FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2018

heterogen ist. Das beste Beispiel dafür ist Indo- nesien, ein Land, das erst vor Kurzem eine Anleihe mit einer einjährigen Laufzeit und einem Kupon von 7,8 Prozent emittiert hat. Und das bei einer Inflationsrate von um die fünf Pro- zent, was einer Differenz von knapp 300 Basis- punkten entspricht. Deshalb kommt es sehr stark darauf an, wo in der Welt man nach Anlagemög- lichkeiten sucht. Bendahan: Was Europa insgesamt angeht, dürfte es eher ein nur sehr langsamer Anstieg bei den Zinsen werden. Wobei eine gewisse Normali- sierung auf der Zinsseite durchaus zu begrüßen wäre. Denn es ist ein gewisses Risiko damit verbunden, wenn die Zinsen zu lange zu niedrig bleiben. Das könnte sich früher oder später eventuell sogar negativ auf die Stimmung der Investoren und damit auch der Märkte aus- wirken. Gibbs: Das eigentliche Problem mit steigenden Zinsen liegt meines Erachtens an ganz anderer Stelle. Wenn eine Neubepreisung von Staats- anleihen dazu führen sollte, dass es auch im Unternehmensanleihenbereich zu höheren Zin- sen kommt und gleichzeitig wieder ein gewisses Kreditrisiko in die Märkte zurückkehrt, dann wäre das ein echtes Warnsignal. Denn damit würde in gewisser Weise der Sauerstoff eines nur geringen Kreditrisikos aus den Märkten verschwinden. Ich will nicht sagen, dass die Unternehmen diesen Sauerstoff benötigen würden, aber deren Kunden be- nötigen ihn. Denn sollte die Kreditaufnahme sich wieder deutlich verteuern, dann würden viele Projekte in die Zukunft verschoben, statt sie in der Gegenwart anzugehen. Und das würde sich schnell in der Wirtschafts- entwicklung bemerkbar machen, und zwar durch einen deutlichen Abbau von Auftrags- überhängen, von denen viele Unternehmen aktuell noch profitieren. Sauren: Liegt darin auch der Grund, weshalb in der aktuellen Situation trotz des Anstiegs von Risiken etwa in den Emerging Markets immer noch risiko- reiche Assets wie zum Beispiel Small Caps oder Technologiewerte durchaus gesucht waren und sich ja bis zuletzt auch gut entwickelt haben? Gibbs: Die Entwicklung, die Sie beschrei- ben, ist meiner Ansicht nach keineswegs so eindeutig, wie sie anhand von Index- ergebnissen zu sein scheint. Denn hinter den Indizes verlieren die Märkte schon seit eini- ger Zeit an Atem, werden gewissermaßen immer enger und enger. Das Risiko, schiefzuliegen – gerade im Bereich der Small Caps –, ist deutlich größer geworden. Wir haben es inzwischen mit einer regelrechten Schiefe im Markt zu tun, das heißt: Wenn ein Investor mit seiner Einschätzung zu einem bestimmten Unternehmen richtiglag, dann konnte er zwar einen Anstieg des jeweili- gen Aktienkurses verzeichnen, der dann aber eventuell bei gerade einmal drei oder vier Pro- zent lag. Aber wer mit seiner Einschätzung bei einer bestimmten Aktie falschgelegen hat, wurde unverhältnismäßig stark abgestraft, zum Teil mit Kursabschlägen von 20 Prozent oder mehr. Und die Zahl der Short-Positionen in den Märkten hat zuletzt deutlich zugenommen. Weldon: Was die Situation in den USA angeht, war das sicher nicht so extrem. Allerdings war auch hier zu beobachten, dass der Aktienkurs von Unternehmen, die mit ihren Ergebnissen enttäuscht haben, mit deutlichen Abschlägen bestraft wurde. Und auch umgekehrt wurden positive Überraschungen bei Unternehmens- ergebnissen nicht durch einen übermäßig starken Kursanstieg belohnt, der sich in einigen Fällen auch erst nach einem vorübergehenden Kurs- rückgang eingestellt hat. Sauren: Aber wirft die auch imAugust immer noch zu beobachtende erhebliche Divergenz zwischen einem nach wie vor ansteigenden Aktienmarkt in den USA und einem im gleichen Maße zurückgehenden Markt in Europa nicht Fragen auf? Zumal für beide Märkte größere Risiken wie ein Rückgang in den Emerging Markets oder Belastungen aus einem globalen Handelskonflikt gleich sind? Gibbs: Ein Grund könnte sein, dass wir hier in Europa nicht so etwas wie die Gruppe der soge- nannten FAANG-Aktien in den USA haben. Es gibt im Grunde keinen äquivalenten Wert oder einen globalen Leader. Deswegen fehlt uns sicher in gewisser Weise die entsprechende Dynamik, wie sie an der Wall Street durchaus zu beobachten ist. Außerdem sind die europäi- schen Märkte zu nahezu jeder Zeit von poli- tischen Ereignissen mitbestimmt. Das ist ein per- manentes Aufkommen an immer neuen The- men, die die Märkte nicht unbeeindruckt lassen. Solche Momente gab es immer wieder in den vergangenen Monaten. Die Märkte haben sich kaum von einem Schnupfen erholt, dann droht schon wieder die nächste Erkältung. Bruno Crastes (H2O AM): Es kommt noch ein ganz anderer Aspekt hinzu, der für die enorme Differenz zwischen US-Aktien und europäischen Werten gesorgt haben dürfte: In den Monaten Juli und August sind einfach deutlich weniger Investoren an den entsprechenden Märkten aktiv. Die Börsen sind dann zudem oft in der Hand des schnellen Geldes. Im Grunde ergibt das unter makroökonomischen Gesichtspunkten eigentlich keinen Sinn. Natürlich muss man berücksich- tigen, dass die großen Themen zuletzt ein Rück- gang in den Emerging Markets und ein Aus- trocknen der Liquidität aufgrund der Zins- erhöhungen in den USA gewesen sind. Aber die europäischen Märkte werden eigentlich von James Morton: „Ich glaube, dass sich eine Reihe von Möglichkeiten eröffnet hat, sein Portfolio sozusagen ,Trump-sicher‘ zu machen.“ 96 www.fondsprofessionell.at | 3/2018 sauren golden awards 2018 I roundtable Fotos: © Christoph Hemmerich » Für die meisten asiatischen Länder spielt natürlich die Frage nach der weiteren Entwicklung im Zusammenhang mit Donald Trumps Entscheidungen zu weiteren oder neuen Zöllen eine besondere Rolle. « James Morton, CIM Investment Management

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