FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2018

217 www.fondsprofessionell.de | 4/2018 rungsbedarf. Jeder kocht da sein eigenes Süppchen.“ Dazu kommt, dass die Anbieter in der Regel ihren eigenen Bedingungsaufbau entwickelt hätten, was die Vergleichbarkeit der Konzepte erschwere. Makler kommen also nicht umhin, ins Kleingedruckte abzutauchen. Musterbedingungen Doch was muss eine Cyberpolice unbe- dingt enthalten? Der GDV hat im vergange- nen Jahr Musterbedingungen für KMU mit jährlich bis zu 50 Millionen Euro Umsatz oder bis zu 250 Mitarbeitern veröffentlicht. Darin sind die Risiken und der Schutz auf 41 Seiten umfassend beschrieben – die wichtigs- ten Punkte finden sich im Info-Kasten auf der vorherigen Seite. Demnach sollte die Versi- cherung nicht nur bei Datenklau und Betriebs- unterbrechung leisten, sondern auch die Kos- ten für Forensiker oder die Krisenkommuni- kation übernehmen. Doch die Gesellschaften definieren den Kostenersatz alles andere als einheitlich, ent- sprechend unterschiedlich kann die Entschä- digung aussehen. Auch die Abgrenzung zu anderen Sparten sei teilweise schwierig, meint Axa-Experte Kalinowski. „Es werden oft Einschlüsse vorgenommen, nur um sich ab- zuheben“, sagt er. Kalinowski zufolge werben manche Anbieter auch damit, ohne Obliegen- heiten – also vertragliche Pflichten des Ver- sicherungsnehmers – auszukommen. Er be- zweifelt, dass sich solche Offerten aufrecht- erhalten lassen. „Das kann man nur so lange machen, wie die Schäden nicht deutlicher werden“, vermutet er. Da scheint in der Tat Marketing im Spiel zu sein. Auf den ersten Blick kommen bei- spielsweise Hiscox, AIG und Chubb ohne Obliegenheiten aus. Doch alle drei erwarten vor Eindeckung eines Risikos die Beantwor- tung eines Fragebogens, den der Kunde wahr- heitsgemäß beantworten muss. „Ändert sich die Situation gegenüber den Antworten im Fragebogen, wäre dies womöglich nach Paragraf 23 Versicherungsvertragsgesetz eine anzeigepflichtige Gefahrerhöhung“, sagt Spe- zialmakler Erichsen. Hiscox bestätigt dies indirekt. „Bei KMU arbeiten wir mit verein- fachten Antragsfragen, beim Mittelstand mit größeren Fragebögen, und ab einem bestimm- ten Limit prüft ein Forensiker vorab das Risi- ko“, so Hiscox-Underwriter Roman Potyka. Auf einer Konferenz in Köln nannte Axa- Produktmanager Kalinowski jüngst ein pla- katives Beispiel für eine Schwachstelle im Be- dingungswerk. So gebe es häufig ungenaue Klauseln zur Frage, wann Softwarefehler mit- versichert sind. „Man muss definieren, was ein Softwarefehler ist“, so Kalinowski. IT- Experten wüssten, dass Software eigentlich immer Fehler enthält. Melde der Kunde aber viele Softwarefehler, käme der Versicherer schnell in Probleme mit der Kalkulation. Wahrscheinlich sei daher künftig vermehrt mit Sublimits, Leistungsausschlüssen und höheren Maßstäben bei der Prävention zu rechnen. Die erwähnten Musterbedingungen des GDV für Industrie- und Gewerbekunden hält Makler Erichsen noch nicht für ausreichend. Verschiedene wichtige Deckungserweiterun- gen, die im Markt möglich sind, seien nicht enthalten, etwa die Mitversicherung eines Bedienfehlers oder der Einschluss des Terror- risikos. „Der Vorschlag des GDV enthält auch umfangreichere technische Obliegenheiten im Vergleich zu