FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2018

Die Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD hat die Branche dieses Jahr herausgefor- dert: Eine heikle Frage sind noch immer die Provisionen. Die FMA hat keine Vor- gaben gemacht und wartet anscheinend, wie die Branche sich verhält. Wie haben Sie Ihre Vergütungssysteme angepasst? Die FMA hat für nächstes Jahr zwei Schwer- punkte angekündigt: IDD und IT. Schauen wir mal. Wir sind davon überzeugt, dass wir es richtig machen. „Staffelprovisionen“ zum Beispiel, wo man gewisse Schwellen er- reichen muss, das geht nicht mehr. Wir haben jetzt qualitative Kriterien, die der IDD ge- nügen. Die Wiener Städtische hat kürzlich ein Schuldscheindarlehen der Asfinag via Blockchain gekauft. Erörtern Sie auch andere Möglichkeiten – etwa dass die Blockchain im eigentlichen Versiche- rungsbereich eingesetzt wird? Die Blockchain-Technologie ermöglicht es, sehr einfach und effizient Transaktionen zwi- schen mehreren Parteien abzuwickeln. Vor diesem Hintergrund wird uns das auch in Zukunft beschäftigen. Wir wollten mit diesem Kauf einfach lernen. Wenn wir glauben, dass es in anderen Bereichen Sinn ergibt, dann werden wir eine derartige Technologie einset- zen. Wir haben keine Blockchain-Offensive, aber wir beobachten die Entwicklung. Die Wiener Städtische ist 194 Jahre alt, Wo wollen Sie den 200er feiern?Als Chef in der Wiener Städtischen oder im Wie- ner Städtischen Versicherungsverein? Jedenfalls im Ringturm. Möchten Sie prinzipiell in diese höchste Ebene wechseln? Ich bin beruflich sehr glücklich, alles andere ist nach Elton John: „Circle of Life“. Man sieht Sie oft bei sozialen Veranstal- tungen, das ist eine der Zuständigkeiten des Vereins, da würde so eine Position passen. Sind Sie ein politischer Mensch? Ich bin ein politisch interessierter Mensch. In der Gesellschaft muss darauf geachtet werden, dass jenen geholfen wird, denen es nicht so gut geht. Wir haben ja auch als Versicherung sehr gute Partnerschaften mit karitativen Or- ganisationen. Die Aktion „Pflegerin mit Herz“ bedeutet mir viel, der „Social Active Day“, wo man einen Tag für soziale Arbeit freibekommt, auch. Da habe ich eine Weihnachtsveranstal- tung in einem Pflegeheim organisiert … … und selbst was aufgeführt? Ich habe Gedichte gelesen. Wie ist es angekommen? Ich hab das mit zwei Kollegen gemeinsam gemacht, die auf der Gitarre Weihnachtslieder begleitet haben. Es ist gut angekommen … das Singen mehr, da haben alle mitgesungen. Eine Versicherung beschäftigt sich mit der Absicherung individueller Risiken. Wenn man einen größeren Blick auf die Gesellschaft wirft, wenn man Postings unter Zeitungsartikeln, Einträge in sozialen Medien oder Wahlergebnisse anschaut, sieht man viel Verunsicherung, Polarisierung, Zukunftsängste. Muss man sich um die Gesellschaft als solche Sorgen machen? Meine Sorgen in dem Zusammenhang sind größer geworden. Die Gesellschaft entso- lidarisiert sich immer mehr. Das ist eine Entwicklung, die ich nicht gut finde. Es ist ja auch auf europäischer Ebene so, dass es weniger Solidarität gibt. Einer gegen den anderen. Ich würde mir mehr Solidarität wünschen. Sie haben letztes Jahr den Titel Kom- merzialrat verliehen bekommen … Ach … … ich frage, weil eine Begründung lautete, Sie hätten fast Ihr gesamtes bis- heriges Berufsleben der Versicherung gewidmet. Aus heutiger Sicht: Welcher Idee würden Sie Ihr berufliches Herzblut opfern? Versicherung. Es gibt meines Erachtens nichts Interessanteres. Man ist in jedem Lebens- bereich verankert – von Wohnung bis Leben und Krankheit. Man muss das rationale Geschäft der Versicherung natürlich zuerst einmal verstehen. Aber dann lässt sie einen nicht los. Der Titel Kommerzialrat behagt Ihnen offenbar nicht so. Welchen Titel würden Sie stattdessen gern mal bekommen? Behagen … das ist es gar nicht. Natürlich bin ich stolz darauf, ein wenig wird einem aber das Älterwerden vorgehalten. Ich bin mit „Herr“ zufrieden. Ich brauche auch keinen Generaldirektor. Vielen Dank für das Gespräch. EDITH HUMENBERGER-LACKNER | FP » Ich bin mit ,Herr‘ zufrieden. Ich brauche auch keinen Generaldirektor. « Mag. Robert Lasshofer, Wiener Städtische Foto: © Günter Menzl Robert Lasshofer: „Die Gesellschaft entsolidarisiert sich immer mehr. Das ist eine Entwicklung, die ich nicht gut finde. Es ist ja auch auf europäischer Ebene so, dass es weniger Solidarität gibt. Einer gegen den anderen.“ fonds & versicherung I rober t lasshofer | wiener städtische 170 www.fondsprofessionell.at | 4/2018

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