FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2018

FRAGE 1: Inwieweit hat sich die Einführung der Mifid-II-Richtlinie auf Ihre Arbeit und den Absatz im Wertpapiergeschäft ausgewirkt? Neue Prozessabläufe und insbesondere die detail- lierteren Dokumentations- und Aufzeichnungs- pflichten im Beratungsgespräch bringen einen deutlichen Mehraufwand. Die Beratungsgespräche gewinnen aus unserer Sicht an Qualität und brin- gen den Kunden einen Mehrwert. Der bürokrati- sche Aufwand wird von manchen Leuten beklagt. Der Absatz im Wertpapiergeschäft ist unverändert. Die Implementierung der neuen regulatorischen Vorgaben in organisatorische und systemtechni- sche Prozesse war eine große Herausforderung. Aber auch im laufenden Betrieb verursachen die neuen Regelungen einen Mehraufwand. Steigende Kosten und Aufwendungen erschweren den Ver- trieb von Finanzinstrumenten und wirken generell belastend auf das Wertpapiergeschäft. Der Absatz im Wertpapiergeschäft ist in der ersten Hälfte des Jahres 2018 etwas zurückgegangen, das hat aber weniger mit Mifid II zu tun, sondern mit der reservierten Haltung der Anleger zu der aktuellen Situation an den Finanzmärkten. Die an- haltende Niedrigzinsphase im Euroraum und die erhöhte Volatilität an den Aktienmärkten haben zu einer Zurückhaltung bei Neuinvestments geführt. Nein, die Produktauswahl im Bereich Invest- mentfonds hat sich in der BKS Bank nicht geän- dert. Wir bieten unseren Kunden weiterhin Fonds aus einer breit gestreuten Angebotspalet- te unterschiedlicher Fondsgesellschaften an. In der Kundenberatung dürfen nur mehr für jene Wertpapiere Empfehlungen ausgesprochen wer- den, die unsere Spezialisten im Investmentservice im Zuge einer umfangreichen Produktprüfung selektiert und auf eine bankinterne Masterliste gesetzt haben. Unsere Masterliste weist eine Fremdfondsquote (aktiv gemanagte Fonds sowie ETFs) von über 90 Prozent auf. Aufgrund von Mifid II wird verstärkt darauf geach- tet, dass das erforderliche Informationsmaterial (z.B. PRIIP, KID) zur Verfügung steht, um dieses dem Investor zu übergeben und zu erläutern. In dem Zusammenhang wird es vermutlich zu einer Reduktion der angebotenen Fondspalette kom- men, da nicht alle Konzepteure die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung stellen können/wollen. In der BKS Bank achten wir darauf, dass wir unabhängig von rechtlichen Vorgaben unseren Kunden ein positives Beratungserlebnis bieten, bei dem die Bedürfnisse unserer Kunden im Mittelpunkt stehen. Ein neuer IT-gestützter Bera- tungsprozess unterstützt dabei unsere Berater seit dem 3. 1. 2018. Somit decken wir alle erforderlichen Vorgaben durch Mifid II ab. Die neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen ver- langen, dass dem Kunden vor jedem Produktkauf ein Ex-ante-Beleg zur Verfügung gestellt wird, der neben dem Kostenausweis auch eine Zielmarkt- und Angemessenheitsprüfung sowie PRIIP/KID- Dokumente beinhaltet. Das Feedback vieler Kun- den zeigt, dass diese sich durch die zunehmende Informationsflut überfordert fühlen. Der Beratungsprozess in der aktiven Anlagebe- ratung hat sicherlich an Komplexität zugenom- men. Wer nicht mit systemgestützten Geeignet- heitserklärungen arbeitet, muss die Inhalte im Kundentermin festhalten. Die zusätzlichen Infor- mations- und Dokumentationspflichten verlän- gern den Angebotsprozess, was bei den Kunden nicht immer auf Gegenliebe stößt. FRAGE 3: Welche Veränderun- gen haben sich im Beratungsprozess ergeben? FRAGE 2: Hat sich für Sie etwas bei der Produktauswahl im Fondsbereich verändert? Georg Svetnik BKS Bank Robert Hager Bankhaus Spängler Claudia Figl Bank Gutmann FRAGE 1: Inwieweit hat sich