FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2019

Foto: © nd3000 | stock.adobe.com D ie Geduld der Vermögensberater, Ver- sicherungsmakler und -agenten wird derzeit kräftig strapaziert. Sie sind erst- mals zu umfassender Fortbildung verpflichtet, haben aber noch keine offiziellen Lehrpläne. Und sie arbeiten auf Basis einer Gewerbe- ordnung, aus der alte Informations- und Be- ratungspflichten gestrichen wurden, während die geplanten neuen „Standesregeln“ noch immer nicht verordnet sind. „Man kann nur hoffen, dass in der Zwischenzeit keine Haf- tungsfragen auftreten“, sagt Christoph Berg- hammer, Fachverbandsobmann der Versiche- rungsmakler in der Wirtschaftskammer, zu dem rechtlichen Vakuum. Lehrpläne und Standesregeln sind die letz- ten Verordnungen, die im Rahmen der EU- Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD in Öster- reich noch veröffentlicht werden müssen. Bit- ter für die Vermittler ist, dass es sich dabei ausgerechnet um zwei große und äußerst praxisrelevante Brocken handelt. Kundmachung „eingeleitet“ Das Wirtschaftsministerium (BMDW) erklärte gegenüber FONDS professionell, dass die Abstimmungsprozesse zu den Standes- regeln für die gewerbliche Versicherungsver- mittlung „abgeschlossen“ sind. „Das Kund- machungsverfahren wurde bereits eingeleitet. Die Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt wird zeitnah erfolgen“, heißt es. Ein Insider, der selbst in die IDD-Implementierung einge- bunden ist, gibt sich dennoch nicht zu opti- mistisch. Nach seinen Informationen könnte es Mitte Juni so weit sein. Einen Grund für die Verzögerung nennt das Ministerium nicht – die Begutachtung für die Standesregeln war ja bereits im Jänner abgeschlossen. Und selbst das war schon eine ordentliche Verspätung, wenn man bedenkt, dass die IDD EU-weit seit Mitte 2018 gesetzlich verankert sein müsste und seit Oktober 2018 von allen Marktteilnehmern tatsächlich anzuwenden ist. Aus mehreren Ecken der Wirtschaftskam- mer hört man angesichts dessen seit Monaten deutlichen Unmut über die Politik: Während früher jeweils die „Spiegelminister“ zweier Koalitionsparteien diverse Belange aushandel- ten, lief in der jüngst auseinandergebrochenen ÖVP-FPÖ-Koalition alles zentral bei den Regierungskoordinatoren Gernot Blümel und Norbert Hofer zusammen. Man müsse sich da einreihen, nichts gehe weiter, selbst Fachmit- arbeiter in Ministerien könnten kaum noch Zeiträume abschätzen, lauten nur einige der Äußerungen. Auch die Standesregeln hingen in diesem Umfeld unnötig lange fest, heißt es. Haftung fraglich Die Standesregeln enthalten unter anderem Beratungs-, Informations- und Dokumenta- tionsregeln, die davor in der Gewerbeordnung verankert waren (GewO §§ 137f bis h). Dort sind diese Paragrafen seit Ende Jänner 2019 außer Kraft. Ganz im rechtsfreien Raum sind die Vermittler deswegen zwar nicht: Als Min- destmaß gelten die IDD-Regeln und dazuge- Das lange Warten auf die Standesregeln und die Lehrpläne sorgt bei den selbstständigen Versicherungsvermittlern für Unmut. Verzögert, vertagt, verschoben » Man kann nur hoffen, dass in der Zwischenzeit keine Haftungsfragen auftreten. « Christoph Berghammer, Makler-Obmann Auszug aus den Standesregeln Die Standesregeln sehen (wie bereits das neue Versi- cherungsaufsichtsgesetz) eine begründete Empfehlungs- abgabe für ein konkretes Produkt vor. Viele fordern eine Entschärfung. § 3 (2) Der Versicherungsvermittler ist verpflichtet, den Kunden im Sinne einer persönlichen Empfehlung zu beraten und zu erläutern, warum ein bestimmtes Produkt den Wünschen und Bedürfnissen des Kunden am besten entspricht. Quelle: Entwurf Standesregeln, RIS Vermittler müssen gemäß der Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD verpflichtend Weiterbildungen machen. Ein Nachweis darüber ist heuer erstmals zu erbringen. Aber Garantien, dass gewisse Kurse auch angerechnet werden, fehlen vorerst. Das wird in Bildung investiert So viel gaben Finanzdienstleister 2018 für Bildung aus (% des Umsatzes) EPU=Einpersonenunternehmen Quelle: KMU Forschung Austria / Fachverband der Finanzdienstleister 0,0 % 0,5 % 1,0 % 1,5 % gewerbliche Vermögens- berater Branchen Gesamt- Durchschnitt 1,90 % 1,81 % 1,2 % 0,8 % Ausbildungskosten Gesamt Ausbildungskosten EPU Z 172 www.fondsprofessionell.at | 2/2019 fonds & versicherung I idd

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