FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2018

Rolle, wie die Zinsstrukturkurve verläuft, wenn letzten Endes der Cashflow falsch ge- schätzt wurde. Ein weiterer Ansatz ist die Multiplikator- methode. Dabei werden bestimmte Kennzah- len eines Vergleichsunternehmens auf die zu bewertende Gesellschaft übertragen. Gerade bei Vermögensverwaltern kommt hier ein Pro- blem ins Spiel: Die Vergleichsdaten aus der Branche fehlen. Kaum ein Unternehmen in diesem Feld ist börsennotiert, somit sind Kennzahlen kaum öffentlich zugänglich. Zudem erschweren in diesem Zusammen- hang weitere Hürden die Bewertung. „Bei un- abhängigen Vermögensverwaltern sind Sub- stanzwerte vernachlässigbar“, sagt Wendler. Sie weisen nur immaterielle Vermögenswerte wie Kunden oder Mitarbeiter auf. Zudem sei gerade bei kleineren Gesellschaften das Pri- vate und Berufliche nicht klar getrennt. Der Eigentümer zahlt sich selbst als Geschäftsfüh- rer mitunter kein marktübliches Gehalt aus. Die tatsächliche Ertrags- und die Kostenlage seien daher oft nur schwer zu ermitteln. Schließlich hängt die Geschäftslage und somit der Wert von Vermögensverwaltern stark von der Stimmungslage an den Börsen ab. Überholte Daumenregel Einer versucht dennoch, möglichst umfang- reiche Vergleichskennzahlen zu ermitteln: Stefan Adams. Sein Weg führt über Erfah- rungswerte aus der Praxis. Er begleitet mit seiner Unternehmensberatung Dr. Adams & Associates seit fast 20 Jahren Unternehmens- verkäufe unter Maklern und Vermögensver- waltern. Gut 400 Transaktionen hat er einge- fädelt, tiefe Einblicke in die Branche erhalten und einen wahren Datenschatz gesammelt. „Früher zog man einfach das verwaltete Vermögen her- an und legte über den Daumen einen Multiplikator an“, be- richtet der Volkswirt. Dies ha- be sich jedoch seit der Finanz- krise 2009 völlig geändert. „Vielen ist damit erst bewusst geworden, welches Risiko in den Portfolios schlummern kann.“ Heute würde meist der Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) als Basis herangezogen. Wel- cher Faktor dann angelegt wird, dafür steigt Adams in eine detaillierte Analyse der Unternehmen ein. Neben dem Blick auf die üblichen Ge- schäftskennzahlen klopft der Consultant die Bestände der Kunden ab. Standardaktienfonds gelten als weniger riskant, Emerging-Markets- Fonds oder noch exotischere Investments als riskanter. Hierbei geht es darum, den zum Verkauf stehenden Bestand auf mögliche Risiken oder gar Regressforderungen durch Kunden zu durchleuchten. Ein Beispiel: Hat ein Finanzberater seinen Klienten Container- direktinvestments oder geschlossene Schiffs- fonds ins Portfolio gelegt, ist die Wahrschein- lichkeit eines teuren Rechtsstreits relativ hoch – was sich in einem Abschlag auf den Kauf- preis niederschlagen oder gar die ganze Trans- aktion platzen lassen kann. Weiterhin schauen Adams und seine Partner auf Klumpenrisiken. Ein einzelner großer Klient mag zwar ein lukrativer Posten in der Gewinn-und-Verlust-Rechnung einer Vermö- gensverwaltung sein. Doch springt dieser eine Kunde ab, brechen große Teile des Geschäfts weg. Bei seinen Gutachten trennt Adams daher häufig solche einzelnen Depots ab und bewertet das übrige Geschäft gesondert. Ein weiteres Augenmerk legt Adams auf den Inhaber. Inwieweit betreut er selbst die Kunden, ober übernehmen dies die Mitar- beiter? Im zweiten Fall mag eine Geschäfts- übergabe glatt ablaufen. Im ersten Fall hin- gegen läuft der neue Eigentümer Gefahr, dass ihm die Klienten abspringen. „Die Käufer müssen das Vertrauen erst erwerben“, erläutert Dozentin Wendler. Transaktionsberater Adams empfiehlt daher, eine Übergangsphase zu ver- einbaren. Beispielsweise bleibt der Verkäufer noch zwei Jahre im Geschäft und übergibt zumindest die bedeutendsten Kunden per- sönlich. Eine wichtige Voraussetzung dabei ist, dass beide Seiten menschlich gut mit- einander auskommen. Gleichlauf der Interessen All diese Faktoren zieht Adams bei seinen Analysen heran und berechnet daraus einen fairen Unternehmenswert. Um Risiken abzu- federn, vereinbaren die Parteien häufig eine Streckung der Zahlung über einen gewissen Zeitraum, meist über zwei bis drei Jahre. Ergreifen tatsächlich Anleger die Flucht oder materialisieren sich weitere Risiken, kommt es zu Abschlägen beim Kaufpreis. Zudem schafft dies einen Gleichklang der Interessen: Der Verkäufer wird alles daransetzen, dass die Kunden dem Käufer die Treue halten. All den Hürden zum Trotz werden sich im- mer mehr Geschäftsinhaber über Kauf oder Verkauf Gedanken machen müssen. Denn der Faktor Grö- ße entscheidet zunehmend über das Überleben. „Früher konnte ein Vermögensverwal- ter mit einem Volumen von 100 Millionen Euro gut ver- dienen“, so Branchenkenner Adams. „Heute sind Unterneh- men, die darunter liegen, prak- tisch insolvent.“ Somit scheint es für alle Parteien ratsam, mit offenen Karten zu spielen. Denn eine baldige Baisse kann den Einsatz vom Tisch fegen, sodass selbst das beste Blatt auf der Hand wertlos ist. SEBASTIAN ERTINGER | FP Foto: © Adams & Associates Stefan Adams, Adams & Associates: „Anbieter unter 100 Millionen Euro Volumen sind praktisch insolvent.“ Die Zeit läuft Alter von Vermögensverwaltern nach Anzahl der Geschäftsführer 141 Geschäftsführer legten der Hochschule Aschaffenburg ihr Alter offen. Im Schnitt sind rund 17 Prozent älter als 60. Quelle: Umfrage des Instituts für Vermögensverwaltung der Hochschule Aschaffenburg 2018 0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % Gesamtmarkt 5 Geschäftsführer 4 Geschäftsführer 3 Geschäftsführer 2 Geschäftsführer 1 Geschäftsführer 0 % 1 55 bis 59 Jahre jünger als 55 60 bis 64 Jahre 65 bis 69 Jahre 70 Jahre und älter 62,5 % 66,7 % 2,5 % 57,9 % 54,2 % 60 % 62,3 % 25,0 % 18,3 % 26,1 % 16,7 % 10 % 20,6 % 12,5 % 10 % 13,0 % 16,7 % 12,5 % 20 % 12,5 % 1,1 % 306 www.fondsprofessionell.de | 4/2018 vertrieb & praxis I firmenwer t

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