FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2018

95 www.fondsprofessionell.at | 4/2018 dung an aktiv gemanagte Produkte noch sehr viel stärker. Bei den jüngeren Makler, die zum Teil auch mit sehr dynamisch gemanagten De- pots oder im Bereich Robo-Advice arbeiten, ist der Einsatz passiver Produkte logischerweise durchaus sehr viel höher. Sebastian Külps (Vanguard): Meine Erfahrung ist eine ganz andere, denn wir erleben es bisher nicht so, dass man auch in der Provisions- beratung schon überlegt, ob zum Beispiel be- stimmte Märkte nicht besser passiv abgebildet werden sollten. Es gibt immer wieder Kunden- segmente, bei denen man das Gefühl hat, dass diese mit dem Thema ETFs lieber nichts zu tun haben möchten. Wenn Sales-Leute dann bei unabhängigen Vermögensberatern argumentie- ren, man müsse doch lösungsorientiert denken und dem Kunden letztendlich das anbieten, was für ihn am ehesten wirklich zielführend ist, kommmt immer noch relativ häufig das Feed- back, dass viele Vermittler nie einen ETF einset- zen würden. Christian Machts (Blackrock): Wir erleben das durchaus etwas differenzierter. Grundsätzlich sind gerade die Privatkundenkanäle eines der größten Wachstumssegmente im Bereich der passiven Produkte. Wir sehen schon seit vielen Jahren, dass in der Endkundenberatung ETFs in den verschiedensten Formen allokiert werden. Die meisten Vertriebskanäle in diesem Be- reich haben inzwischen entsprechende All- in-Fee-Modelle implementiert, die ganz an- dere Preisstrukturen ermöglichen. Das hat dazu geführt, dass dort durchaus auch ETFs problemlos eingesetzt werden können. Es kommt aber noch ein weiterer Aspekt hin- zu: In der aktuellen Situation ist der ETF als Produkt an sich beim Endkunden überaus positiv besetzt. Daher kommt man als Finanzvertrieb heute kaum noch um das Thema herum. Darauf müssen Vertriebe sich einstellen. Wir haben im Gespräch mit Vertriebspartnern zudem seit vielen Jahren sehr gute Erfahrungen mit einer Strategie ge- macht, die wir nach dem entsprechenden engli- schen Begriff für Hantel als Barbell-Strategie bezeichnen. In jenen Bereichen, in denen man bewusst das maximale Marktexposure sucht, kommen ETFs zum Einsatz, auf der anderen Seite ergänzt durch erstklassige aktiv gemanagte Fonds, aber auch sogenannte Liquid Alternatives für ein möglichst marktneutrales Exposure, das am besten in jeder Marktphase ein attraktives Ergebnis abliefert. Die Erfahrung zeigt, dass Kunden bereit sind, für eine solche Strategie auch einen entsprechenden Preis zu zahlen. Das bedeutet aber auf der andere Seite, dass es für den traditionell gemanagten Europa- Aktienfonds, der 180 Basispunkte dafür berechnet, dass er mal den Markt schlägt, aber über manche Strecken eben auch mal nicht, sicherlich zu einer Marktbereinigung kommen wird. Diese Entwicklung hat ge- rade im laufenden Jahr noch einmal massiv an Geschwindigkeit zugenommen, sodass für viele aktiv gemanagte Produkte, die sich in einem Bereich bewegen, in dem sie nicht nachgewiesenermaßen einen wirklichen Mehrwert, echtes Alpha für die Kunden er- zielen können, die Luft einfach immer dün- ner wird. Ferdinand Haas (DWS): Wir sollten bei der Diskussion allerdings im Hinterkopf behal- ten, wo wir eigentlich in Bezug auf die historische Perspektive herkommen und warum wir heute in einer Situation sind, in der der Investmentfonds im Schnitt, sagen wir, 150 Basispunkte kostet, und vor allem, warum dieser Preis relativ starr und offen- bar kaum veränderbar ist. Denn eigentlich müsste sich die Frage nach aktiv oder passiv doch relativ problemlos über die rei- ne Preiswertigkeit fast von selbst entschei- den. Im Bereich der institutionellen Investoren funktioniert das auch genauso. Was dazu geführt hat, dass die Preise im puren passiven Bereich inzwischen bei null angekommen sind und nur noch über aktive Mandate überhaupt Geld ver- dient werden kann. Der Grund, warum sich die Gebührengestaltung im Bereich der aktiv gema- nagten Publikumsfonds kaum verändern lässt, ergibt sich eben aus dem Vertriebsmodell. Aus- gabeaufschlag plus Beteiligung an den Retrozes- sionen, das war die große, wundervolle Erfin- dung der Fondsbranche, die ihr heute sozusagen zum Fluch wird, nämlich durch die Unfähigkeit, abzurücken von Ausgabeaufschlag und Retro- zession. Deshalb glaube ich, dass es interessant ist, in Märkte wie Großbritannien zu schauen. Mit der Umsetzung der sogenannten Retail Distribution Review, kurz RDR, entstand plötzlich eine Tendenz zu transparenten Ge- bührenmodellen, wodurch eine gewisse Ba- lance zwischen aktiven und passiven Pro- dukten wiederhergestellt wurde. Auch die Entwicklung in den USA ist interessant, wo man inzwischen wieder weggeht vom puren passiven Modell und hin zu Smart-Beta-Lö- sungen, was ja nichts anderes ist als eine Light-Version aktiven Managements. Ich glaube, die wirklich interessante Diskussion in den nächsten Jahren wird sich darum dre- hen, für wie viel Geld und mit welchen Ge- bührenmodellen ich als Berater welche Strate- gien verkaufen kann. Heuser: Herr Schmidt, Sie können als Honorarberater offenbar durchaus ohne ein Vertriebsmodell leben, das auf Provisionen basiert. Alexander Schmidt (Honorarberater): Das ist richtig. Mir ist es im Prinzip vollkommen egal, ob mir jemand 10.000, 100.000 oder eine Mil- lion Euro auf den Tisch legt. Meine Beratung Ferdinand Haas (DWS): „Eigentlich müsste sich die Frage nach aktiv oder passiv relativ problemlos über die reine Preiswertigkeit fast von selbst entscheiden.“ » Der Grund, warum sich die Gebührengestaltung im Bereich der aktiv gemanagten Publikumsfonds kaum verändern lässt, ergibt sich aus dem Vertriebsmodell. « Ferdinand Haas, DWS

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