FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2018

„Probe sterben“, wie er es nennt. „An den Er- gebnissen können wir sehen, was mit seinem Vermögen geschehen würde, wenn alle aktu- ellen Verfügungen so blieben, wie sie sind“, erklärt der Experte. Viele Kunden würden dann erkennen, dass ein solcher Übergang des Nachlasses keineswegs ihren Wünschen ent- spricht, und möchten Regelungen ändern. „An dieser Stelle geht die Beratung dann sozusa- gen über den Tod des Kunden hinaus“, erklärt Ripperger. „Nachlassplanung ist nie mit nur einem Gespräch erledigt“, sagt er. Die Familie kennenlernen Das weiß auch Sven Schneider, zertifizier- ter Estate Planner bei der Südwestbank in Stuttgart. „Vor allem wenn es sich um große und komplexe Vermögen handelt, wenn Unternehmen in die nächste Generation wech- seln oder eine Stiftung gegründet werden sol- len, kann es viele Monate dauern, bis alles unter Dach und Fach ist“, berichtet er. Rund die Hälfte der Gespräche findet bei den Kun- den zu Hause statt. So lernt Schneider oft die Familienmitglieder kennen. Durch das Vertrauensverhältnis, das sich nach und nach aufbaut, wenden auch sie sich zuweilen mit Fragen an ihn. Und oft bleiben sie ihm treu, wenn sie sich selbst in Sachen Vermögen beraten lassen möchten. „Mit dem Estate Planning kann man die Generation von morgen an sich binden“, sagt Schneider. Bei ihrer Arbeit bewegen sich Estate Plan- ner rechtlich allerdings oft auf einem schma- len Grat. Meist kennen sie sich im Steuer- und Erbschaftsrecht sehr gut aus. Trotzdem dürfen sie nicht wie Steuerberater, Rechtsanwälte oder Notare handeln. „Was erlaubt ist, regelt Paragraf 5 Absatz 1 des Rechtsdienstleistungs- gesetzes“, erläutert Rolf Tilmes, Wissenschaft- licher Leiter des PFI Private Finance Institute / EBS Finanzakademie an der EBS Business School und Vorstandsvorsitzender des Finan- cial Planning Standard Board Deutschland e.V. (FPSB). Dort ist definiert, dass Nichtju- risten Rechtsdienstleistungen erbringen dür- fen, wenn sie im Zusammenhang mit einer anderen Haupttätigkeit stehen und als reine Nebenleistungen zu bewerten sind. „Die meisten Fehler, die im Zusammen- hang mit Erbschaftsregelungen gemacht wer- den, kommen durch das Berliner Testament zustande“, sagt V-Bank-Mann Grenzebach. Gute Nachlassplaner erkennen natürlich, wenn es dadurch, dass sich Ehepartner gegen- seitig als Erben einsetzen, später unter Um- ständen zu Problemen kommen kann. Da- rüber dürfen sie den Kunden natürlich auf- klären. „Aber sie dürfen das Testament nicht selbst neu schreiben“, erläutert Tilmes. Ebenso wenig dürfen sie die endgültige Höhe der Erbschaftsteuer ausrechnen, die anfällt, wenn etwa ein Unternehmen übertragen wird. Das ist Sache des Steuerberaters. Wer hier nicht sauber arbeitet, kann sich schnell richtig Ärger einhandeln. Fundierte Ausbildung nötig Damit es nicht dazu kommt, benötigen Nachlassplaner eine fundierte Ausbildung. Bundesweit bieten sechs Institute Weiterbil- dungen zum Estate Planning an (siehe Tabelle nächste Seite). Zwar variieren die Bezeich- nungen der Abschlüsse sowie Dauer und Kos- ten der Ausbildung, die Inhalte ähneln einan- der aber stark. Bei zwei Vereinen können sich Nachlassplaner auch zertifizieren lassen (siehe Kasten unten). „Außerdem brauchen Estate Planner in ihrer beruflichen Praxis ein großes Experten- netzwerk“, erklärt Rolf Tilmes. Erkennt ein Nachlassplaner zum Beispiel, dass auf die Er- ben eines Kunden eine hohe Erbschaftsteuer zukommt, kann er ihn fragen, ob er eventuell Heinz Ripperger, Mainzer Volksbank: „Nachlassplanung ist nie nur mit einem Gespräch erledigt.“ Vereine und Zertifikate Für Erbschaftsplaner und Generationenberater ist es unerlässlich, über ein großes Expertennetzwerk zu verfügen. Dazu gehören Fachanwälte für Erbrecht und Steuerberater ebenso wie Notare, Anlageberater, Vermögensverwalter, andere Estate Planner und Testa- mentsvollstrecker. Gute Kontakte bieten unter anderem die nachfolgend genannten Vereine, die Estate Planner, Generationenberater und Testamentsvollstrecker zum Teil auch zertifizieren. Arbeitsgemeinschaft Testamentsvollstreckung und Vermögenssorge (AGT): Der Verein wurde 1997 gegründet. Seine Mitglieder sind unter anderem Testa- mentsvollstrecker, Fachanwälte und Bankberater. Der AGT zertifiziert Testamentsvollstrecker bei Nachweis theoretischer Kenntnisse und praktischer Fertigkeiten. Bedingungen: mindestens zwei Jahre Tätigkeit als Jurist, Steuerberater, Estate Planner (CEP) o. Ä., drei Testamentsvollstreckungen. Zertifizierungslehrgang bei Anbietern, die von der AGT anerkannt sind. Kosten: Zertifizierung: 350 Euro, 60 Euro Aufnahmegebühr, 184 Euro jährlicher Mitgliedsbeitrag. www.agt-ev.de Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögens- nachfolge e.V. (DVEV): Der Verein besteht seit 1995. Mitglieder sind Rechtsanwälte, Notare, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Testamentsvollstrecker, Nachlass- pfleger. www.erbrecht.de Financial Planning Standard Board e.V. (FPSB): Das FPSB wurde 1997 gegründet. Hier sind zertifizierte Finanzplaner (Certified Financial Planner, CFP) und zerti- fizierte Estate Planner (Certified Foundation and Estate Planner, CFEP) zusammengeschlossen. Das FPSB zer- tifiziert Estate Planner, die ihre Ausbildung in den beim Verein akkreditierten Ausbildungseinrichtungen absol- viert haben. Dies sind die Private Finance / EBS Finanz- akademie und die Frankfurt School of Finance and Management. Voraussetzungen: Mitgliedschaft im FPSB, Prüfung. Kosten: 300 Euro Aufnahmegebühr, 200 Euro Mitgliedsbeitrag (400 Euro bei zusätzlichem CFP-Zertifikat). www.fpsb.de Verein Estate Planner Deutschland (VEPD): Der VEPD besteht seit dem Jahr 2001. Zu seinen Mitgliedern zählen Estate Planner und Generationenberater. An den Veranstaltungen des Vereins können aber auch Nicht- mitglieder teilnehmen, beispielsweise Bankberater, freie Finanzberater, Steuerberater und Rechtsanwälte. Der VEPD zertifiziert Generationenberater und Estate Plan- ner, die ihre Ausbildung beim Gene Fachinstitut für Vermögens- und Unternehmensnachfolge absolviert haben. Voraussetzungen: Mitgliedschaft im VEPD, umfangreiche und klar dokumentierte Praxiserfahrung. Kosten: 200 Euro Aufnahmegebühr, 200 Euro Mit- gliedsbeitrag pro Jahr (entfällt im Jahr der Aufnahme), 250 Euro Prüfungsgebühr. www.vepd.de 269 www.fondsprofessionell.de | 4/2018

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