FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2018
klingt das nach einer fahrlässigen und gefähr- lichen Duldung neuer Intransparenz, die pro- spektfreie Emissionen trotz eines dreiseitigen Informationsblatts mit sich bringen. Dass ein Dreiseiter niemals einen vollständigen Pro- spekt ersetzen kann, hat sich in der Vergan- genheit bereits mit dem Vermögensinforma- tionsblatt gezeigt. Auch deshalb glaubt Jürgen Göbel, Ge- schäftsführer des Asset Managers Euramco, dass „das Risiko unseriöser Anbieter in die- sem kleinen Segment steigt“. Das ist einer der Gründe, warum die Sachwertinvestmentbran- che sehr verhalten auf die neuen Emissions- möglichkeiten reagiert, wie eine Umfrage von FONDS professionell unter aktiven Anbietern im Beteiligungsmarkt zeigt: Etwa die Hälfte der Befragten meint, die Liberalisierung be- deute eine Benachteiligung der regulierten Produkte, insbesondere der Alternativen In- vestmentfonds (AIF). Kritik und Zurückhaltung „Ich begrüße, dass kleine Unternehmen mit der neuen Verordnung mit einer Aktienemis- sion ohne die überbordenden regulatorischen Pflichten ihr Eigenkapital erhöhen können. Ich lehne es allerdings ab, die Befreiung von der Prospektpflicht anderweitig zu nutzen“, sagt Norman Lemke, Vorstand des Private- Equity-Spezialisten RWB. „Das Letzte, was die Sachwertbranche heute braucht, ist eine weitere unregulierte Produktgattung.“ Seiner Meinung nach könne die gesamte Branche nur dann nachhaltig das Vertrauen der Anleger zurückgewinnen, wenn alle in den weißen Kapitalmarkt wechseln. „Unregulierte bezie- hungsweise teilregulierte Produkte sind heute nicht mehr zeitgemäß“, so Lemke. Bislang überlegen nur einzelne Anbieter, selbst von der Prospektverordnung Gebrauch zu machen. Konkrete Pläne hatten die von FONDS professionell befragten Unternehmen nicht. Das hat neben dem Geschmäckle, das unregulierten Produkte anhaftet, zwei prakti- sche Gründe. „Wir haben bislang keinen kon- kreten Bedarf für uns ermitteln können, da das begrenzte Emissionsvolumen von acht Mil- lionen Euro sehr einschränkt“, nennt HEH- Vorstand Gunnar Dittmann einen Grund. Außerdem können diese Wertpapiere nicht von freien Vermittlern verkauft werden, es sei denn, sie schlüpfen unter ein Haftungsdach mit der nötigen Bafin-Erlaubnis. Für den Markt ist es wichtig, dass die seriösen Anbie- ter neue Produkte auflegen, die für den freien Vertrieb geeignet sind, mahnen Branchenken- ner. Denn wenn die 34f-Berater keine neuen guten Beteiligungsmodelle bekommen, grei- fen sie auf schlechtere Produkte zurück. Gleichwohl ist es nicht ausgeschlossen, dass nach KGAL weitere Häuser neue Ver- packungen anbieten. „Im Rahmen einer kon- kreten Anfrage nach einem Exklusivprodukt werden wir eine produktseitige Umsetzung unseres Investitionsansatzes in Form eines Wertpapiers prüfen“, erläutert zum Beispiel Malte Thies, Geschäftsführer der One Group. Da das Planvolumen aber größer als acht Millionen Euro sei, komme eine prospektfreie Emission nicht in Frage. Dreiteilung des Markts In nächster Zeit wird man beobachten müssen, inwieweit die nunmehr viel leichter anzubietenden Wertpapiere die in Verruf ge- ratenen Vermögensanlagen wie Nachrangdar- lehen, Genussrechte oder Direktinvestments ablösen oder zumindest verdrängen können. Das wird