FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2019

eröffnet viel Fantasie für den Vertrieb von Konkurrenzpro- dukten. Jeder kann seine Fantasien leben. Wir haben kein Problem damit. Weil wir wissen, dass wir den starken Vertriebsweg Bawag PSK als unseren Ausschließlichkeits- partner haben. Es ist auch nicht die Zahl der Standorte maßgeb- lich, sondern die vertriebliche Schlagkraft pro Einheit. Wir blicken dieser Entwicklung ge- lassen entgegen. Sie sind neben IhremAmt als Chef der BPV auch der ver- antwortliche Vorstand in der Generali Versicherung AG für den schwierigen Bereich Leben. Dort ist die Generali 2018 entgegen dem erneut rückläufigen Branchentrend gewachsen. Was war der Grund? Wir waren stark in der Fondsgebundenen und bei den Einmalerlägen. Unter anderem haben wir bei der Digitalisierung viel gemacht. Wir haben das papierlose Büro. Der Berater geht das Gespräch auf dem iPad durch. Der Kunde kann per Handysignatur unterschreiben. Wir haben Face-ID und Fingerprint. Wir sind eine Kooperation eingegangen mit dem Insurtech Riskine, wo wir Kundenbedürfnisse in einer vom Konsumentenschutz empfohlenen Weise analysieren. Jeder unserer Vermittler führt das durch. Das geht über die IDD-Erfordernisse hinaus. Wir verschlanken die Verwaltung durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz. Da wird noch einiges kommen. Und auf dem Generali-Kundenportal, wo wir über 200.000 Nutzer haben, kann jeder Frequenzschaden gemeldet werden. Zum Beispiel in der am- bulanten Krankenversicherung, da laden Sie Dokumente hoch, und der Leistungsfall wird innerhalb einiger Tage erledigt. Das gibt es auch bei anderen. Erklärt das das Wachstum gegen den Trend? Oder gab es Incentivierungen? Nein, das geht nach IDD nicht. Wir sind über- zeugt, es sind die vielen kleinen Schritte. Wir sind die einzige Gesellschaft, die lückenlos an jedem Touchpoint die Net Promoter Scores (NPS) misst. Jede Führungskraft, vom Vor- stand abwärts, macht mindestens ein bis zwei Kundenanrufe pro Monat. Einzelne Schmerz- punkte merzen wir dadurch aus. Unsere Scores steigen. Wir drehen an vielen kleinen Rädchen. Es gibt nicht das eine Rezept. Was es noch nicht gibt, ist die Online- Lebensversicherung. 2017 hieß es, das soll bald kommen. Was wurde daraus? Die Frage ist, wie weit will man das tatsäch- lich, und wie weit ist es überhaupt möglich. Die Lebensversicherung hat zum Beispiel sehr umfangreiche IDD-Voraussetzungen. Wir machen das derzeit nicht. Sie zählen zu den Wenigen, die noch die prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge im Neugeschäft haben. Bleiben Sie dabei, komme, was wolle? Wir sind in diesem Punkt im Konsens mit al- len Marktteilnehmern und fordern ein anderes Veranlagungsmodell. Ausschließlich österrei- chische Aktien, das ist sicher nicht zukunfts- weisend. Wir wollen eine verpflichtende Ren- tenleistung drin haben sowie die Möglichkeit, in Infrastruktur und ähnliche Assetklassen zu veranlagen. Und wir würden es begrüßen, wenn in so ein Paket ein umfangreiches För- dermodell im Rahmen der europäi- schen Pensionsproduktregulierung PEPP eingearbeitet wird. Die Regierung scheint die angekün- digte Lösung aufzuschieben … Derzeit scheint das Thema Pflege vor- rangig zu sein. Bei den Pensionen muss man noch warten, bis der Gesetzgeber die Dinge in die Hand nimmt. Die hoffnungsvoll eingeführte PZV wurde auch durch jahrelanges Nichthandeln zum Ladenhüter. Selbst wenn ein neues Modell kommt, gibt es keine politische Tradition, aus der man ableiten kann, dass das Konzept diesmal langfristig gepflegt wird. Werden einem da mit der Zeit politische Ankündigungen egal? Das kann nicht egal sein. Wir sind die Produktgeber, die unseren Kunden eine opti- male Lösung bieten wollen. Es ist schon gut, dass man ein gefördertes Produkt hat. In der Umsetzung gibt es Mängel, die auch aus der wirtschaftlichen Entwicklung der Kapital- märkte kommen. Wir werden nicht müde zu sagen, das sollte adaptiert werden. Da sind wir beharrlich. Wollen Sie langfristig in beiden Positio- nen bleiben, im Generali Vorstand und als Chef der Bawag PSK Versicherung? Beide Aufgaben bereiten mir große Freude. Ich glaube, dass ich viel bewegen kann. Ich mache das, so lange ich das Vertrauen habe. Mit der letzten Frage komme ich zum Anfang zurück. Wenn man auf Ihre Auslandserfahrung blickt, könnte man Ihnen einen Hang zum Fernweh unter- stellen. Wohin würde Sie das Fernweh als Nächstes führen? Ich habe mit 17 Jahren Ausland in 30 Jahren in der Generali Group wirklich einen guten Auslandsschnitt. Ich bin jetzt froh, in Öster- reich zu sein, und schätze das sehr. Man kann immer etwas kritisieren. Wenn man andere Verhältnisse gesehen hat, weiß man, wie gut Österreich ist. Das Fernweh hat mich schon in genügend Stellen gebracht, und das ist jetzt einmal gestillt. Vielen Dank für das Gespräch. EDITH HUMENBERGER-LACKNER | FP » Das Fernweh hat mich schon in genügend Stellen gebracht, und das ist jetzt einmal gestillt. « Dr. Martin Sturzlbaum, Vorstand Generali und CEO Bawag PSK Versicherung „Jede Führungskraft, vom Vorstand abwärts, macht mindestens ein bis zwei Kundenanrufe pro Monat“, sagt Martin Sturzlbaum. 159 www.fondsprofessionell.at | 2/2019

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