FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2018

te Sentiments und Trends erschließen lassen. Dadurch können wir häufig Entwicklungen sehr viel früher und besser einschätzen als der Gesamtmarkt. Wir nutzen diese Informatio- nen, bevor andere Marktteilnehmer sie ein- preisen, wenn nach vielleicht zwei oder drei Wochen die entsprechend verschriftlichten Analystenreports vorliegen. Für das erste Halbjahr 2019 hat GSAM den Einstieg ins ETF-Geschäft in Europa geplant. Sind Sie da nicht ein wenig spät dran? Phillips: Keineswegs. Wir sind in den USA bereits seit dem Jahr 2015 im ETF-Geschäft aktiv und verwalten inzwischen mehr als acht Milliarden US-Dollar in diesem Segment. Die Nachfrage nach kostengünstigen Lösungen ist nach wie vor sehr hoch, und das wird auch künftig so bleiben. Unsere eigenen Kunden in Europa signalisieren uns jedenfalls ein unver- ändert hohes Interesse. Was darf man an Produkten erwarten? Phillips: Wir werden uns auch im europäi- schen ETF-Geschäft in erster Linie auf die Auflage von Smart-Beta- und Faktor-ETFs konzentrieren. Im Bereich der Plain-Vanilla- Indexprodukte tummeln sich schon heute sehr viele Anbieter, hier können wir realistischer- weise keinen besonderen Mehrwert liefern. Bei Smart-Beta- und Faktorkonzepten hinge- gen schon. Hier bringen wir die entsprechen- de Expertise mit, denn im Prinzip werden die- se Produkte vom gleichen Team gemanagt wie unsere quantitativen Produkte. Ein weiteres Thema, das die Finanz- industrie aktuell bewegt, ist Robo-Advi- ce. Wie ist der Stand in Ihrem Unterneh- men, und was sind Ihre Pläne? Phillips: Ich glaube, dass der gesamte Bereich der Onlinekundenberatung im Finanzsektor in den kommenden Jahren enorm wachsen wird. Aktuell muss man aber insofern unterschei- den, als dass es bisher eher Themen wie das Onlinebanking, die Kreditvergabe oder das Bezahlen per App sind, wo unter dem Schlag- wort „Fintech“ sowohl die großen Internet- giganten als auch bisher branchenfremde Start-ups relativ leicht erfolgreich waren und eine große Zahl an Kunden und Volumina ge- wonnen haben. In der Wertpapierberatung und beim Vertrieb von Finanzprodukten ist der Bereich Robo-Advice im Vergleich zu tradi- tionellen Vertriebskanälen wie Banken und IFAs noch immer relativ klein. Die Angebote, die es dafür heute im Markt gibt, sind zudem in der Regel recht einfach. Die meisten Robos bieten bisher eher so etwas wie eine Orientie- rung, eine Art Guideline für Kunden, die ihr Geld anlegen möchten. Im Grunde wird dabei der Kunde anhand bestimmter Kriterien wie seinemAlter, seiner familiären Situation, sei- nemAnlageziel und seiner Risikobereitschaft durch einen Onlineprozess geleitet, an dessen Ende die Empfehlung für ein bestimmtes Multi-Asset-Portfolio steht. Das ist aber meist noch kein wirklich filigran ausgearbeiteter Beratungsprozess, der auch anspruchsvolleren Kundenwünschen entsprechen würde. Eine fundierte Anlageberatung ist sehr viel kom- plexer und geht über die meisten bisher ver- fügbaren Onlineangebote deutlich hinaus. Welchen Schluss ziehen Sie daraus? Phillips: Wenn wir heute feststellen, dass sich das Geschäft von Banken mehr und mehr in den Onlinekanal verlagern wird, dann führt das zwangsläufig dazu, dass der traditionelle Kontakt zum Kunden in der Filiale oder im persönlichen Gespräch mit dem IFA immer stärker verloren gehen wird. Deshalb wird es entscheidend sein, auch bei einem komplexe- ren Prozess wie der Wertpapierberatung und dem Vertrieb von Finanzprodukten ein On- lineangebot zu liefern, das Kunden umfassend informiert und auf ihre Bedürfnisse zuge- schnitten ist. Nur so wird man Kunden halten können. An genau dieser Stelle wird sich ent- scheiden, welche Anbieter auf Dauer erfolg- reich sind, ob es die großen Internetgiganten sein werden oder Fintechs oder ob Banken und IFAs es schaffen, ihre Beratungsprozesse sinnvoll und kundenorientiert in die Online- welt zu übertragen. Wir wollen auf jeden Fall Teil dieser Entwicklung sein. Und ich glaube, dass wir mit unserer schon heute sehr breit aufgestellten Onlineplattform „Marcus“ sehr gute Voraussetzungen dafür mitbringen. Vielen Dank für das Gespräch. HANS HEUSER | FP » In der Wertpapierberatung ist der Bereich Robo-Advice im Ver- gleich zu traditionellen Vertriebs- kanälen wie Banken und IFAs noch immer relativ klein. « Nick Phillips, Goldman Sachs AM Nick Phillips: „Ich glaube, dass kaum jemand bezweifeln wird, dass der gesamte Bereich der Onlineberatung von Kunden im Finanzsektor ein Feld ist, das in den kommenden Jahren enorm wachsen wird.“ Nick Phillips Nick Phillips ist Head of International Retail Client Busi- ness bei Goldman Sachs Asset Management (GSAM) mit Verantwortung für EMEA, Asien-Pazifik ex Japan und Offshore-Lateinamerika. Bevor er seine gegenwärtige Rolle im Jahr 2013 übernahm, war Phillips Co-Head of European Distribution bei GSAM. Zuvor war er bereits seit 2008 Head of Third Party Distribution in EMEA. Phillips kam im Jahr 2000 zu GSAM, damals verant- wortlich für den UK-Third-Party-Vertrieb. Er wurde 2005 zum Managing Director und 2014 zum Partner ernannt. 229 www.fondsprofessionell.at | 3/2018

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