zumindest zu einem guten Teil vom Vertrieb abhängen. Banken tun sich mit dem AIF auch mehr als fünf Jahre nach seiner Einführung noch schwer. Sie bevorzugen Wertpapiere, mit deren Struktur sie umgehen können. Anleihen ohne Prospekt werden es im Bankenvertrieb aber schwer haben. Der freie Vertrieb wiederum benötigt Produkte, die er verkaufen kann, und das sind neben AIF eben auch die Vermögensanlagen. Aus heutiger Sicht könnte es zu einer Drei- teilung des Marktes kommen: Auf der einen Seite steht der voll beaufsichtigte und regu- lierte AIF, der am aufwendigsten und teuers- ten, dafür aber auch am transparentesten ist. Auf der anderen Seite gibt es die weniger kontrollierten Vermögensanlagen, die im Ge- samtmarkt an Bedeutung verlieren dürften. Die Wertpapiere mit und ohne Prospekt bilden ein neues Segment. Damit könnten neue Ziel- gruppen für das Sachwertthema gewonnen werden. Der erfahrene Marktteilnehmer Ditt- mann glaubt aber nicht an den durchschla- genden Erfolg: „Initiatoren werden sicherlich berücksichtigen, dass ein Wertpapier-Informa- tionsblatt nicht den gleichen Schutz bietet wie ein umfangreicher, professionell erstellter und von der Bafin gestatteter Prospekt.“ ALEXANDER ENDLWEBER | FP Foto: © HEH Gunnar Dittmann, HEH: „Das Wertpapier-Informations- blatt bietet nicht den gleichen Schutz wie ein Prospekt.“ Umsetzung der EU-Prospektverordnung Verordnung: Die EU-Verordnung 2017/1129 legt die Schwelle für die Prospektpflicht beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren auf eine Million Euro fest. Emissionen bis acht Millionen Euro sollen in den Mitgliedsländern von der Prospektpflicht befreit werden. Der Finanzausschuss des Bundestages gab diesbezüglich Ende Juli eine Be- schlussempfehlung ab, die schließlich vom Bundestag angenommen wurde. Befreiung: Gemäß Wertpapierprospektgesetz (WpPG) können Unternehmen nun „nicht qualifizierten“ Anlegern ohne Prospekt Wertpapiere öffentlich anbieten, solange deren Gesamtgegenwert weniger als acht Millionen Euro beträgt. Diese Obergrenze gilt für einen Zeitraum von zwölf Monaten. Als Wertpapiere gelten Aktien, Schuldverschrei- bungen (Anleihen) und Zertifikate. Börsennotierte Unter- nehmen können innerhalb von zwölf Monaten Wertpa- piere bis fünf Millionen Euro prospektfrei ausgeben. Pflichten: Voraussetzung für das Angebot ist die Ver- öffentlichung eines Wertpapier-Informationsblatts, das von der Finanzaufsicht Bafin gestattet wurde. Es darf nicht länger als drei DIN-A4-Seiten sein und muss „mindestens die wesentlichen Informationen über die Wertpapiere, den Anbieter, den Emittenten und etwaige Garantiegeber in übersichtlicher und leicht verständlicher Weise“ beinhal- ten. Zusätzlich müssen die Emittenten ihren letzten Jah- resabschluss veröffentlichen. Zielgruppe: Die prospektfreien Wertpapiere dürfen nur von Wertpapierdienstleistungsunternehmen verkauft wer- den. „Nicht qualifizierte“ Anleger dürfen grundsätzlich nur 1.000 Euro, bei mindestens 100.000 Euro Vermögen oder einem höheren Einkommen aber bis zu 10.000 Euro investieren. Bei Emissionen unter einer Million Euro gilt diese Einschränkung nicht. Quelle: Deutscher Bundestag, WpPG 198 www.fondsprofessionell.de | 4/2018 sachwerte I eu-prospektverordnung
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