FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2018
gleichzeitig aus der gleichen Tür herauszukom- men versuchen, oder auch das Thema Wertpa- pierleihe, das zum Teil sehr extensiv betrie- ben wird, ganz zu schweigen von Kontra- hentenrisiken, die in bestimmten Derivativ- strukturen stecken. Das alles lässt sich nicht mit drei Basispunkten in einem ETF ab- decken. Tatsache ist aber, dass ich einen Kunden mit seinen ETFs, auch wenn sie noch so preiswert sind, in Bezug auf die Asset Allocation einfach nicht allein lassen kann. Wenn dafür nicht ein gewisser Preis bezahlt wird, dann holt ihn niemand aus diesen Produkten heraus in einer Situation, in der das nötig wäre. Die Mehrheit der Pri- vatkunden ist dazu jedenfalls nicht selbst in der Lage. Deshalb greifen mir auch großartig aufgemachte Artikel in Verbraucherzeitschriften zu kurz, die lediglich auf den geringen Preis von ETFs abstellen. Mikosch: Ich möchte noch einen Aspekt ansprechen, der bisher aus meiner Sicht zu kurz gekommen ist. Das ist die Frage, ob ein Index überhaupt als Investment geeignet ist. Denn ursprünglich entstanden ist er, um ei- nen Markt abzubilden, nicht um darüber Geld zu investieren. Haas: Ich würde sagen, es kommt da- rauf an, welchen Zweck man mit seiner Geldanlage verfolgt. Wer passives In- vestieren als eine durchaus smarte Tritt- brettfahrerstrategie versteht und dazu tatsächlich einen großen, breit diversifi- zierten Marktindex nutzt, der wirklich das gesamte Marktportfolio abbildet beziehungsweise den Durchschnitt der Performance aller Anleger, für den ist der Index durchaus eine sehr geeignete Anlageform. Man muss einfach nur wissen, was man tut und ob der Index tatsächlich diese Eigenschaften erfüllt. Denn viele populäre Indizes, die ja zum Teil auch schon wieder von Anlegern als eigene Marke wahrgenommen wer- den, erfüllen diese Eigenschaft eben tat- sächlich nicht. Specketer: Aber auch dabei kommt es darauf an, über welchen Zeitraum wir sprechen. Für eine Einmalanlage aus ei- ner Erbschaft etwa, von der ich heute noch nicht weiß, ob ich das Geld in zehn Jahren oder eventuell schon in sie- ben oder in fünf Jahren benötige, ist die Anlage in einen S&P 500 Index kaum sinnvoll, auch wenn dieser durch einen aktiven Manager im Grunde nicht zu schlagen ist. In einem solchen Fall kann man eigentlich nur jedem raten, das tatsächlich in aktive Hände zu geben. Und dann sollte man sicher auch eher nicht auf ein reines Aktieninvestment, sondern auf ein ausgewogen gemanagtes Portfolio set- zen. Wer für seine Kinder in einen Sparplan als Teil eines langfristigen Vermögensaufbaus in- vestiert, bei dem es darum geht, über 30 oder 40 Jahre Geld in Aktien anzulegen, wäre der Index sicher ein durchaus probates Mittel. Schrieber: Aber wenn heute ein Index von nur fünf Technologieaktien getrieben wird, dann ist das sicher nicht das probate Mittel für eine um- fassende Vermögensallokation. Dazu müsste man schon ein bisschen tiefer in die Finanz- planung des Kunden einsteigen. Zorn: Aus meiner Sicht eignet sich der In- dex allenfalls dazu, die Risikobereitschaft eines Anlegers abzuschätzen, aber sicher nicht als Investment an sich. Wir setzen des- halb in unserem eigenen Vertrieb die Index- betrachtung ein, um Kunden die Chance- Risiko-Verteilung zu erläutern, damit sie abschätzen können, wie hoch im Schnitt der letzten Jahre die Chance mit einemAktien- investment gewesen wäre, aber eben auch, welche Volatilität dieser Chance gegen- übergestanden hätte. Denn nur dann wird er in die Lage versetzt abzuschätzen, welche Schwan- kungsbreiten er wirklich auszuhalten bereit ist. Im Gespräch sind Kunden schnell bereit zu er- klären, dass sie einen Rückgang von 20 Prozent aushalten können. Wenn es dann tatsächlich dazu kommt, sieht das meistens vollkommen anders aus. Deshalb muss man ihnen die mög- liche Wirkungsweise anhand des Indexverlaufs erläutern. Als Anlageinstrument aber ist ein Index in aller Regel für unsere Kunden nicht geeignet. Sebastian Külps (Vanguard): „Wir erleben es bisher nicht, dass man auch in der Provisionsberatung schon überlegt, ob Märkte besser passiv abgebildet werden sollten.“ Oliver Lang (Jung, DMS & Cie.): „Wenn ein Makler sich eines aktiven Produkts bedient, dann in Märkten, in denen er für seinen Kunden einen Mehrwert erwartet.“ 102 www.fondsprofessionell.at | 4/2018 roundtable I aktiv/passiv Fotos: © Christoph Hemmerich » Es gibt immer wieder Kundensegmente, bei denen man das Gefühl hat, dass diese mit dem Thema ETFs lieber nichts zu tun haben möchten. « Sebastian Külps, Vanguard
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