FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2018
172 www.fondsprofessionell.at | 4/2018 fonds & versicherung I fondspolizzen M anfred Rapf, Vorstand der Wiener Städtischen Versicherung, merkte im Rahmen einer Podiumsdiskussion bei der diesjährigen FMA-Aufsichtskonferenz an, dass die Priip-Verordnung grottenschlecht sei und es sehr viel Nachbesserungspotenzial gebe. Er ist damit nicht der einzige Vertreter der Versicherungsbranche, der seinem Ärger über die „Verordnung über Basisinformations- blätter für verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger und Versicherungsanlagepro- dukte“ freien Lauf lässt. Die seit 1. Jänner umzusetzende Verordnung schreibt vor, dass den Kunden beim Verkauf von Versicherungs- anlageprodukten Basisinformationsblätter (BIBs) auszuhändigen sind. Diese dürfen nicht mehr als drei DIN-A4-Seiten umfassen und müssen alle wesentlichen vorgegebenen Informationen zu diesem Produkt in standar- disierter und vergleichbarer Form enthalten. Die Branche kritisiert, dass diese Informa- tionsblätter nicht auf die individuelle Situation des Kunden eingehen und ihn eher ab- schrecken als ihm helfen. Im Vorfeld befürch- tet man, dass sich die Verordnung negativ auf den Vertrieb der Lebensversicherungen aus- wirken wird. Ein Dreivierteljahr später wollte FONDS professionell daher wissen, wie sich die Priip-Verordnung bisher auf die Praxis auswirkt. Acht von zehn befragten Versiche- rungen gaben dabei an, dass sie bis jetzt keine negativen Auswirkungen auf den Absatz im Fondspolizzengeschäft wahrgenommen ha- ben. Bei der APK-Versicherung erklärt man etwa in diesem Zusammengang: „Der Bera- tungsprozess als solches ist für den unabhän- gigen Berater komplexer geworden, jedoch hatte dies bis auf die administrativen Mehr- aufwendungen keine Auswirkungen auf den Vertrieb.“ Etwas mehr ins Detail geht dann Johanna Bröcker, Leiterin der Produktent- wicklung bei Standard Life Deutschland und Österreich: „Grundsätzlich begrüße ich das Anliegen der Aufsicht, die Transparenz für Kunden zu erhöhen. Allerdings haben die ein- geführten Priip-Dokumente eher mehr Fragen als Antworten für Berater und ihre Kunden aufgeworfen. In einem Beratungsgespräch wird klassisch über die Art des Produkts in- formiert und dabei die dazugehörige Modell- rechnung genutzt. Schwer verständlich sind neben den darzustellenden vier Performance- szenarien auch die Kosten. Fondspolizzen ha- ben zu Eigen, dass sie meist mehr als nur ein Investment zur Verfügung stellen. Die Verord- nung beschreibt mehrere mögliche Darstel- lungswege, lässt bei den Berechnungsverfah- ren aber auch Punkte komplett offen bezie- hungsweise lässt sie im Ermessensspielraum des Anbieters. Dadurch konterkariert sich die ursprüngliche Idee, denn es ist nur sehr schwer möglich, Produkte miteinander zu ver- gleichen. Bis dato finden die neuen BIBs im täglichen Einsatz kaum Beachtung.“ Datenlieferung In der Praxis müssen viele Informationen, die in den BIBs enthalten sind, ohnehin von den Fondsgesellschaften zugeliefert werden. Dies sorgte im Vorfeld für Unruhe, da die Ver- sicherungen befürchteten, dass die Fondsan- bieter die Daten nicht rechtzeitig liefern wer- den können. Über die Zusammenarbeit mit den Fondsanbietern befragt, zeigen sich aktu- ell jedoch immerhin acht von zehn Versiche- rungen durchaus zufrieden. „Die Zusammen- arbeit mit den Fondsgesellschaften verlief kooperativ und friktionsfrei, alle Anbieter haben die erforderlichen Informationen gelie- fert“, erklärt man etwa bei der Nürnberger Versicherung. Da ein Fondsverkauf ohne die für die Priip-Blätter notwendigen Informatio- nen rechtlich unmöglich wäre, liegt es natür- lich auf der Hand, dass die Fondsgesellschaf- ten ein großes Interesse an der Zusammenar- beit haben. Was passiert, wenn diese nicht funktioniert, bringt Gerhard Heine, Leiter Maklervertrieb der Wiener Städtischen Versi- cherung, auf den Punkt: „Für den Fall, dass nicht ausreichend Daten zur Verfügung ge- stellt werden können, wird der Fonds aus dem Angebot genommen.“ In der Praxis ist dann auch nicht alles ganz so rund gelaufen. So schildert Bröcker: „Anfänglich waren der Inhalt der Verordnung und dadurch auch der Umfang sowie die Berechnungsmethoden für viele neue Kennzahlen unbekannt. Auch die Bereitschaft zu Bereitstellung der Daten war bei vielen Gesellschaften nicht vorhanden. Das Verständnis, dass Produktanbieter die In- vestmentfonds als mögliche Anlageoptionen anbieten, ist nun bei fast allen Gesellschaften vorhanden, sehr viele stellen entsprechende Daten zur Verfügung. Herausforderungen gibt Foto: © DOC RABE Media | adobe.stock.com Gefüllte Produktpipeline Die heimischen Lebensversicherungen setzen derzeit stark auf die fondsgebundene Lebensversicherung – etliche Gesellschaften haben neue Produkte auf den Markt gebracht oder planen derzeit neue Polizzen. Die Fondspolizzenanbieter zeigen sich trotz der strenger werdenden Regulierung entspannt und sind zufrieden mit dem Absatz – einige planen neue Produkte.
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