FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2018

189 www.fondsprofessionell.de | 4/2018 sein. Der Investment Manager Buss Capital, der das Containermanagement übernehmen will, schlägt – nicht uneigennützig – eine pragmatische Lösung vor. Es solle ein Ver- gleich geschlossen werden, in „dessen Rah- men die P&R Equipment & Finance die Con- tainer einschließlich aller Management- oder Mietverträge mit Containerleasinggesellschaf- ten an eine von den deutschen P&R-Gesell- schaften benannte Einheit übergibt und dann im Gegenzug einen Forderungsverzicht von den deutschen P&R-Gesellschaften erhält“. Damit wären die Container laut Buss-Ge- schäftsführer Dirk Baldeweg aus der insol- venzgefährdeten Gesellschaft in der Schweiz herausgelöst, und zugleich hätte P&R Equip- ment & Finance mit den deutschen Gesell- schaften, die ihre größten Gläubiger sind, einen Vergleich gefunden und die Konkurs- gefahr gebannt. Der Haken an der Sache besteht darin, dass die deutschen Insolvenzverwalter nicht frei schalten und walten können, sondern auf die Mitarbeit des seit September inhaftierten P&R-Chefs Heinz R. angewiesen sind. Er ist alleiniger Eigentümer der P&R Equipment & Finance. Die Anteile hat er zwar an die deut- schen Gesellschaften verpfändet, das will R. aber wieder rückgängig machen. Ohne die Pfandrechte ist Jaffé praktisch machtlos und läuft Gefahr, dass die Insolvenzverfahren in Deutschland an die Wand fahren. Denn wenn die Schweizer kein Geld überweisen, haben die deutschen Gesellschaften haben kein nen- nenswertes Vermögen und keine Liquidität. Leere Kassen Um die Insolvenzverfahren am Leben zu halten, könnten die Insolvenzverwalter die Auszahlungen anfechten, die P&R an die An- leger getätigt hat. Auf den Gläubigerversamm- lungen hat Jaffé das auf der einen Seite noch ausgeschlossen. Auf der anderen Seite sagte er aber auch, dass die rechtliche Prüfung noch nicht abgeschlossen sei. Deshalb misstrauen viele Anlegeranwälte Jaffés Versprechen, nicht an die Investoren heranzutreten. Rechtsanwalt Wolfgang Schirp geht fest davon aus, dass der Insolvenzverwalter innerhalb der nächsten 18 Monate mindestens die im März 2018 geleis- teten Auszahlungen von zirka 50 Millionen Euro von den Anlegern zurückverlangt. „Möglicherweise wird der Verwalter sogar versuchen, die volle Vierjahresfrist nach Para- graf 134 der Insolvenzordnung auszuschöp- fen“, befürchtet Schirp. „Falls ein solcher Angriff kommen sollte, werden wir unsere Mandanten dagegen entschlossen verteidigen.“ Konsequenterweise werden auch die für die Pleite Verantwortlichen in die Pflicht genom- men. Bei ihnen dürfte jedoch nicht viel zu holen sein. Die Firmen verfügen kaum über wertvolle Ausstattung, die sich zu Geld ma- chen ließe. Heinz R.s Vermögen soll nur im niedrigen zweistelligen Millionenbereich lie- gen, und Managerhaftpflichtpolicen hatte die Firmengruppe längst eingespart. Abgesehen davon verweigern Versicherer in Betrugsfällen ohnehin die Zahlung. R. sieht sich bereits mit immensen Forderungen von über 900 Millio- nen Euro aus seiner Geschäftsführerhaftung konfrontiert, deshalb ist mit einer Privatinsol- venz des Unternehmers zu rechnen. Dann werden die Gesellschaftsanteile an der P&R Equipment & Finance besonders umkämpft sein, weil der Verwalter der Privatinsolvenz versuchen dürfte, sich die Pfandrechte von den deutschen Gesellschaften zurückzuholen. Vermögenslücke Als Zwischenergebnis lässt sich heute sa- gen, dass