FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2019
ED I TOR I A L Weiterbildungschaos www.fondsprofessionell.at | 2/2019 11 Die seit Anfang des Jahres bestehende Weiterbildungs- verpflichtung für Vermögens- berater, Versicherungsmak- ler und -agenten ist nicht nur lästig, sondern sorgt bei den Betroffenen auch für Verunsi- cherung. Bis kurz vor Redak- tionsschluss dieser Ausgabe lag der Lehrplan für gewerb- liche Vermögensberater im- mer noch zur Begutachtung im Wirtschaftsministerium – übrigens zusammen mit den Standesregeln für Versicherungsmakler und -agenten. Insider vermuten, dass die Verzögerung auf ein Ringen um die künftige Ausbildungsherrschaft zurückzuführen ist. Auslöser dafür ist der Umstand, dass Versicherungen und Wertpapierfirmen in Zukunft aller Voraussicht nach nur noch die Hälfte der Weiterbildung selbst durchführen dürfen, die andere Hälfte muss bei unabhängigen Bil- dungsinstituten absolviert werden. Wie „unabhängig“ in diesem Zusammengang genau zu verstehen ist, dürfte in der Diskussion wohl der Knackpunkt sein. Dieser Lehr- plan ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass die betroffenen Berater hinsichtlich ihrer Weiterbildungsmaß- nahmen alles richtig machen. Die Verzögerung wäre grundsätzlich zu akzeptieren, bestünde die Weiterbil- dungsverpflichtung nicht bereits seit 1. 1. 2019. Berater sind nun in der Situation, einerseits innerhalb des laufen- den Jahres ihre Verpflichtung zu erfüllen, parallel aber dar- auf warten zu müssen, bis alle offenen Fragen endgültig geklärt sind. Einfach einmal abzuwarten, ist dabei keine Option, weil sowohl die Gewerbebehörde als auch die FMA bei Prüfungen den Nachweis der absolvierten Wei- terbildungsstunden verlangen werden. Verschärft wird dieses Problem durch die Vorschrift, dass Vermögensbe- rater auch die Weiterbildung ihre Mitarbeiter organisieren und nachweisen müssen, und zwar im selben zeitlichen Ausmaß, wie das für sie selbst gilt. Allein im Jahr 2018 hat die FMA bei vertraglich gebundenen Vermittlern und Wert- papiervermittlern 28 Vor-Ort Prüfungen durchgeführt. Die- sen Prüfungen entgeht man übrigens auch mit einem ein- geschränkten Gewerbe nicht. Die FMA darf laut Paragraf 272 Abs. 3 Versicherungsaufsichtsgesetz jederzeit auch Versicherungsvermittler vor Ort prüfen. Im schlimmsten Fall muss dann bei Nichterfüllung der Weiterbildungsver- pflichtung mit einem Entzug der Gewerbeberechtigung durch die Gewerbebehörde beziehungsweise mit einer Verwaltungsstrafe gerechnet werden. Es ist nun Aufgabe der Standesvertreter, die Interessen ihrer Mitglieder zu wahren. Diese müssen die Chance haben, ihrer Weiter- bildungsverpflichtung nachzukommen, ohne befürchten zu müssen, Zeit und Geld in Schulungen zu investieren, die dann nicht anerkannt werden. Georg Pankl Chefredakteur
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