FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2018

AltFG. Diese Wertgrenze gilt im Gegensatz zur alten Rechtslage auch nicht mehr pro Angebot. Es sind stattdessen alle Angebote nach AltFG in den letzten zwölf Monaten heranzuziehen. Unternehmen ist es durch die Gesetzesno- velle nun möglich, innerhalb von zwölf Mo- naten durch Emissionen bis zu zwei Millionen Euro zusätzlich am Kapitalmarkt aufzuneh- men, ohne unter die strenge Prospektpflicht des KMG zu fallen. Damit die Prospektpflicht jedoch nicht missbräuchlich umgangen wird – zum Beispiel durch die jährliche Ausgabe von Veranlagungen knapp unter der Wertgren- ze –, hat der Gesetzgeber eine Vorkehrung ge- troffen: Die Emission von Veranlagungen, de- ren aushaftender Betrag binnen sieben Jahren fünf Millionen Euro übersteigt, ist prospekt- pflichtig. Unternehmen müssen außerdem, wenn sie nicht aus dem Anwendungsbereich des AltFG fallen wollen, den absoluten Grenzwert von fünf Millionen Euro pro Jahr beachten. Ab dieser Schwelle ist das KMG anwendbar. Dabei sind alle Veranlagungen und Wertpapiere nach demAltFG, vereinfach- te Angebote nach dem KMG sowie Angebote, die in einem anderen EU-Mitgliedsstaat nach der europäischen Prospektverordnung pro- spektfrei begeben werden, einzubeziehen. Emissionen nach dem AltFG Bei Emissionen nach demAltFG sind auch nach der Novelle weiterhin die sonstigen aufsichtsrechtlichen Regelungen einzuhalten. § 1 Abs. 2 AltFG etwa bestimmt ausdrücklich, dass das Bankwesengesetz (BWG) und das Wertpapieraufsichtsgesetz (WAG 2018) zu beachten sind. Alternative Fi- nanzierungen müssen daher so ausgestaltet sein, dass sie nicht unter den Tatbestand des Einla- gengeschäfts, das grundsätzlich den Kreditinstituten vorbehalten ist, fallen. Emittenten müssen keinen Prospekt, sondern lediglich ein Informationsblatt gemäß der Alternativfinanzierungs-Infor- mationsverordnung erstellen und bestimmte Informationen veröffentlichen. Die Interessen- ten sind unter anderem über den Emittenten, das geplante Pro- jekt, das Angebot, über dessen Risiken sowie über die Anlegerrechte zu in- formieren. Auch nach der Novelle gilt weiterhin die Einzelanlagebeschränkung pro Anleger. Ein Emittent darf von einem Anleger innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten höchs- tens 5.000 Euro pro Emission einsammeln. Eine Ausnahme gibt es für professionelle An- leger und juristische Personen, sofern diese nicht als Konsumenten im Sinne des Konsumentenschutzgesetzes zu qualifizieren sind. Unverändert gilt aber, dass die Höchstgrenze von 5.000 Euro überschritten werden darf, wenn der Anleger bestätigt, dass er maximal das Doppelte seines monatlichen Durchschnittsnettoeinkommens, gerechnet über zwölf Monate, oder höchstens zehn Prozent seines Finanzanlagevermögens investiert. Diese Bestätigung kann nun auch gegenüber dem Emittenten sowie weiterhin gegenüber dem Betreiber der Plattform abgegeben werden. Erleichterung für Plattformen Eine Erleichterung bringt die Novelle auch für Betreiber von Internetplattformen nach AltFG. Eine Internetplattform nach AltFG ist eine Website, auf der Wertpapiere oder Ver- anlagungen zwischen Emittenten und Anle- gern vermittelt werden. Wenn die Vermittlung von Wertpapieren auf der Plattform auch die Wertpapierdienstleistungen der Anlagebera- tung oder der Annahme und Übermittlung von Aufträgen umfasst, benötigt der Betreiber eine entsprechende Berechtigung. Bisher be- durfte es einer von der FMA erteilten