, „die mit- unter aus ein und demselben Haus stammen“, betont Harms. „Für uns war das eine kuriose Situation. Wir vermittelten, weil die eine Seite schlichtweg nicht verstand, was die andere Seite im selben Haus technisch benötigte.“ Der Geschäftsführer gibt offen zu, dass sein Haus diesen Teil der Aufgabe unterschätzt hat. „Eine der Lehren, die wir aus Mifid II ziehen, ist sicherlich, dass eine intensivere Kom- munikation vieles hätte abmildern können.“ Zudem stellte das Haus 2018 außerplanmäßig fünf Vollzeitkräfte ab, allein um Kunden- service rund um Mifid II zu leisten. Vor dem Anlauf waren über 30 Mitarbeiter mit der Softwareentwicklung beschäftigt. Viertel nach zwölf Grundsätzlich sei WM Datenservice gut auf die Finanzmarktrichtlinie vorbereitet gewesen, betont Harms. „Wir waren tiefenentspannt. Denn über ein Jahr vor dem Mifid-II-Start hatten wir das sogenannte Standardformat technisch aufgesetzt und zum Test für die Kunden bereitgestellt“, erläutert der Ge- schäftsführer. Dann sei aber im Dezember 2017 das European Mifid Template, kurz EMT, nachgereicht worden. „Das geschah vier Wochen vor Einführung. In der Zeit- rechnung von Softwareprojekten war das Viertel nach zwölf“, erläutert Harms. Bin- nen kürzester Zeit habe das Team mit den Marktteilnehmern Strukturen aufbauen müssen, wie die Daten von dem einen in das andere Format übertragen werden. So will sich WM Datenservice die Schuld für die Startschwierigkeiten nicht allein zuschieben lassen: „In der Diskus- sion um die Mifid-II-Einführung haben wir viel abbekommen. Einiges davon war aber unberechtigt, denn man versuchte teilweise, von eigenen Versäumnissen ab- zulenken“, resümiert Harms. Fallstricke lauern jedenfalls noch genug: Steuerände- rungen oder die Ex-post-Kostenausweise (siehe Seite 182) erfordern weitere Ope- rationen am Daten-Herz der Finanzwelt. SEBASTIAN ERTINGER | FP Axel Harms, WM Gruppe: „Daten sind wie das Blut in den Adern der Finanzindustrie.“ Unterschätzte Dimension Benötigte vs. ursprünglich geplante Ressourcen für die Umsetzung von Mifid II in den Banken Die technische Umsetzung der Mifid-II-Regeln gestaltete sich für viele Banken schwieriger als geplant. Quelle: PPI-Umfrage, August 2018 keine Angabe 4 % Etwas/viel weniger 0 % Viel mehr 20 % Etwas mehr 40 % Genauso wie geplant 36 % 187 www.fondsprofessionell.at | 2/2019
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