FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2018

rechne ich nach der aufgewendeten Zeit ab. Ich betrachte das eher wie bei einem Fliesenleger, der pro Quadratmeter verlegte Fliesen ab- rechnet, egal ob es sich dabei um goldene oder einfache Keramikfliesen handelt. Dem Provisionsberater oder dem Verkäufer in der Bank ist es keineswegs egal, ob sein Kunde 10.000 oder eine Million Euro anlegen möchte. Dort sind Skaleneffekte und vor al- lem die Notwendigkeit, verkaufen zu müs- sen, sehr viel größer. Machen wir uns doch nichts vor: Der Berater in einer Bank ist im- mer noch Verkäufer und kein Berater. Wer das abstreitet, den nehme ich gern mal mit in eine Bank. Dort geht es nach wie vor nur umAusgabeaufschläge und Provisionen, die verdient werden müssen. Haas: Dem würde ich insofern widersprechen, als die meisten Banken bereits begonnen haben, ihre Beratungsprozesse umzustellen. Die Zeit, da das Produkt der Woche verkauft wurde, ist lange vorbei. Die Notwendigkeit, verkaufen zu müssen, ist in Teilen gar keine Möglichkeit mehr, wenn wir uns die Regularien anschauen. Ich kann nicht mehr einfach verkaufen. Früher mag das so gewesen sein, aber die heutigen Beratungsprozesse, wie sie regulatorisch prak- tisch erzwungen wurden, machen ein reines Verkaufen im früheren Sinne sehr schwierig, schließen es gar aus. Auch in der Bankbe- ratung hat sich schon eine Menge verändert. Die Frage Honorarberatung versus eingebet- tete Provision ist noch mal ein ganz anderes Thema, aber auch da hat die Regulierung ja schon dazu geführt, dass totale Transparenz hergestellt wird, bevor ich tatsächlich eine Transaktion abschließe. Ich glaube zwar, dass man im IFA-Markt vielleicht noch hin- terherhinkt, weil die Regulatorik nicht ganz so hart zugeschlagen hat. Aber jede größere Bank in diesem Land hat sich längst auf ein völlig anderes Umfeld eingestellt. Schmidt: Dennoch würde ich bezweifeln, dass in einer Bank eine wirklich unab- hängige Beratung stattfinden kann. Fakt ist, dass die Bankberater in der Fläche immer noch Vertriebsziele haben und an ihren Provisionserlösen gemessen werden. Alles andere funktioniert auch in der Bank nicht. Ich kenne zumindest genügend Vorstände von Sparkassen, die mir erklären, dass eine Umstellung auf Honorarberatung in ihrem jeweiligen Institut überhaupt nicht möglich wäre. Deshalb will ich auch gar nicht erst dafür plädieren, dass Banken auf Honorar- beratung umstellen sollen. Aber über den tatsächlichen Mehrwert eines aktiv gemanagten Aktienfonds nachzudenken muss erlaubt sein. Deswegen stellt sich gar nicht die Frage, ob ein Beratungsansatz mit aktiven oder jener mit passiven besser oder schlechter ist. Die Frage, die sich für mich stellt, ist: Wo liegt der tatsäch- liche Mehrwert von aktiven Strategien? Denn wir wissen alle, wie schwer es ist, sich als akti- ver Fondsmanager, der falschgelegen hat, von einem Missgriff zu erholen. Ulrich Zorn (CSR Beratungsgesellschaft): Bei der Frage nach Mehrwerten darf ich vielleicht kurz einhaken. Mir kommt bei der Frage aktiv oder passiv nämlich die Berücksichtigung des Risikos viel zu kurz. Wir haben mit unserem auf deutsche Aktien ausgerichteten Aktienfonds eine im Vergleich zu einem Dax-ETF leicht schlech- tere Performance erzielt, was angesichts höherer Gebühren kaum verwundern kann. Was wir al- lerdings im Kundengespräch verdeutlichen, ist, dass diese Performance mit ungefähr dem hal- ben Risiko im Vergleich zum Dax Index erzielt werden konnte. Das wissen unsere Investoren durchaus zu schätzen. Aus diesem Grund kann man die Frage nach dem eingegangenen Risiko meines Erachtens in der Diskussion um aktives oder passives Investieren nicht einfach so aus- blenden. Thorsten Schrieber (DJE Kapital): Ich glaube sagen zu können, dass unser Haus zu den viel- leicht fünf oder zehn wirklich aktiven Fondsma- nagern in Deutschland gehört. Und dabei spre- che ich nicht von ein paar Ticks oberhalb oder unterhalb der Benchmark, weil wir tatsächlich einige beträchtliche Wetten in unseren Fonds eingehen und zudem eine aktive Quotensteue- rung betreiben. Deswegen verteufeln wir noch lange nicht die ETF-Branche. Auch wir sehen natürlich, dass da ein Mitbewerb herangewach- sen ist, der uns allerdings gar nicht so sehr trifft. Was wir schon sehen, das sind eher die Risiken, die in der ETF-Szene oder auch der Indexfonds- welt stecken. Wir haben nun zehn Jahre Börsenhausse hinter uns, und letztlich be- deutet ein Indexinvestment nichts anderes, als dass ich in die Marktschwergewichte in- vestiere, ohne dass ich nach der Sinnhaftig- keit der einzelnen Aktie frage, und ohne zu fragen, ob sie überbewertet oder unter- bewertet ist. Und wir glauben schon, dass wir in der Lage sind, solche Bewertungs- fragen mit unserem eigenen Analystenteam herausarbeiten zu können und darüber auch einen echten Mehrwert für unsere Kunden zu generieren. Heuser: Aber auch bei Ihnen als aktivemMa- nager hat es doch immer Schwächephasen gegeben, die unter Umständen auch mal zwei oder drei Jahre dauern konnten. Schrieber: Natürlich hat es solche Phasen gegeben, in denen wir hinterhergehinkt sind. Aber wenn ich unser ältestes Produkt nehme, das bereits 31 Jahre am Publikumsfondsmarkt ist, dann haben wir einen globalen Aktienfonds mit einer Durchschnittsrendite von 8,6 Prozent gegenüber der Benchmark von zirka vier Pro- Sascha Specketer (Invesco): „Wir als Fondsgesellschaften haben im Grunde in vielerlei Hinsicht unsere Preisset- zungsmacht komplett verloren.“ 130 www.fondsprofessionell.de | 4/2018 roundtable I aktiv/passiv Fotos: © Christoph Hemmerich » Den Preis für einen Fonds setzen im Grunde andere für uns fest, nämlich unsere Vertriebspartner, die Plattformen und die Depot- banken mit ihrem jeweiligen Anteil an den Gesamtkosten. « Sascha Specketer, Invesco

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