FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2018
340 www.fondsprofessionell.de | 4/2018 vor Ort oder Menschen, die mit ihrem aktu- ellen Kreditinstitut unzufrieden sind. Als Ziel- gruppe peilt man vor allem junge Leute zwi- schen 18 und 40 Jahren an. Grundsätzlich soll die Anwendung aber jedem zur Verfügung stehen. „Sollten sich dabei neue ‚Matches‘ zwischen bestehenden Kunden und Beratern herauskristallisieren, werden wir prüfen, wie wir das umsetzen können“, so der Vorstands- chef. Hilfe bei der Gestaltung der App bekam die Frankfurter Sparkasse von einer professio- nellen Partnervermittlung. Die Dating-Profis verrieten, welche Gemeinsamkeiten oder Un- terschiede wichtig sind, damit sich Menschen erst einmal gut verstehen, und welche Phasen es bei einem ersten Kennenlernen gibt. Auch die innovationsfreudige Hamburger Sparkasse setzt beim „Verkuppeln“ von Kun- de und Betreuer seit einiger Zeit auf Algorith- men. Der „Haspa-Beraterfinder“ setzt jedoch eher auf harte Fakten als auf die persönliche Wellenlänge. Interessenten beantworten auf der Internetseite des öffentlich-rechtlichen Branchenprimus Fragen nach Beratungs- wunsch und Standort und bekommen dann den passenden Finanzexperten aus dem Heer der über 1.400 Berater vorgeschlagen. Wer beispielsweise in der Nähe des Jungfernstiegs wohnt und vor Ort einen Wertpapierbetreuer sucht, dem stellt das Portal 15 Berater mitsamt Foto vor, die auch ein klein wenig Persönli- ches über sich verraten. Skeptische Stimmen „Am Anfang fand ich die Idee, dass sich der Kunde den Berater selbst aussucht, sehr ungewöhnlich“, sagt ein Kundenbetreuer einer deutschen Großsparkasse. Im Massensegment betrete ein neuer Kunde in der Regel die Filiale und wende sich dann an den erstbesten freien Berater. Das heißt, normalerweise bestimme der Zufall über die Beraterwahl. „Mittlerweile freunde ich mich jedoch mit dem Gedanken an, denn wenn ein Kunde beispiels- weise die gleichen Hobbys hat, bekommt man sofort einen besseren Zugang und findet schnell gemeinsame Ge- sprächsthemen.“ Andere Banker sehen das The- ma kritischer. Nicht jeder ist darauf erpicht, sensible Daten im Netz zu veröffentlichen. „Ich finde es nicht so gut, wenn persönliche Informa- tionen, beispielsweise meine Hob- bys oder bevorzugten Urlaubsziele, im Internet zu sehen sind“, sagt eine Wertpapierberaterin einer deutschen Großbank. Mit vertraulichen Daten werde oftmals Schindluder getrieben, meint sie. „Auch dass mein Foto veröffentlicht werden soll, sehe ich kritisch.“ „Maß und Mitte finden“ Mustafa Behan, Geschäftsführer des Be- wertungsportals Whofinance, kann die Beden- ken einiger Berater verstehen. „Menschen ge- ben heute freiwillig viel von sich im Internet preis. Das begann mit Xing und nahm mit Facebook ungeahnte Ausmaße von Exhibitio- nismus an.“ Einige Menschen fänden es gut und richtig, über ihre Interessen und Hobbys im Netz zu informieren, so Behan. „Ein gro- ßer Teil jedoch möchte nicht jedes Detail der Privatsphäre offenlegen“, betont er. „Wie bei allen Dingen im Leben gilt es hier, Maß und Mitte zu finden.“ Auf seiner Plattform können Bankkunden ihren Berater öffentlich bewerten. Diesen Ser- vice nutzen auch mehrere Kreditinstitute, bei- spielsweise die Deutsche Bank und die Spar- kasse Nürnberg. „Kundenbewertungen sind ein entscheidender Wettbewerbsfaktor in der digitalen Transformation des Finanzvertriebs“, ist Behan überzeugt. Bei ihm trifft die Initia- tive der Frankfurter Sparkasse nur auf einge- schränkte Begeisterung. „Grundsätzlich ist der Wunsch nach einer gesteigerten Onlineprä- senz und einer besseren Verbindung zum Kunden nachvollziehbar. Ebenso ist es richtig, Digitalprojekte zu starten und datenbasiert zu lernen, wie sich Kunden im Kaufprozess ver- halten“, sagt er. Ob Kunden ihre Berater wirk- lich nach gemeinsamen Interessen auswählen würden, bleibe aber abzuwarten. Freiwillige Teilnahme Auch auf Kundenseite gibt es noch Zwei- fel. Bei einer Umfrage der Meinungsfor- schungsgesellschaft Yougov gab über die Hälfte der Befragten an, sich kaum vorstellen zu können, den eigenen Berater über eine App auszuwählen (siehe Grafik unten). Bei den Mitarbeitern der Frankfurter Sparkasse scheint das Angebot dennoch auf reges Interesse zu stoßen. Bereits im Sommer ließen sich über 80 Prozent der insgesamt mehr als 270 Bera- terinnen und Berater vorregistrieren. Einige Kollegen möchten jedoch erst einmal bis zum Start von „Friends in Banks“ abwarten, bevor auch sie „live“ gehen. Die Teilnahme am Pro- jekt ist übrigens freiwillig. Niemand ist dazu verpflichtet, sich gegenüber seinem Vorgesetz- ten oder den Projektinitiatoren zu erklären. Die Aktion der Frankfurter Sparkasse ist vor allem eines: mar- ketingwirksam. Nichtsdestotrotz kann sie auch wirtschaftlich Sinn ergeben. Denn das Vertrauen in den Berater ist neben dem Fach- wissen oftmals das wichtigste Kriterium bei der Beraterauswahl. Wenn man über eine Vielzahl von Gemeinsamkeiten auf einer Wel- lenlänge liegt und darüber schnel- ler Vertrauen aufbauen kann, ist dies für beide Seiten vorteilhaft. Für die Bankberater kann die Jagd nach den meisten „Likes“ also starten. MARCUS HIPPLER | FP bank & fonds I berater Foto: © Jochen Kratschmer Robert Restani, Fraspa: „Die Fragen besitzen eine gewisse Leichtigkeit. Wir wollen auch unterhalten.“ Wählerische Kunden Können Sie sich vorstellen, eine App zur Bankberaterauswahl zu nutzen? Gut jeder zweite Kunde ist zumindest skeptisch, was die Wahl des Bankberaters über eine App anbelangt. Quelle: YouGov-Umfrage unter 2.281 Personen über 18 Jahren am 20.9.2018 0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % Gesamt Einkommen unter 1.500 Euro Einkommen zwischen 1.500 und 3.000 Euro Einkommen über 3.000 Euro 10 % 28 % 28 % 10 % 24 % 10 % 16 % 27 % 21 % 26 % 6 % 16 % 27 % 22 % 29 % 8 % 23 % 26 % 18 % 25 % Ja, auf jeden Fall eher ja keine Angabe eher nein Nein, auf keinen Fall
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