Konzes- sion als Wertpapierdienstleistungsunterneh- men. Nunmehr dürfen auch konzessionierte Wertpapierfirmen und Kreditinstitute Internet- plattformen betreiben. Unverändert bleibt die Rechtslage in Bezug auf Gewerbliche Vermö- gensberater – diese dürfen auch nach der neu- en Rechtslage lediglich solche Internetplatt- formen betreiben, die Veranlagungen vermit- teln. Weiterhin ist zu beachten, dass Rechts- träger, die nach AIFMG, ZaDiG 2018, VAG 2016 oder E-Geldgesetz 2010 konzessioniert sind, auch dann keine Internetplattform betrei- ben dürfen, wenn ihre Konzession die Berech- tigung zur Anlageberatung oder Annahme oder Übermittlung von Wertpapieren umfasst. MAG. MARTIN PICHLER | FP Der Autor, Mag. Martin Pichler, ist Rechtsanwaltsanwärter in der auf Kapitalmarktrecht spezialisierten Kanzlei Brandl & Talos Rechtsanwälte GmbH. Geänderter Anwendungsbereich des AltFG Neue Wertgrenze* Wertpapiere Veranlagungen Unter 250.000 Euro Keine Prospektpflicht Keine Prospektpflicht Ab 250.000 Euro Informationsblatt Informationsblatt nach bis 2.000.000 Euro nach dem AltFG dem AltFG* KMG-Prospekt samt Vereinfachter KMG-Prospekt Ab 2.000.000 Euro Prospektbilligung durch die FMA gemäß Schema F oder bis 5.000.000 Euro (Inland); optional EU-Prospekt Prospekt nach Schema C Ab 5.000.000 Euro EU-Prospekt mit KMG-Prospekt ohne FMA- FMA-Billigung Billigung nach Schema C * jeweils für einen Betrachtungszeitraum von zwölf Monaten **Ausnahme: Der aushaftende Betrag überschreitet binnen 7 Jahren 5.000.000 Euro. Quelle: Brandl & Talos Zusammenrechnung Für das Zusammenrechnen der Emissionen im Rahmen der anwendbaren Wertgrenzen ist § 3 AltFG maßgeblich. Der Gesetzgeber gibt dafür folgendes Beispiel: Beispiel: A macht am 1. 1. ein öffentliches Angebot über 900.000 Euro nach dem AltFG, der Angebotszeitraum ist am 1. 2. ausgelaufen. A nimmt im Rahmen dieses öffentlichen Angebots 700.000 Euro ein. Am 1. 3. macht A ein zweites öffentliches Angebot, diesmal über 1,2 Millionen Euro, der Angebotszeitraum endet am 1. 4. Eine Zusammenrechnung mit den bereits eingenommenen 700.000 Euro ergibt 1,9 Millionen Euro, also einen Betrag unterhalb der Schwelle von zwei Millionen Euro. Das Angebot kann somit nach AltFG erfolgen. A nimmt aus diesem öffentlichen Angebot 1,2 Mil- lionen Euro ein. Am 1. 5. macht A ein drittes öffentliches Angebot über 50.000 Euro. Zusammengerechnet mit den bereits eingenommenen 1,9 Millionen Euro ergibt dies 1,95 Millionen Euro, also einen Betrag unterhalb der relevanten Schwelle. Das Angebot kann weiterhin nach den Bestimmungen des AltFG erfolgen. A nimmt aus diesem öffentlichen Angebot 50.000 Euro ein. Am 1. 6. macht A ein viertes öffentliches Angebot über 2,5 Millionen Euro, somit über der Betragsschwelle von zwei Millionen Euro, der Angebotszeitraum endet am 1. 6. Auf dieses Angebot ist das KMG anzuwenden, die einschlägigen Pflichten des Emittenten ergeben sich aus dem KMG. Am 1. 7. macht A ein fünftes öffentliches Angebot, diesmal über 60.000 Euro. Eine Zusammenrechnung mit den bereits eingenommenen 1,95 Millionen Euro aus den ersten drei Angeboten – das vierte Angebot erfolgte nach dem KMG und ist daher bei der Zusammenrechnung nicht zu berücksichtigen – ergibt 2,01 Millionen Euro, also einen Betrag über der Schwelle von zwei Millionen Euro. Auf das fünfte Angebot ist daher das KMG anzuwenden. Quelle: Brandl & Talos 245 www.fondsprofessionell.at | 3/2018

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