FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2018

schreibt mir keiner vor, in welche Unternehmen ich investieren soll und in welche nicht oder wie hoch meine Sektorgewichtung sein soll und welche Analysten ich beauftra- gen darf. Gleichzeitig muss ich mich nicht mehr wie bei Pensato um das operative Geschäft der Fondsgesell- schaft und rechtliche Fragen oder um Personal- und Buchhaltungs- aspekte kümmern. Der wesentliche Vorteil hier bei RWC Partners besteht deshalb darin, dass ich mich nur noch um ein möglichst gutes Management meiner Fonds küm- mern muss. Heuser: Hat sich an Ihrer Art, Geld zu managen, im Lauf der Zeit etwas Grundlegendes ver- ändert? Clapp: Natürlich hat sich die Art, wie man Geld in einemAktienfonds verwaltet, in den vergangenen 30 Jahren, die ich in der Investmentbranche aktiv bin, insgesamt durchaus weiterentwickelt. Aber die wesent- lichen Elemente meiner Anlagephilosophie sind im Prinzip immer noch die gleichen. Im Hintergrund steht immer die grundsätzliche Frage, wie ein Unternehmen sein Geld ver- dient und was die Schlüsseltreiber für seine Profitabilität in der Zukunft sein werden. Hin- zu kommt die Betrachtung möglicher Szena- rien, die seine künftige Entwicklung positiv oder negativ beeinflussen könnten. Ganz wichtig ist zudem die Beantwortung der Fra- ge, ob in Bezug auf dieses Unternehmen eventuell bestimmte Entwicklungen eintreten können, die dazu führen, dass sein Geschäft eventuell anders, besser oder schlechter läuft als bei seinen Mitbewerbern und ob das mög- licherweise Niederschlag in seinem Aktien- kurs finden wird. Heuser: Aber die Zahl der Unternehmen, in die Sie heute investieren, hat sich doch sicher erheblich verändert im Vergleich zu Ihren Fidelity-Zeiten? Clapp: Der Fidelity European Growth Fund hat zu meiner Zeit in rund 250 Unternehmen investiert. Heute versuchen wir, beispielsweise in unserem Absolute-Return-Fonds jeweils rund 50 Long- und 50 Short-Positionen zu haben. Ein wesentlicher Vorteil dabei ist, dass ich mich heute sehr viel stärker auf die ein- zelnen Unternehmen konzentrieren kann, von denen ich am stärksten überzeugt bin. Mein Team und ich verbringen heute sehr viel mehr Zeit mit der Suche nach Werten und Sektoren, in denen wir wirklich mehr Geld verdienen können. Beispiele dafür sind neben Techno- logiewerten auch Konsumwerte und Industrie- aktien. Gleichzeitig vergeuden wir keine Zeit in Sektoren, in denen die Erfolgsquote schon früher wesentlich schlechter war. Das ist insofern wichtig, als sich die Charakteristik der Aktienmärkte in den vergangenen zehn oder 20 Jahren schon deutlich verändert hat. Heuser: Was muss man sich unter dieser veränderten Charakteristik vorstellen? Clapp: Es gibt heute sehr viel mehr Markt- teilnehmer, die keinen traditionell fundamen- talen Ansatz mehr verfolgen, wie wir das tun. Heute dominieren immer häufiger Anlagestile, die sehr viel stärker vom Momentum oder von makroökonomischen Entwicklungen ge- trieben sind. Viele Fondsmanager verfolgen zudem von technischen Indikatoren getriebene Strategien oder richten ihre Investments an den Korrelationen bestimmter Kennzahlen aus. Zum Teil wird dabei in ganze Körbe von Aktien investiert, statt sich auf einzelne ausgesuchte Wer- te zu konzentrieren. Das alles än- dert zwar im Grunde nichts daran, dass auch heute Aktien- kurse langfristig der funda- mentalen Performance des betreffenden Unterneh- mens folgen. Die Aktien- märkte sind aber ins- gesamt sehr viel volatiler geworden. Zudem ergeben sich aus all dem zum Teil zwar kurzfristige, aber erhebliche Verwerfungen, die für unseren Anlagestil problema- tisch sein können. Heuser: Inwiefern? Clapp: Selbst wenn unsere Analyse in Bezug auf die Über- oder Unter- bewertung einer Aktie noch so gut ist, können wir nicht vorhersagen, wie lange eine solche Verwerfung in einem einzelnen Wert oder einer ganzen Branche andauern wird. In der Regel werden wir früher oder später dafür belohnt, dass wir richtiggelegen sind. Aber es bedarf manchmal einer gehörigen Portion Geduld, bis sich eine richtig erkannte Chance tatsächlich auch materialisiert. Heuser: Das laufende Jahr scheint einem Long/Short-Manager durchaus entgegen- zukommen, was man von den Jahren davor nicht gerade sagen kann. Das signa- lisiert zumindest auch die Performance Ihres Absolute-Return-Fonds. Clapp: Für unseren Prozess war 2015 ein geradezu hervorragendes Jahr. Unser Long/ Short-Fonds hat eine Performance von mehr als 23 Prozent erzielt, und das bei einer Vola- tilität von gerade einmal sechs Prozent. In unserem RWC European Equity Fund war das Ergebnis sogar noch besser, mit über 29 Prozent haben wir fast das dreifache Ergebnis der Benchmark erzielt. Von Mitte 2016 bis Mitte 2017 lief es an den Märkten allerdings deutlich gegen uns. Das war eine Zeit, in der sich die Entwicklung der Aktienkurse von der tatsächlichen Entwicklung der Unternehmens- ergebnisse vielfach deutlich abgekoppelt hat. In den vergangenen zwölf Monaten aber hat wieder die Beachtung von Fundamentaldaten die Oberhand gewonnen. Mit solchen Situa- tionen werden wir als Fondsmanager, aber auch unsere Anleger wohl auch künftig leben müssen. Am Ende kommt es darauf an, lang- Graham Clapp: „In der Regel werden wir früher oder später dafür belohnt, dass wir richtiggelegen sind.“ 56 www.fondsprofessionell.at | 3/2018 markt & strategie I fondsmanager im kreuzverhör KREUZ VERHÖR » Die Art, wie man Geld in einem Aktienfonds verwaltet, hat sich in den vergangenen 30 Jahren, die ich in der Investmentbranche aktiv bin, durchaus weiterentwickelt. « Graham Clapp, RWC Partners Alle Fotos: © Tom Birtchnell

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