FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2019

Es sieht allerdings so aus, als würde das Thema nicht so einfach von der Bildfläche verschwinden, wie Grandits hofft. Vielmehr könnte noch ein Politikum daraus werden. Die SPÖ-Abgeordnete Doris Margreiter hat eine parlamentarische Anfrage eingebracht, in der sie vom Wirtschaftsministerium Aufklärung fordert. Auch bei ihr haben sich Unternehmen mit hohen Verlustposten gemeldet. Ein Rätsel bleibt, warum die wirtschaftlichen Konse- quenzen der Statusklarheit erst jetzt öffentlich beklagt werden; die Einführung stand ja schon länger fest. Auch Margreiter sagt, sie fordere Betroffene schon länger auf, Probleme mit der IDD-Umsetzung zu melden – vielen sei das Ausmaß aber wohl erst durch die reale Aus- einandersetzung bewusst geworden. „Mehr Leute in Schulungen“ Bei all dem Gepolter darf natürlich nicht vergessen werden, dass die Vermittler in den ersten IDD-Monaten durchaus auch eine Wandlung zum Guten wahrgenommen haben. „Bei der Weiterbildung gibt es wirklich eine positive Veränderung. Wir haben viel mehr Leute in den Schulungen, das muss man auch einmal erwähnen“, sagt Makler-Obmann Berghammer. „Ich sehe die IDD als Chance, einen Markt zu bekommen, auf dem sauber gearbeitet wird“, sagt er. Es wäre aber nicht die polarisierende IDD, wenn nicht auch die anerkannt sinnvollen Schulungen Zwietracht hervorriefen. Zum Beispiel waren zu Redaktionsschluss die Lehrpläne noch nicht fertig, obwohl seit Jah- resbeginn die verpflichtende Weiterbildung einzuhalten ist. Einer der Gründe: Es ist ein Streit darüber entstanden, welches Schulungs- institut als „unabhängig“ gilt. Mindestens die Hälfte der Weiterbildung muss unabhängig absolviert werden. Das passe wohl den Versi- cherungsunternehmen nicht, weil insbesonde- re die Agenten plötzlich ein breiteres Infoan- gebot bekommen, sagt Agentenobmann Gran- dits. Die Institutswünsche der Versicherer würden den Abschluss blockieren. Gerade für die Agenten, die ohnehin in die Nähe der Ab- hängigkeit gerückt werden, seien unabhängige Schulungen aber essenziell, so Grandits. Er kritisiert, dass mitunter auch Stimmung ge- macht wird: „Bei mir melden sich Leute, de- nen wurde erzählt, unabhängige Schulungen sind exorbitant teuer. Aber wir sprechen hier oft von nur 70 bis 100 Euro für einen Tag.“ Es ist anzunehmen, dass die Weiterbil- dungsregeln im Lauf der Zeit noch einige Ver- feinerungen erfahren werden. Zum Beispiel gab es bei Nachfrage Mitte März kein Szena- rio für den Fall, dass jemand seine Verpflich- tung aufgrund von Krankheit oder Karenz nicht erfüllen kann. Man könne sich das noch ansehen, sagt Dolzer. Er macht aber darauf aufmerksam, dass die Pflichtverletzung bei den Versicherungsvermittlern ohnehin locke- rer gehandhabt wird als bei den Wertpapier- vermittlern: Es gibt im Unterschied zu den WPV keinen sofortigen Gewerbeentzug, wenn man einmal gegen die Ausbildungs- regeln verstößt. Zuerst sind Sanktionsmaßnah- men vorgesehen. Außer den Schulungsregeln waren zu Redaktionsschluss auch noch die Standesregeln für die Versicherungsvermitt- lung offen. Sie enthalten die Informations- und Wohlverhaltensregeln, die bisher in der Gewerbeordnung zu finden waren. Über die lange Wartezeit (die Begutachtung ist längst abgeschlossen) sind die Vermittler nicht erfreut. Schließlich geht es auch um haftungs- relevante Fragen – etwa den von einigen erhofften Wegfall der Einzelfondsempfehlung in der Lebensversicherung und möglicher- weise auch einen Ausschluss der Haftung für Performanceverluste. FMA beobachtet Qualität Interessant ist schlussendlich noch die Frage, welchen Weg die Branche in den ers- ten IDD-Monaten bei den nun vorgeschriebe- nen qualitätsbezogenen Bonifikationen gefun- den hat. Maklerobmann Berghammer spricht ein Lob aus: „Die Versicherer haben sich damit auseinandergesetzt. Man sieht neue Kri- terien wie Stornoquoten, Zufriedenheitsmes- sung, Übermittlung des Geschäfts. Es wurden zum Beispiel auch Vertragsstrafen eingeführt“, sagt er. Agentenobmann Grandits macht andere Beobachtungen. Er sagt, er sehe Unter- nehmen, die bisher wenig geändert haben. „Die Versicherer sind meines Erachtens noch auf der Suche. Antragsqualität oder Storno- quoten sind ja schön und gut, aber das sind oft auch keine Merkmale, die direkt etwas über die Beratungsqualität sagen“, so Gran- dits. Ein großes Thema seien die Bonifikatio- nen jedenfalls nicht, sagen beide. Anzuneh- men ist auch, dass sich die Standesvertreter bei dem Thema nicht zu weit aus dem Fenster lehnen wollen. Denn in der Branche geht die Angst um, dass manche Versicherer bei den Boni zurückhaltend werden könnten. Der neue gesetzliche Rahmen verlangt, dass Vermittler weitgehend auf Basis qualita- tiver Kriterien für ihre Leistungen belohnt werden. Wie diese aussehen, darauf gibt vor- erst nur eine delegierte Verordnung beispiel- haft Hinweise (siehe Kasten). Die FMA sagt auf Nachfrage, sie werde sich ein Bild davon machen, „wie gut die Regelungen von den Unternehmen eingehalten werden“. Dann ent- scheidet die Behörde, ob sie exakte Vorgaben macht. „Die Offenlegungspflichten zu den Vergütungen werden wir uns heuer etwa im Rahmen unseres Aufsichtsschwerpunkts zu Markttransparenz und Informationspflichten ansehen“, sagte ein Sprecher. EDITH HUMENBERGER-LACKNER| FP Foto: © Petra Spiola | VLKV Oliver Walla, VLKV: „Egal wie ich es löse, ich verliere und werde im Vermögen geschädigt.“ EU-Verordnungen zur IDD Diese EU-Verordnungen gelten seit 1. 10. 2018: • DelVO (EU) 2017/2358 in Bezug auf Aufsichts- und Lenkungsanforderungen (POG, Product Oversight and Governance): Sie konkretisiert etwa die Zielmarkt- gestaltung oder wann ein Versicherungsvermittler zum Hersteller wird. • DelVO (EU) 2017/2359 in Bezug auf den Vertrieb von Versicherungsanlageprodukten (IBIP, Insurance-Based Investment Product). Sie regelt den Umgang mit Interessenkonflikten, konkretisiert Offenlegungspflich- ten und geht auf Anreizregelungen ein. » Man muss natürlich reden mit seinen Partnern. Daher sage ich: Sucht das Gespräch! « Horst Grandits, WKO Versicherungsagenten 168 www.fondsprofessionell.at | 1/2019 fonds & versicherung I idd

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