marktüblichen Angeboten“, hat Erichsen beobachtet. Erste Orientierung Wichtig ist auch, dass die Makler kritisch prüfen, welchen Schutz der Firmenkunde tat- sächlich benötigt – und ob dieser nicht schon durch andere Policen gewährleistet ist. Nicht immer muss eine separate, vollumfängliche Cyberversicherung die beste Lösung sein. Doch für KMU lohne sich eine solche Police in vielen Fällen, sagt Alexandra Köttgen, Juristin bei der Funk-Gruppe, einem Groß- makler und Risikoberater. „Die Cyberversi- cherung überschneidet sich nur leicht mit der Vertrauensschaden- und der Elektronikver- sicherung“, so die Expertin. Sie sieht beide Versicherungen – je nach individuellem Risi- ko und Branche – als sinnvolle Ergänzungen zu einer Cyberversicherung an. Bleibt für Makler die Herausforderung, den richtigen Tarif zu finden. Eine erste Orientie- rung kann das erste Rating für gewerbliche Cyberpolicen in Deutschland geben, das die Ratingagentur Franke und Bornberg aus Han- nover im Oktober vorgelegt hat (siehe Kasten auf dieser Seite links). Solche Urteile sind al- lerdings nur als Momentaufnahme zu verste- hen – der junge Markt ist so dynamisch, dass sich die Bedingungen und damit die Rating- noten der Anbieter schon bald wieder ändern dürften. DETLEF POHL | FP Sven Erichsen, Spezialmakler aus Essen: „Jeder Versi- cherer kocht sein eigenes Süppchen.“ Erstes Rating für Cyberpolicen Rating: Das Analysehaus Franke und Bornberg hat erstmals in Deutschland gewerbliche Cyberpolicen be- urteilt. Bewertet wurden 35 Tarife und Bausteinlösungen von 28 Versicherern. Maklerpools und Deckungskonzept- anbieter konnten nicht berücksichtigt werden. Methodik: Bewertet wurde, was die Versicherer stan- dardmäßig anbieten. Herangezogen wurden 115 Kriterien in 21 Bereichen. „Die Gewichtung der Sachverhalte für das Rating orientiert sich am Bedarf eines mittelständi- schen Unternehmens bis 250 Mitarbeitern mit Wirkungs- schwerpunkt in Europa“, schreibt das Analysehaus. Ergebnis: Kein Angebot schaffte eine Bestnote FFF+ (hervorragend) oder FFF (sehr gut). Gut (FF+) schnitten die besten Tarife von AIG, HDI, Hiscox und Markel ab (siehe „Rating-Beispiele“). 47 Prozent der Policen schaff- ten befriedigende Urteile (FF). Knapp 24 Prozent wurden als ausreichend (F+) eingestuft, drei Prozent als man- gelhaft (F) und 14 Prozent als ungenügend (F–). RATI NG- BE I SPI E LE : Rating FF+ (gut): AIG Cyberedge 3.0 (06.2018), HDI Cyberversicherung für Firmen und freie Berufe (10.2018), Hiscox Cyberclear (01.2018), Markel Pro Cyber (01.2018) Rating FF (befriedigend, Auswahl): Allianz Cyber- schutz (04.2017), Axa Byteprotect (07.2017), Basler Cyber-Police (06.2017), Ergo Cyber-Versicherung (01.2018), Gothaer Cyber-Versicherung für Gewerbekun- den (10.2018), HDI Global SE Cyber+ Smart (01.2017), Provinzial Nordwest Cyber-Versicherung (01.2017), R+V Cyberrisk-Versicherung (09.2017), Signal Iduna Cyber- risiko-Versicherung (01.2017), VHV Cyberprotect (02.2018), Westfälische Provinzial Cyber-Versicherung (01.2017), Württembergische Cyber-Police (01.2018) Tarife alphabetisch gereiht, Quelle: Franke und Bornberg | Stand: 10/2018 Mehr zum Rating online: QR-Code scannen oder www.fponline.de/CYBER418 eingeben 

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