die Einführung der Mifid-II-Richtlinie auf Ihre Arbeit und den Absatz im Wertpapiergeschäft ausgewirkt? Die Transaktionshäufigkeit der Kunden hat zu Jah- resanfang etwas abgenommen, da die vielen neuen Dokumente/Formulare zu Fragen geführt haben. Durch den Dialog mit den Kunden sehen wir inzwi- schen keine langfristigen Auswirkungen im Wert- papierabsatz. Wir haben seit Jahren einen Fokus auf diskretionäre Vermögensverwaltung und sind weni- ger getrieben von Transaktionserträgen. Der administrative und zeitliche Aufwand im Wert- papiergeschäft ist deutlich angestiegen. Vor allem die erhöhten Dokumentationsanforderungen neh- men nun mehr Zeit in Anspruch. Nach monate- langer Vorbereitungsphase hat mit dem Start von Mifid II alles sehr gut funktioniert. Die Einführung der Richtlinie hat deshalb bisher kaum Auswirkun- gen auf den Wertpapierabsatz gehabt. Mit der Einführung der Mifid-II-Richtlinie wurde alles, was das Unicredit Bank Austria Private Banking seinen Kunden bereits seit Längerem anbietet, nun standardisiert dokumentiert und ist damit mit anderen Anbietern besser vergleich- bar. Die Beratung und die Produktauswahl basieren auf den individuellen Wünschen und Zielen unserer Kunden. Es hat sich in der Produktauswahl im Fondsbe- reich aus der Mifid-II-Richtlinie keine Änderung ergeben. Die Deutsche Bank setzt im Wealth Management seit vielen Jahren auf einen „Open Architecture“-Ansatz, bei dem ohne Konzernbrille die besten Anbieter und Produkte ausgewählt wer- den. In die Fondsauswahl fließen sowohl quanti- tative als auch qualitative Bewertungskriterien ein. Nein. Wir verfolgen hier seit vielen Jahren den erfolgreichen Ansatz einer „Guided Open Architecture“, um unseren KundInnen immer die optimalen Produkte anbieten zu können. Die Prozesse in diesem Bereich erfüllen schon lange die strengen Mifid-II-Kriterien. Bereits vor der Einführung von Mifid II lag der Fokus des Unicredit Bank Austria Private Ban- king auf den beiden Beratungsmodellen Vermö- gensManagement 5 Invest und UNIVERS Exklu- siv. Bei beiden Modellen erhält der Kunde eine genaue Analyse seiner individuellen Situation, seiner Anlageziele sowie seiner persönlichen Risikoneigung. Der Beratungsprozess mit dem Kunden ist intensi- ver geworden, die Anzahl der zu übergebenden Dokumente vor einer Transaktion war für viele Kunden anfangs kaum überschaubar. Unsere Kunden schätzen den transparenten Umgang mit den Kosten vor jeder Transaktion sehr, sodass wir die Initiative von Mifid II hin zu mehr Produktklar- heit und Aufklärung sehr begrüßen. Wir haben schon ein Jahr vor dem Start von Mifid II ein neues Wertpapier-Beratungstool verpflichtend für alle Beratungsgeschäfte eingeführt. Das war ein wichtiger und richtiger Schritt, der allerdings für viele unserer Mitarbeiter doch eine wesentliche Veränderung im Beratungsprozess darstellte. Ohne dieses Tool wäre eine komplexere Wertpapierbera- tung de facto kaum mehr umzusetzen. Mifid II bedeutet für uns keine große Umstellung. Es wurde lediglich der Beratungsprozess hin- sichtlich der nun gesetzlich einheitlichen umfas- senden Dokumentation der einzelnen Beratungs- gespräche, der Produkte und der Provisionen sowie einer klaren Festlegung, für welche Kun- dengruppen und Bedürfnisse ein bestimmtes Veranlagungsprodukt geeignet ist, optimiert. FRAGE 3: Welche Veränderun- gen haben sich im Beratungsprozess ergeben? FRAGE 2: Hat sich für Sie etwas bei der Produktauswahl im Fondsbereich verändert? Dr. Christian Ohswald Deutsche Bank Thomas Schaufler Erste Bank Dr. Ruth Iwonski-Bozo Unicredit Bank Austria 231 www.fondsprofessionell.at | 3/2018

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