FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2018

Wiener Städtischen beziehungsweise zur VIG gehörte? Es waren trotzdem zwei Einheiten. Zwei gro- ße Versicherer zu verschmelzen, da gab es einige Aufgaben. Es fand ja ein Konsulta- tionsprozess in Europa statt, wo alle nationa- len Aufsichtsbehörden ein Mitspracherecht hatten. Wir sind zwar in Europa, aber es wird unterschiedlich vorgegangen (lacht). Die Grie- chen wollten, dass wir vor der Fusion An- noncen in griechischen Zeitungen schalten. Die Niederländer danach auch … Ein Amtsblatt … Ja. Es war nicht unkompliziert, aber wir ha- ben uns dem mit Begeisterung gestellt (lacht). Was fehlt noch, um die beiden Unterneh- men organisatorisch zu vereinen? Wir müssen sicherstellen, dass der bisherige Erfolg der S Versicherung ausgebaut wird. Das ist auch ein Grund, warum wir die Marke weiterführen wollen. Sie ist gut eingeführt und stiftet hohe Identität. Was zu tun ist: Wir haben mit ausgewählten Sparkassen und der Erste Bank einen intensiven Test gemacht, um zu sehen, welche Produkte gut laufen. Viele Versicherungsprodukte sind ja komplementär zu Bankprodukten: etwa eine vinkulierte Eigenheimversicherung zum Hypothekarkre- dit oder Kfz-Haftpflicht und Kasko zum Kfz- Leasing. Die private Krankenversicherung passt auch sehr gut in die Produktwelt der Bank. Wichtig ist uns, dass das keine Fusion ist, die auf das Thema Kosten runterzubrechen ist. Die beiden Unternehmen passen zusam- men. Die Banken wollen andere – Nicht- lebensprodukte – vertreiben und damit Provi- sionseinnahmen erzielen. Natürlich brauchen wir kein doppeltes Rechnungswesen mehr, keine zwei Bilanzen, keine gesonderte Risi- ko- und Solvabilitätsbeurteilung. Aber die Kosten sind nicht die primäre Stoßrichtung. Wie wird sich dann die Produktpalette verändern? Stehen Doppelgleisigkeiten zur Diskussion? Es gibt Nichtlebensprodukte, die für den Bankschalter maßgeschneidert wurden. Das war auch Teil des Tests. Wenn wir merken, dass eine Veränderung notwendig ist, dann werden wir diese auch vornehmen – das gilt für den Bankschalter genauso wie für andere Vertriebskanäle. Wie hoch ist eigentlich das „Risiko“ der Marke S Versicherung? Sollten die Spar- kassen als Partner aussteigen, müsste die Wiener Städtische die Marke „umbran- den“, wenn sie nicht unfreiwillig für einen Expartner Werbung machen will. Der Vertrag mit der Erste Group wurde bis 2033 verlängert. Die Chance ist für uns das Wesentliche. Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Kooperation irgendwann nicht mehr funktionieren sollte. Eher das Gegenteil. Die beiden Gruppen sind geografisch ähnlich aufgestellt, haben eine ähnliche Gründungs- geschichte, vertreten gemeinsame Werte. Und die Erste Group ist digital stark. Beim On- linebanking George kann man sich sehr viel überlegen, wie man das intensiviert. Die S Versicherung besitzt wie die Wie- ner Städtische Anteile an der VBV Pen- sionskasse. Gemeinsam sind es nun über 20 Prozent. Gleichzeitig bieten beide die betriebliche Kollektivversicherung an, eine Konkurrenz. Bleibt die VBV? Wettbewerb macht fröhlich. Natürlich gibt’s Wettbewerbssituationen zwischen betriebli- cher Kollektivversicherung und Pensionskas- sen. Am Ende entscheiden die Kunden. Wie wird 2018 für die Städtische nach dem Prämienminus im Leben 2017? Wir sind im Halbjahr mit ungefähr der Infla- tionsrate gewachsen. Wir haben ein Prämien- wachstum von 1,8 Prozent. In der Schaden-/ Unfallversicherung sind es 1,7 Prozent, bei Kfz 2,5 und bei Nicht-Kfz 1,3 Prozent. Die Krankenversicherung wächst stark mit 3,5 Prozent, Leben ungefähr mit 0,76 Prozent. Robert Lasshofer kann über den Fusionsprozess rückwirkend auch schmunzeln: „Es war nicht unkompliziert, aber wir haben uns dem mit Begeisterung gestellt“, sagt er zu unerwarteten nationalstaatlichen Begehren. » Wettbewerb macht fröhlich. Natürlich gibt’s Wettbewerbssitua- tionen zwischen der betrieblichen Kollektivversicherung und den Pensionskassen. Am Ende entscheiden die Kunden. « Mag. Robert Lasshofer, Wiener Städtische Foto: © Günter Menzl Mag. Robert Lasshofer Jahrgang 1957, leitet seit 2010 die Wiener Städtische Versicherung AG als Vorstandsvorsitzender und General- direktor. Seit 1999 ist er bereits Vorstandsmitglied. Ein Jahr davor war Lasshofer vom Finanzvertrieb AWD in den Vorstand der Donau Versicherung gewechselt, die wie die Wiener Städtische eine Tochter der Vienna Insurance Group (VIG) ist. Der studierte Volkswirt startete seine Finanzkarriere 1983 in der Bank Austria. Dort war er auch für die Union Versicherung tätig. Diese ging zuerst in der BA-CA Versicherung auf (die Mehrheit hielt die Wiener Städtische) und dann in der Ergo. fonds & versicherung I rober t lasshofer | wiener städtische 168 www.fondsprofessionell.at | 4/2018

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