FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2018

gehandelten Indexfonds (ETFs) in die Pro- duktpalette ein. Daneben brach die Konzern- lenkerin mit einem weiteren Tabu: In den USA startete das Haus Indexfonds zum Null- tarif, die rasch zu Absatzschlagern aufstiegen. Kostenrevolution Fidelity International wiederum sorgte mit der Fulcrum Fee für Aufsehen. Diese Gebühr steigt und fällt je nach Outperformance des Fonds. Sie soll einen gerechten Ausgleich der Interessen zwischen demAsset Manager und seinen Kunden schaffen. Fidelity führt die Fulcrum Fee als Alternative zur herkömm- lichen Vergütung ein. Die Kunden haben also die Wahl. Mit dieser Idee will das Haus in der schwelenden Gebührendiskussion neue Akzente setzen. Zudem legte der Anbieter Indexfonds zum Kampfpreis auf und öffnete die bislang institutionellen Investoren vor- behaltenen Vehikel für Privatanleger. Auch in puncto Digitalisierung treibt Richards das US-Haus an. In diesem Feld konnte Rivale Blackrock mit seinem zur Rundum-Lösung entwickelten Programm Aladdin Boden gewinnen. Das Geschäftsfeld Solutions des Branchenprimus wuchs zum bedeutenden Umsatz- und Gewinnbringer. Grundsätzlich weist auch Fidelity die Fähig- keit auf, bei technischen Innovationen anzu- knüpfen: Von 1980 bis Ende 2017 meldete Fidelity 156 Patente an, Charles Schwab 66 und Blackrock 20, rechnen die Analysten der Ratinggesellschaft Moody’s vor. Die Zahl der eingereichten Patente mag zwar nur ein vager Indikator für die Innovationskraft einer Fonds- gesellschaft sein, die Bonitätswächter schlie- ßen jedoch daraus, dass Fidelity neben Black- rock am besten gegen eine Erstürmung der Fondsindustrie durch Tech-Riesen wie Ama- zon, Paypal oder Google gewappnet wäre. So habe das Bostoner Haus seine Online- präsenz deutlich ausgebaut und die Interaktion mit seinen Kunden erheblich verbessert, füh- ren die Analysten an. Daneben zeigt sich der Traditionsanbieter offen für Neuerungen – und seien es ungewöhnliche. Als einer der ersten großen Asset Manager kündigte Fide- lity in den USA an, Kunden bei Investments in Kryptowährungen helfen zu wollen. Einen anderen Vorstoß startete Fidelity In- ternational in Deutschland mit einer digitalen Vermögensverwaltung. Das Haus stellt sich damit neben Start-ups wie Scalable Capital, Ginmon oder Vaamo. Im Unterschied zu anderen Robo-Advisors setzt Fidelity Wealth Expert auf aktive Fonds und nicht auf ETFs. Die Anlageentscheidungen trifft zudem ein menschlicher Manager und kein Algorithmus. Dass Deutschland und nicht etwa Großbri- tannien als Pioniermarkt für die Onlinevermö- gensverwaltung dient, liegt zum einen daran, dass die Gesellschaft hier bereits seit Jahren Direktgeschäft mit Endkunden betreibt – im Gegensatz zu den meisten Wettbewerbern. Zudem hat das Haus in diesem Markt mit dem Systematischen Anlage-Management (SAM) bereits Erfahrung mit Softwarelösun- gen für die Vermögensverwaltung gesammelt. Die Gesellschaft betont, sich nicht gegen ihre Vertriebspartner positionieren zu wollen. Kun- den mit Beratungsbedarf sollen an Partner weiterverwiesen werden (siehe Interview fol- gende Seite). Dennoch könnten die Vertriebs- kanäle dies als Affront werten. Angesichts der drohenden Konkurrenz durch Google und Co. bleibt dem Konzern vielleicht keine andere Wahl, als selbst solche Offerten aufzulegen. Neue Ära Mit all diesen Initiativen hofft Fidelity-Che- fin Johnson, das Haus wieder auf die Erfolgs- spur zu führen. Hört man sich in der Branche um, so billigen viele Fidelity auch das Poten- zial zu, wieder ganz vorn mitzumischen. „Ich würde Fidelity noch lange nicht abschreiben“, ist etwa von einem Konkurrenten zu hören. Johnson jedenfalls glaubt mit Richards die perfekt Partnerin gefunden zu haben, um ge- meinsam eine neue Ära einzuleiten. „Ich bin absolut überzeugt von ihren Fähigkeiten, das Unternehmen in dieser spannenden Phase der Entwicklung und des Wachstums zu führen“, formulierte es die Firmenerbin. SEBASTIAN ERTINGER | FP Foto: © Simon Dawson | Blomberg; Andrew Harrer | Blomberg Abigail Johnson: „Wir wollen unsere Kundenbeziehungen erweitern und vertiefen.“ Anne Richards: „Fidelity ist eine starke globale Marke. Das Haus hat das Potenzial, den Markt anzuführen.“ Geschichte von Fidelity 1946 Edward C Johnson II. gründet in Boston Fidelity Investments. 1965 Die Fondsgesellschaft schafft ihren ersten Computer an. 1969 Gründung von Fidelity International als welt- weiter Ableger des US-Asset-Managers. 1977 Edward C Johnson III. übernimmt von seinem Vater die Posten des Aufsichtsrats- und Vor- standschefs der Fidelity-Gruppe. 1980 Fidelity International wird aus der US-Mutter her- ausgelöst. Die Anteile des Unternehmens befin- den sich größtenteils im Besitz von Mitgliedern der Familie Johnson und des Managements. Seither agieren beide Einheiten als unabhängige Unternehmen, die aber miteinander kooperieren. 1988 Abigail Johnson, Enkelin des Unternehmens- gründers, beginnt als Aktienanalystin ihre Lauf- bahn in dem Familienunternehmen. 1995 Fidelity International wandelt sich vom Aktien- spezialisten zum Universalanbieter. Dafür wird ein Anleihenteam aufgebaut. 2014 Abigail Johnson übernimmt von ihrem Vater den Vorstandsvorsitz bei Fidelity Investments. Zudem wird sie Aufsichtsratschefin von Fidelity Inter- national. 2016 Die Enkelin des Firmengründers übernimmt auch die Rolle der Präsidentin der Fidelity-Gruppe. Das Unternehmen bleibt damit in dritter Genera- tion familiengeführt. 2018 Fidelity International verkündet, dass Anne Richards im Dezember neue Vorstandschefin des Unternehmens wird. Richards leitete zuvor das britische Traditionshaus M&G. 290 www.fondsprofessionell.de | 4/2018 vertrieb & praxis I fidelity

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