FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2018

Fenster der Versicherer, die mittlerweile schon auf festem gesetzlichem Boden agieren. Streit um Bildung und Status So weit sind die gewerblichen Vertriebs- partner noch nicht: Vermögensberater und selbstständige Versicherungsvermittler (Mak- ler und Agenten) warten noch auf eine Aus- formulierung der Gesetze, die sie am meisten betreffen: Wird eine Versicherung über Ver- mittler vertrieben, fällt das nicht unter das VAG, sondern unter die Gewerbeordnung (GewO). Diese müsste das Wirtschaftsmini- sterium IDD-fit machen, gemeinsam mit an- deren Gesetzen wie der Maklerordnung. Al- lerdings ist mit der Gewerbeordnungsnovelle nicht vor Jahresende zu rechnen, wie das Mi- nisterium gegenüber FONDS professionell verlautete. Als Grund für die Verzögerung, die Österreich ein EU-Vertragsverletzungsverfah- ren einbringen könnte, wird der zuletzt mehr- fache Ministerwechsel genannt. Aber ein weiterer Grund ist wohl auch der, dass im Gewerbe mehrere Lobbyinggruppen mit unterschiedlichen Interessen aneinander- geraten sind. Zum Beispiel haben Makler und Vermögensberater abweichende Ansichten zur Weiterbildung. Die IDD verlangt für die Ver- sicherungsvermittlung im Originaltext „min- destens 15 Stunden beruflicher Schulung oder Weiterbildung pro Jahr“. Laut einem aktuellen Plan sind für Vermögensberater in Österreich 20 Stunden vorgesehen – allerdings insge- samt: für Versicherungs-, Wertpapier- und Kreditvermittlung. Christoph Berghammer, Fachverbandsobmann der Versicherungsmak- ler, empört das: „Die österreichischen Makler haben sich im Rahmen der IDD-Gestaltung in Brüssel für diese 15 Stunden eingesetzt, weil wir die Standards in der Branche heben wollten. Was für Makler gilt, das müssen auch die Vermögensberater ab- solvieren“, so Berghammer zu FONDS professionell. Die Vermögensberater wie- derum argumentieren, dass es in ihrer spe- zifischen Weiterbildung Überschneidungen zum Versicherungswesen gebe. Doppelbetätigungsverbot Ein zweiter strittiger Punkt ist die soge- nannte Statusklarheit zwischen Maklern und Agenten: Ein Vermittler soll künftig entweder ungebundener Makler sein, der nach „Best Advice“-Prinzip arbeitet, oder ein an bestimmte Versicherungsunterneh- men gebundener Agent. Doppelfunktionen sollen voraussichtlich verboten sein. Hier sei noch ungeklärt, ob auch Vermögensberater sich entscheiden müssen, so Berghammer. Er fürchtet, dass es über den Beruf des Vermö- gensberaters, der automatisch Agent und Makler ist, zu einer Aufweichung dieser Regelung kommt. „Für einen Kunden ist es nicht klar, in welcher Rolle nun sein Vermö- gensberater auftritt. Es kann nicht sein, dass sich jeder die Zuckerln heraussucht. Wir haben jetzt die Chance, dass wir den Markt sauber gestalten“, so der Maklerobmann. Die Novelle ist laut Wirtschaftsministerium bereits formuliert, aber eben „in Abstimmung“. Oktober auch für Makler Stichtag Für das Gewerbe bleibt es damit weit über die Umsetzungsfrist hinaus spannend, wie am Ende die genauen Vorgaben aussehen. Unge- achtet dessen gelten aber für Makler und Co. wesentliche Erfordernisse der IDD bereits ab dem allgemeinen Stichtag 1. Oktober. Denn rund um die IDD hat die EU-Kommission de- legierte Verordnungen erlassen. Diese bedür- fen im Gegensatz zu EU-Richtlinien keiner Umsetzung in nationales Recht, sondern sind direkt anzuwenden. Damit müssen die Makler ab Oktober etwa die Vergütungskriterien aus der Delegierten Verordnung zu den Wohlver- haltensregeln bei Versicherungsanlagepro- dukten (DelVO (EU) 2017/2359) einhalten. Laut Artikel 8 müssen die Vermittler genauso wie Versicherungen eine umfassende Gesamt- analyse über ihre Anreizsysteme aufstellen. Zu bewerten ist etwa, ob ein Anreiz finanziell wirkt oder auch qualitativ messbar ist und wann er wirkt (bei Abschluss oder über die gesamte Laufzeit verteilt). Auch die Provi- sionshöhe muss im Verhältnis zum Produkt- wert hinterfragt werden. Auch aus einer Verordnung zu den „Auf- sichts- und Lenkungsanforderungen“ (DelVO (EU) 2017/2358) ergeben sich zahlreiche Verpflichtungen, die sofort erhöhte Aufmerk- samkeit verlangen. Zum Beispiel muss ein Vermittler „unverzüglich“ den Hersteller in- formieren, wenn er merkt, dass das Produkt nicht mehr dem Zielmarkt entspricht, oder wenn die Kunden Probleme zurückmelden (Artikel 11). Mehr Zusammenarbeit In diesemArtikel wird eine weitere we- sentliche Änderung durch die IDD sicht- bar: Versicherungen und Vertrieb müssen künftig intensiver Hand in Hand arbeiten als davor – und auch länger: Ein wichtiger Aspekt der gesamten Regulierung ist, dass sich die Wohlverhaltensregeln nicht auf den Verkauf beschränken, sondern sich „über den gesamten Produktlebenszyklus“ er- strecken, wie Ludwig Pfleger, IDD-Experte der FMA, kürzlich bei einem Fachgespräch beim ForumAlpbach erklärte. EDITH HUMENBERGER-LACKNER | FP Maklerobmann Christoph Berghammer will die Chance nutzen, „den Markt sauber zu gestalten“. IDD: Darauf achtet die FMA Vier Ebenen des Konsumentenschutzes aus Sicht der FMA 1. Produktentwicklungsverfahren : Es muss u.a. ein Zielmarkt definiert werden. Produktgenehmigungsverfahren müssen durchlaufen sowie Vorkehrungen für den Vertrieb der Produkte getroffen werden. 2. Erfordernisse: Verbesserte Informationspflichten, verpflichten- de Beratung, deren Dokumentation sowie die Beurteilung von Eignung und Zweckmäßigkeit bei Anlageprodukten sind gefordert. 3. Verbote: Durch verstärktes Produkt-Monitoring seitens der FMA sowie der europäischen Aufsichtsbehörde EIOPA können Produkte oder bestimmte Merkmale beschränkt oder verboten werden. 4. Sanktionen möglich: bei Nichteinhaltung von Vorschriften. Hohe Verwaltungsstrafen, Veröffentlichung der Sanktionen oder Aufsichtsmaßnahmen. Quelle: WK Versicherungsmakler » Es kann nicht sein, dass sich jeder die Zuckerln heraussucht. Wir haben jetzt die Chance, dass wir den Markt sauber gestalten. « Christoph Berghammer, Maklerobmann 176 www.fondsprofessionell.at | 3/2018 fonds & versicherung I versicherungsvertriebsrichtlinie Foto: © WKO

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=