FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2018

fristig eine Outperformance gegenüber dem Markt zu erzielen. Das dürfen wir meines Erachtens durchaus für uns in Anspruch nehmen. Heuser: Aber haben Sie aus der angespro- chenen höheren Volatilität und den häufi- ger auftretenden Verwerfungen irgendwel- che Konsequenzen gezogen? Clapp: Durchaus! Wir agieren heute sehr viel aufmerksamer in Bezug auf entsprechend kurzfristige Tradingaktivitäten an den Märk- ten. Als klare Konsequenz haben wir daraus gezogen, dass wir in vielen Fällen zunächst einmal kleinere Positionen eingehen, wenn wir erkennen, dass der Markt offensichtlich die entsprechenden fundamentalen Daten zu einem Unternehmen noch nicht wirklich eingepreist hat. Das hat dazu geführt, dass wir unsere Portfolios im Vergleich zu früheren Zeiten noch sehr viel aktiver managen. Heuser: Wie unterscheiden Sie denn, ob die Kursbewegung einer Aktie nur auf einer höheren Volatilität beruht oder ob eventu- ell handfeste strukturelle Veränderungen im Unternehmen selbst dahinterstehen? Clapp: Das geht ja nur, indem man seine eigene Entscheidung beziehungsweise die fundamentale These dahinter regelmäßig überprüft. Man darf sich dabei natürlich nicht verrückt machen lassen von einem erhöhten Auf und Ab der Kurse. Wir nehmen im Team eine wöchentliche Überprüfung der gesamten Positionen in unseren Portfolios vor, um zu entscheiden, wo wir bei welcher Aktie stehen und ob wir reagieren oder ob wir einfach nur geduldig sein müssen, weil sich eventuell nichts an der fundamentalen Einschätzung einer Aktie geändert hat und eine nach wie vor zu erwartende Entwicklung nur aufgrund von äußeren Faktoren noch nicht eingetreten ist. Heuser: Würden Sie zustimmen, wenn man Sie einen defensivenAbsolute-Return- Manager nennt? Sie sind zumindest nicht unter den High-Performern, eher unter den stetigen Performern? Clapp: Ich weiß nicht, ob defensiv das rich- tige Wort ist. Man müsste zumindest unter- scheiden – was den Bereich Asset Allocation und Portfoliostrukturierung angeht, würde ich absolut zustimmen. Was unser Brutto-Markt- exposure angeht, das im  Absolute Return Fund bei 250 Prozent liegt, würden uns einige sicher eher als aggressiv bezeichnen, was sicher auch nicht ganz korrekt ist, denn der Fonds weist derzeit zum Markt eine extrem geringe Nettopositionierung von unter 25 Pro- zent auf. Und wenn man das Gesamtrisiko betrachtet, so beträgt das nur sechs oder sie- ben Prozent, während es bei einem typischen Long/Short-Fonds im niedrigen zweistelligen Bereich liegt. Moeller: Die Höhe seines Risikos zu kennen ist eines, zu wissen, woher die Risiken kom- men, etwas anderes. Clapp: Wir können sogar sehr genau sagen, wie sich unser Gesamtrisiko zusam- mensetzt. Rund ein Fünftel unseres Risikos ist marktbedingt, gut zehn Pro- zent sind Faktorrisiken wie die Größe eines Unternehmens oder das Sitzland. Der Großteil, das sind über 70 Prozent, sind unternehmensspezifisch bedingte Risiken, anders gesagt, Risiken, die aus dem Stockpicking erwachsen. Das ist ein ziemlich hoher Wert, soll aber auch so sein, eben weil wir bewusst ein ausgesprochener Stockpicker sein wollen. Heuser: Wie stellen Sie sicher, dass Sie auf der Short-Seite nicht in sogenannte „Crowded Shorts“ geraten, nur weil ande- re auf entsprechenden Positionen sitzen? Clapp: Zum einen muss man natürlich per- manent entsprechende Statistiken beobachten, um zu wissen, wann und in welchen Aktien der Anteil an Short-Positionen entsprechend hoch ist. Zum anderen muss man sich seiner eigenen Einschätzung, die zu einem entspre- chenden Engagement geführt hat, natürlich si- cher sein. Außerdem kann es durchaus sein, dass viele Anleger aus guten Gründen eine Short-Position halten und es deshalb sinnvoll ist, mit von der Partie zu sein. Heuser: Was sind Auslöser, die Ihre Ein- schätzung einer Aktie ändern? Clapp: Ich würde nicht sagen, dass es ein spezifischer Auslöser ist, der dazu führt, dass wir unsere Einschätzung ändern. Wir haben natürlich bestimmte Punkte definiert, an denen wir hellhörig werden, wenn der Kurs einer Aktie sich entgegen unserer eigenen Erwartung entwickelt. Wenn man an einem solchen Punkt zu der Erkenntnis gelangt, dass sich an der Situation oder den Aussichten eines Unternehmens etwas Wesentliches ver- ändert hat, oder wenn man feststellt, dass die eigene fundamentale Einschätzung einfach falsch war, gibt es nur eines: Man muss sofort reagieren und verkaufen, ohne lange abzuwar- Graham Clapp: „Was unser Brutto-Marktexposure angeht, das im Absolute Return Fund bei 250 Prozent liegt, würden einige uns sicher eher als aggressiv bezeichnen.“ 58 www.fondsprofessionell.at | 3/2018 markt & strategie I fondsmanager im kreuzverhör » Wir nehmen im Team eine wöchentliche Überprüfung der gesamten Positionen in unseren Portfolios vor, um zu entscheiden, wo wir bei welcher Aktie stehen. « Graham Clapp, RWC Partners KREUZ VERHÖR Alle Fotos: © Tom Birtchnell

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