FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2018

die Unicredit einen mehrjährigen Vertrag mit einem anderen Versicherer (Ergo, Anm.). Verhandeln Sie mit einer Bank? Wir sprechen mit allen. Es ist natürlich so, dass Banken und Versicherungen traditionell verflochten sind oder langjährige Koopera- tionsverträge haben. Aber wir wissen, dass wir digital ein guter Partner sind, weil wir die In- teraktion mit anderen Plattformen gut beherr- schen und ein sehr flexibles IT-System haben. Wann ist also ein Abschluss realistisch? Wir haben einiges im Köcher. Aber es ist eine Frage des Zeitpunktes. Sie haben die Einfachheit mehrfach erwähnt. Das Versicherungswesen hat auch durch die Digitalisierung nicht den Ruf der Komplexität verloren … Es gibt Abläufe, die schon schnell funktionie- ren: der Abschluss einer Polizze oder wenn Sie einen Schaden über unsere App mit vier Klicks melden. Innerhalb einer Stunde können Sie Ihren Schaden schließen und haben das Geld oder wissen, wie Ihr Auto wann und wo repariert wird. Sie können mit der Gesund- heits-App Ihre Arztrechnung fotografieren und haben binnen kurzer Zeit die Freigabe und das Geld. Wir müssen den Gebrauch die- ser Instrumente erhöhen. Dann gibt es Abläu- fe innerhalb des Unternehmens, wo wir zu schwerfällig sind. Wir wollen in manchen Ge- schäftsbereichen mehr Entscheidungsmöglich- keiten nach außen verlagern, die Kommuni- kationswege zwischen dem lokalen Vermittler und der Zentrale komplett eliminieren. Was bedeutet komplett eliminieren? Dass beim Kunden ein Aufschlagspunkt ist, und das Problem ist gelöst. Keine Rückfragen mehr, keine Interaktionen, die nur Zeit kosten. Außerdem glaube ich, dass wir noch deutlich kundenorientierter kommunizieren können. Wenn Sie sich anschauen, wie Bedingungs- werke geschrieben sind … Ich glaube, dass wir wahnsinnig kompliziert sind. Das heißt, Sie werden die Vertragswerke in einfacher Sprache darstellen? Einen Teilbereich. In manchen Produkten können wir die Kommunikation wirklich ver- einfachen. Das trifft aber auf die gesamte Branche zu. Wie akzeptiert ist der Onlinekanal eigentlich – werden die Apps genutzt? Die, die eine App haben, nutzen sie auch. Wir wollen die Verbreitung natürlich steigern. 62 Prozent aller Kunden mit einer Krankenver- sicherung für ambulante Heilbehandlungen nutzen die App „Meine Gesundheit“, das ent- spricht knapp 10.000 Downloads. Zur „Scha- den Express App“ haben zirka 25.000 Kun- den Zugang. Die, die sie verwenden, sind be- geistert. Die bewerten uns ja. Auch hier möchte ich deutlich mehr Transparenz. Ich möchte, dass der Kunde uns an jedem einzel- nen Touchpoint bewertet. Wir haben für die Beratung im Segment Schaden eine Fünfster- ne-Bewertung wie Amazon oder bei Hotels. Das möchte ich durchgehend. Auch ich lasse mich bewerten. Die Hoteliers sind ja nicht immer glück- lich über diese Bewertungen, weil es Kunden gibt, die das missbrauchen. Bestehen da auch Imagerisiken für Ver- sicherungen? Bewertungen sind nicht immer angenehm. Aber wir sehen es als Chance und Notwen- digkeit, um an der Spitze zu sein. Was heißt das, wenn man es weiter- denkt? Ein Agent mit schlechten Bewer- tungen passt nicht in Ihre Philosophie, und sein Vertrag wird aufgelöst? Letztendlich bestimmt der Kunde, wie erfolg- reich einer unserer Partner ist. In der Hotelle- rie entscheidet auch der Kunde, ob er in ein Hotel geht, wo ein gewisses Rating vorhanden ist. Wenn man sich durch und durch kunden- zentriert aufstellt, muss man das mit allen Konsequenzen leben. Das Prämienaufkommen der Allianz Österreich stammt zu je einem Drittel vom angestellten Außendienstmitarbei- tern, selbstständigen Agenten und unab- hängigen Maklern. Wann wird Online einen signifikanten Beitrag leisten? Wenn Sie sich den österreichischen Markt an- schauen, dann gibt es zum Beispiel bei Kfz einen Direktanteil von ein bis zwei Prozent – in Deutschland von 15 Prozent. Es gibt einen Rémi Vrignaud will den Kunden an jedem einzelnen Berührungspunkt Beurteilungen abgeben lassen: „Bewertungen sind nicht immer angenehm. Aber wir sehen es als Chance und Notwendigkeit, um an der Spitze zu sein.“ » Ich möchte, dass der Kunde uns an jedem einzelnen Touchpoint bewertet. « Rémi Vrignaud, Allianz Foto: © Günter Menzl Rémi Vrignaud Der gebürtige Niederösterreicher (41) startete seine Kar- riere nach einem IBWL-Studium (Wien und Melbourne) 2000 im Treasury der Bank Austria. 2001 wechselte er zur Allianz Österreich als Assistent von CEO Wolfram Littich. 2012 wurde Vrignaud Vorstandsvorsitzender der Allianz-Tiriac SA in Rumänien, die unter seiner Führung Nummer eins am Markt wurde. 2016 leitete er das CEO- Office der Allianz SE in München. Im August 2017 über- nahm er von Littich den Vorstandsvorsitz in den öster- reichischen Allianz Versicherungsgesellschaften. fonds & versicherung I rémi vrignaud | allianz 180 www.fondsprofessionell.at | 3/2018

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