FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2019
hörige EU-Verordnungen. Außerdem hat Österreich im Oktober 2018 bereits mit dem Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) klarge- macht, welche Spielregeln für die Versiche- rungsunternehmen und deren Direktvertrieb gelten. Daran können sich die gewerblichen Vertriebler zumindest orientieren. Interessant bleibt für sie aber, wie und ob das Ministe- rium auf gewisse Haftungsfragen eingeht: Zum Beispiel haben die Vermittler gefordert, dass sie nicht nur ein konkret benanntes Produkt als bestes empfehlen müssen, son- dern, dass sie den Kunden auch aus Mehr- fachvorschlägen auswählen lassen dürfen. Das würde die Haftung beim Berater reduzieren. Außerdem wollten die Standesvertreter, dass eine Haftung für Performanceverluste explizit ausgeschlossen wird. Einfluss und Geld offen Noch mehr als die Standesregeln bereiten aber allen Beteiligten die Lehrpläne Kopfzer- brechen. Makler und Agenten müssen Ende 2019 verpflichtend 15 Stunden Weiterbildung vorweisen, die Vermögensberater brauchen 20 Stunden pro Jahr. Dass es ausgerechnet bei der von allen Seiten als sinnvoll erachteten Fortbildungspflicht zu Problemen kommt, er- scheint absurd. Im Hintergrund geht es aber um Geld und Einfluss: Hierzulande müssen mindestens die Hälfte der Schulungen bei un- abhängigen Einrichtungen absolviert werden. Das bringt die Versicherungsunternehmen auf die Palme. Denn es droht, dass die sektoreige- ne BÖV (Bildungsakademie der österreichi- schen Versicherungswirtschaft) nicht zu die- sen zählt. Die Fachverbände der Makler, Agenten und Vermögensberater haben in ih- ren Lehrplanvorschlägen, die dem Ministe- rium vorgelegt wurden, relativ einheitlich fest- gehalten: Unabhängige Institute müssen frei von organisatorischem und inhaltlichem Ein- fluss der Versicherungsunternehmen (VU) sein. Die BÖV wird nicht ausdrücklich erwähnt, aber Horst Grandits, Obmann der Versicherungsagenten, sagt offen: „Aus unse- rer Sicht ist die BÖV nicht unabhängig, weil es sich um eine Einrichtung der Versiche- rungen handelt, die auch inhaltlich in deren Einfluss steht.“ Aus Grandits’ Sicht haben die VU mit ihrem Lobbying gegen die Unabhän- gigkeitsregeln den Zeitplan verschleppt. Die Agenten mutmaßen, die VU bangen um den fachlich-ideologischen Einfluss auf die Ver- mittler. Die VU hingegen wollen nicht unnö- tig zur Finanzierung der Fachorganisationen und WIFIs der Wirtschaftskammern beitra- gen: Diese sollen nämlich sehr wohl unab- hängige Schulungen anbieten dürfen. Ein Ver- sicherungsmann kritisierte, dass die Kammer- organisationen Inhalte teuer anbieten, die die BÖV online günstiger macht. Der Versiche- rungsverband VVO teilt jedenfalls mit, die BÖV gehe davon aus, dass sie unabhängig sei. Das Ministerium entscheidet Am Ende muss das Wirtschaftsministerium entscheiden. Dort heißt es zumindest, die Lehrpläne seien „fertig abgestimmt“. Diese würden „nach Kundmachung der Standes- regeln bestätigt“. Welcher Zeitrahmen sich daraus ableiten lässt, wissen aber selbst die Vermittler-Obmänner nicht. Sie sind un- überhörbar genervt: „Wir sitzen auf Nadeln. Für uns ist das eine Katastrophe“, sagt Christoph Berghammer. Hannes Dolzer, Obmann der Vermögensberater, sieht eben- falls „dringenden Bedarf“. Zwar könne man davon ausgehen, dass „99,9 Prozent der Schulungen, die man heute macht, angerech- net werden“, da die Module an sich ja fest- stehen. Die Unabhängigkeitsdebatte dürfte aber bei den Betroffenen zu Recht gewisse Zweifel auslösen. EDITH HUMENBERGER-LACKNER | FP Foto: © Fröhlich, Berghammer Christoph Berghammer will nicht mehr warten: „Für uns ist das eine Katastrophe.“ Hannes Dolzer, Obmann der Vermögensberater in der Wirtschaftskammer, sieht das Ministerium am Zug. Fortbildung für Vermögensberater, Versicherungsmakler und Agenten Grundsätze für die Weiterbildungspflicht: – Verpflichtung zur Weiterbildung beginnt ab 1. 1. 2019 (außer bei Neuanmeldungen: erst ab 2020) – 50 % Schulung bei unabhängigen Instituten (außer Makler: 10 von 15 Stunden unabhängig) – Der Nachweis muss 5 Jahre aufbewahrt werden – Kein Gewerbeentzug bei einmaliger Nichterfüllung (im Unterschied zu den Wertpapiervermittlern) Mindestzeitausmaß pro Jahr: Versicherungsunternehmen: 15 Stunden Versicherungsmakler- und -agenten: 15 Stunden Vermögensberater: 20 Stunden Nebentätigkeit: 5 Stunden Lehrplan für Vermögensberater (Entwurf): 60 Stunden müssen innert 3 Jahren absolviert werden: Modul 1: Allgemeines Berufsrecht (3 h) Modul 2: Verbraucherschutzrecht (3 h) Modul 3: Recht der Wertpapiervermittlung (3 h) Modul 4: Wertpapiere (3 h) Modul 5: Recht der Veranlagungsvermittlung (3 h) Modul 6: Recht der Finanzierungsvermittlung (3 h) Modul 7: Finanzierungen (3 h) Modul 8: Recht der Versicherungsvermittlung (3 h) Modul 9: Lebens- und Unfallversicherungen (3 h) Zusatzmodul Fachwissen: Wissensvertiefung Quelle: WKO, öffentlicher Entwurf vom Dezember 2018 » Aus unserer Sicht ist die BÖV nicht unabhängig, weil es sich um eine Einrichtung der Versicherungen handelt, die auch inhaltlich in deren Einfluss steht. « Horst Grandits, Obmann der Versicherungsagenten 174 www.fondsprofessionell.at | 2/2019 fonds & versicherung I idd
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