FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2019

viel Wert auf das Feedback der Kunden, um zu erfahren wie die Beratung erlebt wird. Gerade in Zeiten, in denen Kunden große Bedenken haben, sich auf ein Gespräch mit einem Bankmitarbeiter einzulassen, weil sie fürchten, dass ihnen etwas verkauft wird, was sie gar nicht wollen, halte ich das für sehr wichtig. Wie war das Feedback der Kunden bisher? Es wurden bei der letzten Befragung 7.000 Kunden eingeladen, dabei mitzumachen, den Beratungsprozess zu verbessern. Insgesamt haben 1.000 Kunden nicht nur einen Multi- ple-Choice-Fragebogen ausgefüllt, sondern sich auch die Arbeit gemacht und qualitativ Hinweise gegeben, wie sie sich eine optimale Beratung vorstellen. Dabei zeigte sich, dass die Erreichbarkeit und die Präsenz eines persönlichen Beraters nach wie vor extrem wichtig sind. Selbst bei Kunden, die mittels RoboAdvisor agieren, zeigt sich, dass auch diese in vielen Fällen einen Ansprechpartner wünschen. Berater wird es also auch in Zukunft brauchen, doch wie muss ein Berater Ihrer Meinung nach in Zukunft aufge- stellt sein? Neue rechtliche Rahmenbedingungen, Digi- talisierung und ein sich veränderndes Kunden- verhalten zwingen Berater zum Upgrade. Zur Veranschaulichung ziehe ich hier gern eine Analogie zum Bergsteigen heran. Vor 100 Jahren war es nur einer kleinen Gruppe von körperlich sehr starken Menschen mit hohem Risikobewusstsein möglich, auf einen hohen Berg zu steigen. Heute kann jemand aufgrund der technischen Möglichkeiten sogar mit be- scheidenen physischen Voraussetzungen und mit der Hilfe eines Sherpas auf den Mount Everest steigen, sofern er genügend Geld hat. Eine ähnliche Entwicklung zeigt sich auch in der Finanzbranche. Heute hat der Kunde im Gegensatz zu früher einen viel einfacheren Zugang zu den weltweiten Kapitalmärkten und eine große Zahl von innovativen und komplexen Anlageinstrumenten. Diese kann er sich selbst oder über einen Berater zugäng- lich machen. Und um wieder aufs Bergsteigen zurückzukommen: Der Berater muss heraus- hören, auf welche Höhe der Kunde wirklich gehen möchte, und herausfinden, wie der Berg aussehen soll, der für den Kunden der richtige ist. Er muss wissen, wo die Leistungs- grenzen des Kunden sind und wie viel Aben- teuer sich dieser tatsächlich gönnen möchte. Wir müssen also Antworten auf Fragen fin- den, die der Kunde gar nicht so leicht für sich selbst beantworten kann. Und das geht auch nicht mit einem einfachen Fragebogen. Der Dialog mit dem Kunden hat sich somit deut- lich verändert. In der Vermögensverwaltung wie auch im Bereich Robo-Advisor kommen vor allem ETFs zum Einsatz, warum? Wir sind der Meinung, dass ein aktives Fondsmanagement den Markt langfristig nicht schlagen kann. Daher und auch aufgrund der geringen Kosten nutzen wir ETFs in den ver- schiedensten Ausprägungen. Unser Anlage- konzept heißt dabei „Markt – Meinung – Wis- sen“. Der Basisbaustein „Markt“ orientiert sich an den globalen Finanzmärkten und da- mit an der Kraft der internationalen Weltwirt- schaft. Der zweite Baustein „Meinung“ be- rücksichtigt individuelle Einschätzungen des Kunden oder seiner Vermögensverwaltung. Der dritte Baustein „Wissen“ nutzt rendite- bringendes Spezialwissen, das Experten in be- stimmten engen Marktsegmenten haben. Nur in den beiden letzten Bausteinen kann es in geringem Ausmaß auch zu Investitionen in aktive Fonds kommen, etwa wenn es um alternative Anlageklassen oder nachhaltige Investments geht. Vielen Dank für das Gespräch. GEORG PANKL | FP Christian Ohswald: „Wir sind der Meinung, dass aktives Fondsmanagement den Markt langfristig nicht schlagen kann. Daher und auch aufgrund der geringen Kosten nutzen wir ETFs in den verschiedensten Ausprägungen.“ » Neue rechtliche Rahmen- bedingungen, die Digitalisierung und ein sich veränderndes Kundenverhalten zwingen Berater zum Upgrade. « Christian Ohswald, Quirin Privatbank Foto: © Marlene Fröhlich / LuxundLumen Mag. Dr. Christian Ohswald Christian Ohswald war bis zuletzt Vorstandsvorsitzen- der und Leiter Wealth Management für die Deutsche Bank Österreich. Anfang März 2019 wechselte er zur deutschen Quirin Privatbank, wo er die Leitung des Privatkundengeschäfts übernommen hat. Zuvor leitete Ohswald seit der Neugründung 2003 das Raiffeisen Private Banking in Wien. Nach dem Studium der Rechstwissenschaften sowie einem Doktoratsstudi- um an der Wirtschaftsuniversität Wien nahm er 14 Monate an einem Bank-Traineeprogramm teil. An- schließend war er als Kundenbetreuer, seit 1995 bei Raiffeisen als Regionalleiter und später als Stadtdirek- tor beschäftigt. Zudem war er als Lektor am Institut für Kreditwirtschaft an der WU in Wien tätig. bank & fonds I christian ohswald | quirin privatbank 242 www.fondsprofessionell.at | 1/2019

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