FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2018

Foto: © sitthiphong | stock.adobe.com D ie europäische Fondsindus- trie wagt den Einstieg in ei- ne technische Revolution. In wenigen Wochen könnten be- reits die ersten markttauglichen Plattformen den Kauf von Fonds- anteilen über die Blockchain ab- wickeln. Prozesse, die bisher Tage dauern, würden dann auf Sekunden reduziert. Vorreiter aus Luxemburg Zumindest drei aussichtsreiche Projekte liefern sich derzeit ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die Marktreife. Dazu zählt FundsDLT. Das Unternehmen aus Luxemburg transferierte nach Eigenangaben 2017 welt- weit erstmals real Fondsanteile zwischen einem Asset Manager (Natixis) und Investo- ren über die Blockchain. Die Plattform soll im ersten Quartal 2019 live gehen, sagt Paolo Brignardello, einer der Verantwortlichen. Er ist Produktchef des Fintechs Fundsquare (eine Tochter der Börse Luxemburg), das FundsDLT gemeinsam mit InTech, einer Tochter der Luxemburger Post, und KPMG Luxemburg umsetzt. Der Clou von FundsDLT – und anderen Abwicklungsplattformen auf Blockchainbasis: Die einzelnen Protagonisten (vomAsset Ma- nager über das Zahlungskonto bis zur Depot- bank) müssen nicht mehr wie bisher Zug um Zug vorgehen und stets warten, bis die jeweils vorherige Stelle bestätigt, dass Geld oder Wertpapiere wirklich auf dem Weg sind. Auf einer Blockchain werden vielmehr sämtliche Informationen augenblicklich an alle ver- bundenen Teilnehmer übermittelt: Sobald die Antigeldwäscheprüfung positiv abgeschlossen ist, löst das bei allen Akteuren gleichzeitig den nötigen Schritt aus. „Wenn Sie in einen Fonds investieren, erkennt das System automatisch, ob das Geld ankommt, und verarbeitet die Order. Die Anteile werden Ihnen sofort gut- geschrieben. Bisher dauerte das drei bis fünf Tage“, so Brignardello. FundsDLT stellt nur die Blockchaininfra- struktur zur Verfügung, nicht jedoch Endkun- den-Apps. Ein Retailkunde würde also über das gewohnte Portal seiner Bank oder Ver- triebsplattform einsteigen, diese ist aber über eine Schnittstelle mit FundsDLT verbunden. Vertriebsplattform ade! In der FundsDLT-Pipeline loten derzeit „mehr als zehn große europäische Asset Ma- nager“ neue Vertriebsmodelle aus, so Brignar- dello, der keine Namen nennt. Die Gesell- schaften verfolgen dabei zwei Ansatzpunkte: Zum einen machen sie bestehenden Interme- diären (Banken, Versicherungen) die Block- chainabwicklung schmackhaft; beide Seiten würden Backoffice-Kosten sparen. Vielleicht noch wichtiger ist aber, dass diese Technik den Fondsgesellschaften den Direktvertrieb erleichtert. Damit würden sie Vertriebsplatt- formen umgehen. Es reicht eine App des Asset Managers, die technisch simpel an die FundsDLT-Infrastruktur ankoppelt, wo alles Weitere erledigt wird. „Dieser Bedarf der Direktannäherung an den Kunden existiert be- reits sehr stark. Viele Asset Manager fragen uns danach“, so Brignardello. Die Kostenersparnis ermögliche auch neue Produkte, die sich unter aktu- ellen Bedingungen nicht rechnen. „Wir testen mit Klienten fondshin- terlegte Sparlösungen, wo ein Re- tailkunde Kleinstbeträge wie zehn Euro regelmäßig investiert. Heute gibt es kaum Möglichkeiten, so wenig Geld so anzulegen, dass es wächst. Denn die organisatorischen Kosten würden den Wert des Investments aufzehren. Mit einer Blockchainlösung könnten die zehn Euro direkt in den Fonds flie- ßen“, erklärt Brignardello. Rivalen Setl und Calastone Ein großer, ähnlich konzipierter Konkurrent ist das britische Blockchainunternehmen Setl. An Setls Fondsplattform Iznes sind die sechs französischen Asset Manager Ofi, Groupama, Lyxor, Financière de l’Échiquier, Arkéa und La Banque Postale als Investoren beteiligt. Mehr als zwei Dutzend große Namen arbeiten als Entwicklungspartner mit – etwa Amundi, Allianz oder M&G. Auch auf Iznes sollen Marktteilnehmer Geld und Assets bald direkt – ohne traditionelle Transferagenten – unter- einander austauschen. Die kommerzielle Ver- sion soll Ende 2018 oder Anfang 2019 starten. Setl ist ein schlagkräftiges Fintech: Es erhielt diesen Oktober vom französischen Börsen- regulator die Erlaubnis, eine zentrale Verwahr- stelle zu führen. Ein Zentralverwahrer tauscht das Geld am Markt in Wertpapiere. Setl agiert damit auf Augenhöhe mit Giganten wie Clearstream und darf an die „Target2-Secu- rities“-Plattform andocken, auf der der Wert- papierhandel im Euroraum abgewickelt wird. Dieses „Okay“ der Regulatoren zeigt, wie sehr die Blockchain im traditionellen Finanz- leben akzeptiert wird. Erwähnenswert ist schlussendlich noch Calastone. Der globale IT-Anbieter für die Fondsabwicklung kündigt ebenfalls an, dass 2019 die wichtigsten Teile seines Transak- tionsnetzwerks in eine Blockchaininfrastruktur überführt werden sollen. EDITH HUMENBERGER-LACKNER | FP Die Blockchain steht vor dem Durchbruch in der Fondsindustrie. Erste Vermögens- verwalter wollen mit Beginn 2019 die Technologie kommerziell nutzen. Bereit für die Revolution » Wenn Sie in einen Fonds investieren, erkennt das System automatisch, ob das Geld an- kommt. Die Anteile werden Ihnen sofort gutgeschrieben. Bisher dauerte das drei bis fünf Tage. « Paolo Brignardello, Fundsquare/FundsDLT Die Blockchain vernetzt ihre Teilnehmer unmittelbar. Asset Managern eröffnet das die Möglichkeit, den Direktvertrieb anzukurbeln. 222 www.fondsprofessionell.at | 4/2018 vetrieb & praxis I blockchain

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