FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2018

natürlich auch, dass sie sich einen Ausstieg aus dem Euro nicht werden leisten können. Das wie- derum wird zur Folge haben, dass es zu einem weiterhin andauernden Hin und Her zwischen der italienischen Regierung und Brüssel kom- men wird in der Frage, wie weit Italien im Um- gang mit seinem Haushalt und seinem Defizit gehen kann. Und dann steht schließlich noch der Wechsel an der EZB-Spitze für Ende Oktober kommenden Jahres an. Da es meiner Erwartung nach ein Kandidat des zentraleuropäischen Blocks sein wird, der die Leitung der Notenbank übernehmen wird, wird ein härterer Kurs auch gegenüber Italien erheblich wahrscheinlicher. David Roberts (Liontrust AM): Was aus meiner Sicht zu all den bereits genannten Punkten hin- zukommt, ist die hohe Wahrscheinlichkeit, dass Investoren sich – sowohl in den entwickelten Kapitalmärkten als auch in den Schwellenlän- dern – daran werden gewöhnen müssen, dass es den Märkten künftig sozusagen an Beta fehlen wird, das in den vergangenen Jahren in vielen Märkten für enormen Rückenwind gesorgt hat. Gleichzeitig wird die Volatilität deutlich anstei- gen. Und eine solche Gemengelage wird es erheblich schwerer machen, einen risikoadjus- tierten Ertrag für den Endanleger zu erzielen, worum es im Prinzip ja immer geht. Das kann zu durchaus schmerzlichen Entwick- lungen in den nächsten drei bis fünf Jahren führen. Ich will gar nicht ausschließen, dass es zu einer Verlängerung des Wirtschafts- zyklus kommen kann, aber dann eben eher in den USA. Sauren: An einen Zeitraum von mehreren Jahren in Bezug auf die Verlängerung des US-Zyklus, wie es eingangs bei Cormac Weldon anklang, glauben Sie demnach nicht? Roberts: Es können aus meiner Sicht viel- leicht zwölf Monate werden, aber auch dann gilt: Was man heute gewinnt, wird man irgendwann in der Zukunft zurückgeben müssen. Und man darf nicht vergessen: Wir haben nach einer zehnjährigen Expansions- phase gerade ein Quartal mit einem nominal sechsprozentigen Wachstum in den USA erlebt. Deshalb würde es über mein Ver- ständnis aus 30 Jahren im Asset Manage- ment weit hinausgehen, wenn dieser Zyklus noch deutlich länger als die genannten sechs bis zwölf Monate anhalten würde. Sauren: Was spricht dagegen? Roberts: Ich würde es vielleicht so aus- drücken: Was Trump durch seine Steuersenkun- gen mit der einen Hand an möglichemAuftrieb für die Märkte gibt, das wird die Federal Re- serve durch entsprechende Zinserhöhungen mit der anderen Hand wieder wegnehmen. Dadurch entsteht eine Situation, die gleichzeitig zu einem Anstieg der Volatilität wie auch einer gewissen Verstörung unter den Investoren führen wird. Außerdem darf man nicht vergessen, dass es gleichzeitig zu einer restriktiveren Geldpolitik nicht nur in Europa, sondern auch in Japan kommen dürfte. Daher sind die Erfahrungen, wie sie in den vergangenen drei oder vier Monaten im Zusammenhang mit der Entwick- lung in den Emerging Markets zu beobachten waren, sicher ein Vorgeschmack gewesen, wo- rauf wir uns in Zukunft in Bezug auf das Senti- ment der Anleger einstellen müssen. Eric Bendahan (Eleva Capital): Was als bisher nicht genanntes, aber wesentliches Element hin- zukommt, das ist die Verschuldungssituation weltweit und speziell hier in Europa. Mein Hei- matland Frankreich weist einen hohen Schul- denstand auf und hat seit Jahren keine positive Entwicklung mehr in Bezug auf sein Haushalts- defizit erlebt. Aber das gilt ja nicht nur für Europa, sondern mindestens genauso für die USA, wo ebenfalls ein eigentlich nicht haltbares Level erreicht ist, was die Verschuldung betrifft, und das in einem späten Stadium des Konjunk- turzyklus. Aus diesem Grund wird das Thema Verschuldung und der Umgang damit eine der wichtigsten Begleiterscheinungen der künftigen Entwicklung darstellen. Zu einer Art Hoffnungs- schimmer in diesem Zusammenhang könnte bei moderaten Wachstumsraten die Inflationsent- wicklung werden, die dann eventuell helfen kann, das Verschuldungsniveau nach und nach etwas zu reduzieren. Heuser: Das ist die große Frage, denn die Aussicht oder die Verheißung einer Rückfüh- rung der Verschuldung ist etwas, was mich schon nahezu mein gesamtes Leben begleitet. Mein Eindruck ist, dass alle Versuche diesbe- züglich bisher noch nie wirklich funktioniert haben. Oder liege ich da so falsch? Roberts: Wir haben es zumindest nie wirklich versucht, zumindest in den westlichen Ländern. Im Zusammenhang mit der Krise von 2008 hätte durchaus die Möglichkeit dazu bestanden. Da- mals hätte man versuchen können, eine Lösung für das Verschuldungsproblem zu finden, statt- dessen haben die Zentralbanken noch mehr Geld in Umlauf gebracht und die gesamten Schuld- papiere zurückgekauft. Daher haben wir es eigentlich nie wirklich versucht. Morton: Wobei man mit solchen Festlegungen meiner Ansicht nach etwas vorsichtiger umge- hen sollte. Gerade in Bezug auf die Verschul- dung in der Welt muss man die Dinge sehr viel stärker isoliert betrachten, statt Verschuldung als eine Art allgemein gültige oder gar universale Erscheinung zu behandeln. Man muss hier schon deshalb sehr viel stärker unterscheiden, wenn man einbezieht, dass das Niveau der Ver- schuldung bei den börsengehandelten Unter- nehmen in Asien deutlich zurückgegangen ist – und das bereits seit dem Jahr 2000. Inzwischen Cormac Weldon: „Der Schlüssel zu einem weiteren Anstieg der Produktivität wird die Investitionsbereitschaft sein.“ 92 www.fondsprofessionell.at | 3/2018 sauren golden awards 2018 I roundtable Fotos: © Christoph Hemmerich » Die Bondmärkte weltweit haben inzwischen ein extrem überteuer- tes Niveau erreicht angesichts der Tatsache, dass wir vor einem Ende der Manipulation der Bondmärkte stehen. « David Roberts, Liontrust Asset Management

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