Anleger wohl mit hohen Verlusten rechnen müssen. Denn es fehlen rund eine Million Container, und die aus rund 629.000 Boxen bestehende Flotte ist im Schnitt bereits neun Jahre alt. Aktuell ist nicht nur unklar, wem die Container eigentlich gehören (siehe Kasten unten), sondern auch, was das Port- folio wert ist. Immerhin ist die Flotte zu 98 Prozent vermietet. Das ist ein guter Wert und entspricht den aktuellen Marktverhältnissen. Erstaunlicherweise ist Jaffé der Meinung, dass eine Bewertung des Containerportfolios „seriös nicht möglich“ sei. Trotzdem legte er eine Prognoserechnung vor, die Anlegern Hoffnung macht. Der Kalkulation zufolge Dirk Baldeweg, Buss Capital: „Die Container und Miet- verträge sollten auf eine neue Gesellschaft übergehen.“ Wem gehören die Container? Fehlender Nachweis: Spannend ist die Frage, wem die Container gehören und welche Rechte die Anleger mit ihren Investments erworben haben. Denn Eigentümer der finanzierten Container sind sie nach Ansicht der Insol- venzverwalter nicht (siehe FONDS professionell 3/2018, Seite 204). Auf den Gläubigerversammlungen erklärte Insolvenzverwalter Michael Jaffé, dass die Investoren nicht Eigentümer seien, weil sie erstens darüber keinen Nach- weis führen könnten, zweitens keine Identifikation der Con- tainer und keine Eigentumsübergabe stattgefunden habe und drittens die Reihenfolge der Eigentumsverhältnisse ab Auslieferung durch den Hersteller nicht anführen könn- ten. Außerdem seien alle Container bei P&R nicht oder nicht ordentlich einzelnen Anlegern zugeordnet worden. Eigentumszertifikate: Das gelte auch für die sieben Prozent der Anleger, die Eigentumszertifikate vorlegen können. „Das Zertifikat ist nur eine Quittung, aber keine Eigentumsübertragung“, meint Jaffé. Deshalb hätten die Anleger aus der in den P&R-Unterlagen vorgesehenen Sicherungsabtretung auch keine wirksamen Ansprüche gegen die P&R Equipment & Finance in der Schweiz. Allerdings haben die deutschen Gesellschaften laut Jaffé vertragliche Ansprüche gegen die eidgenössische Con- tainerfirma, die P&R-Gründer Heinz R. privat gehört. Problem: Trotzdem stehen die Insolvenzverwalter vor einem Dilemma: Mit denselben Argumenten, die sie gegen die Anleger anführen, dürften auch die insolventen deut- schen P&R-Gesellschaften nicht Eigentümer der Container sein. Tatsächlich befinden sich die Boxen laut Jaffé weder bei P&R Finance & Equipment in der Schweiz noch bei den deutschen Firmen im Anlage- und Umlaufvermögen. Das wirft brisante Fragen auf: Was passiert, wenn die P&R Equipment & Finance Konkurs anmeldet? Welche Her- ausgabeansprüche haben die deutschen Gesellschaften gegen die Schweizer Firma? Und woraus besteht dann die Insolvenzmasse der deutschen Gesellschaften? Kritik: Jaffé beantwortete diese Fragen in den Gläubiger- versammlungen nicht oder ausweichend. Ob die geplante „koordinierte Verwertung“ der Container umgesetzt werden kann, ist zweifelhaft. „Aus allen Äußerungen der Insolvenz- verwalter muss abgeleitet werden, dass die deutschen P&R-Gesellschaften selbst kein Eigentum an den Contai- nern erlangt und auch keine sonstigen durchsetzbaren Herausgabeansprüche gegen P&R Equipment & Finance haben“, sagte Jan Schoop von der Kanzlei GGV. Bemer- kenswert sei die Aussage der Insolvenzverwalter, dass „die Eigentumsfrage letztendlich nicht nach rechtlichen Kri- terien, sondern am Sachverhalt entschieden“ werde.

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=