FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2019
die bisher Doppelberechtigungen hatten, befürchten hohe Einnahmenverluste, wenn sie eines der Gewerbe zurücklegen müssen. „Manche sagen Statusklarheit, ich sage Berufsverbot“, spricht Finanzdienstleister- Obmann Dolzer Klartext. Österreich habe hier Goldplating betrieben, denn die IDD verlange in Artikel 18 nur, dass man vor Vertrags- abschluss dem Kunden mitteilt, ob man ge- bunden oder frei vermittelt. Diese Offen- legung hätte auch gereicht, so Dolzer. „Wir haben 750 betroffene Betriebe, die müssen mit den Versicherungen die Courtageverein- barungen oder die Agenturverträge neu ver- handeln und steigen dabei oft schlechter aus“, ärgert er sich. Sechsstelliger Verlust Wie das in der Realität aussieht, veran- schaulicht Oliver Walla, Obmann-Stellvertre- ter der Finanzdienstleister in der WK Wien. Er vermittelt Versicherungen als Makler und hat als Agent nebenbei einen Vertrieb mit 20 Zuträgern aufgebaut, die Agenten bleiben wollen. Legt Walla das Maklergewerbe zu- rück, könne er zum einen seine Kunden nicht mehr wie gewohnt unabhängig beraten, er- klärt er; zum anderen müsste er auf Teile des Geschäfts verzichten, weil einer der Versiche- rer schlicht nicht mit Agenten zusammen- arbeitet. Legt er hingegen die Agentenberech- tigung still, hätte Walla Probleme mit seinen Zuträgern, die ja Agenten bleiben wollen, und weiters „kann der Versicherer das als Anlass- fall sehen, mir die Courtage zu kündigen, und hier gibt es dann keine Abschlagszahlung“, erklärt er. Er habe sich sein Netz über Jahre erarbeitet. „Egal wie ich es löse, ich verliere und werde im Vermögen geschädigt“, so Walla. Jede Variante würde für ihn einen Verlust im sechsstelligen Bereich bedeuten. Er schildert auch das Beispiel eines Kollegen, dem es nicht besser geht. Der Makler bekam einst von einem Versicherer einen großen Bestand übertragen; Voraussetzung war aber, dass es als Agent zu geschehen hat. Der Kollege willigte ein unter der Bedingung, dass er als Makler seine bestehenden Kunden behalten und gelegentlich Neugeschäfte abschließen darf. Der Versicherer stimmte zu. Durch das Verbot der parallelen Ausübung geht für ihn nun ebenfalls ein individuell aufgebautes Modell in die Brüche. Finanzdienstleister-Obmann Dolzer sagt, dass gegebenenfalls ein weiteres Unterneh- men gegründet werden müsse. Ein unnötiger Aufwand – und gegen mögliche Probleme bei der Neuverhandlung von Verträgen hilft das auch nicht. Verfassungsklage angestrebt Kollege Walla will die Änderungen nicht hinnehmen und strebt mit gut zwei Dutzend Betroffenen eine Verfassungsklage an. Diese sei in Arbeit. Die Statusklarheit ist Teil der heuer Ende Jänner in Kraft getretene Versi- cherungsvermittlungsnovelle (§ 137 Abs. 2 GewO). Für bereits bestehende Doppelgewer- be gibt es eine Übergangsfrist bis 2020. Wer sich bis dahin nicht entscheidet, wird auto- matisch als Agent eingestuft, warnt Walla. Die Vermögensberater, in deren Gewer- beumfang auch die Vermittlung von Lebens- und Unfallversicherungen inbegriffen ist, ha- ben sich massiv gegen die Regelung gewehrt. Pro Statusklarheit waren hingegen die Makler und Agenten. „Wir können uns so gegenüber den Kunden klarer deklarieren“, argumentiert Makler-Obmann Berghammer. Probleme sieht er ebenso wenig wie Agentenobmann Gran- dits. Dieser sagt, er kenne die Gerüchte über nachteilige Vereinbarungen, habe aber noch keine derartigen Pläne von Versicherern gehört. „Ich habe hingegen Beispiele gesehen, wo die Versicherungsunternehmen den Pro- visionsanspruch einfach transferiert haben und man am Ende auf das Gleiche kommt“, sagt er. Die Versicherer hätten schließlich ein Interesse daran, dass das Geschäft weiter läuft, argumentiert er. „Aber man muss natürlich reden mit seinen Partnern und verhandeln. Daher sage ich: Sucht das Gespräch!“, fordert Grandits. Foto: © Marlene Fröhlich, Berghammer Die IDD in Österreich | Diese Gesetze wurden angepasst: Versicherungsvertriebsrechts-Änderungsgesetz 2018 (VersVertrRÄG 2018): Dieses gilt seit 1.10.2018. Es ändert das Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG), das Versicherungsvertragsgesetz (VVG) und das Einkom- mensteuergesetz (EStG). Es enthält die wesentlichen Änderungen für die Versicherungen und den angestellten Vertrieb. Versicherungsvermittlungsnovelle 2018: gilt seit 29. 1. 2019. Damit wurde die ab 1. 10. 2018 anwendbare IDD in Österreich teils zu spät umgesetzt. Die Novelle ändert: Gewerbeordnung (GewO), Bankwesengesetz (BWG), Fi- nanzmarktaufsichtsbehördengesetz (FMABG), Maklerge- setz (MaklerG) und Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG). Beinhaltet die relevanten Gesetze für den freien Vertrieb. » Manche sagen Statusklarheit, ich sage Berufsverbot. « Hannes Dolzer, WKO Finanzdienstleister » Wir haben viel mehr Leute in den Schulungen. Das muss auch einmal erwähnt werden. « Christoph Berghammer, Obmann der Versicherungsmakler 166 www.fondsprofessionell.at | 1/2019 fonds & versicherung I idd
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