FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2018

gesetzte Miete durchgehend über die folgen- den 20 Jahre indexiert. Das ist unrealistisch. In der dritten oder vierten Vermietung be- kommt man nicht die eingangs kalkulierte und voll indexierte Erstmiete. Erst recht nicht ohne Investitionen in die Vermietung, die in den Kalkulationen gar nicht stattfinden. Hardt: Dem widerspreche ich entschieden. Prantner: Eine neue Wohnung ist frisch und jungfräulich wie eine attraktive Braut. Sie geht super weg ebenso wie eine 30-Quadratmeter- Wohnung oder die Single-Wohnungen. Aber was passiert, wenn der erste Mieter auszieht? Hardt: Ich geben Ihnen recht, dass es schon Anbieter gibt, die Fantasiemieten angeben und keinen Leerstandsaufwand kalkulieren. Ich bitte aber, nicht zu pauschalisieren. Wenn es nach Ih- nen geht, könnte ich im Altbau gar nicht mehr vermieten, weil er immer älter und unbrauchba- rer wird. Tatsächlich geht die Miete in den inne- ren Bezirken aber immer weiter rauf, weil da Wohnungen ein knappes Gut sind. Deshalb ist für die Nachhaltigkeit des Mietertrags die Lage so wesentlich. Außerdem kann eine Wohnung 200 oder 300 Euro pro Quadratmeter mehr kos- ten, wenn sie eine schöne Lage und eine gute Ausstattung hat. Ich nehme lieber diese Woh- nungen als eine günstigere Wohnung, die nicht so nachhaltig vermietbar ist. Das ist auch ein Qualitätsthema, das immer vergessen wird. Zgubic: Es werden teure Wohnungen mit attrak- tiv gerechneten Renditen und mit Steuervorteilen verkauft. Das sind keine Einzelfälle. Der Kunde bekommt zwar die 20 Prozent Mehrwertsteuer zurück, muss aber 20 Jahre durchhalten, um den Steuervorteil nicht zu verlieren. Prantner: Und wir beobachten, dass bei der Rendite vorne ein Dreier stehen muss. Endlweber: Das will auch der Kunde! Viele lassen sich lieber mit einer falschen Progno- serechnung anlügen, um eine schöne Rendite zu sehen und ein gutes Gefühl zu haben. Zgubic: Wenn es ums Geld geht, lässt sich kei- ner gern anlügen. Man muss ehrlich sein, dem Kunden ehrlich vorrechnen und ihm gegebenen- falls sagen, dass man für ihn kein Produkt hat. Raab: Wir haben in unseren Unterlagen nirgends eine Rendite stehen. Zgubic: Aber der Kunde wird fragen, was er von seinem Investment hat. Raab: Wir prognostizieren für den Kunden eine von der Wohnung abhängige zu erwartende Miete. Die Wirtschaftlichkeits- und Totalgewinn- rechnung nennt aber keine Rendite. Ein guter Berater zeigt seinem potenziellen Anleger meh- rere Szenarien. Ich wehre mich aber gegen den Begriff „Worst Case“, weil der „Worst Case“ bei mir ist, wenn das Kernkraftwerk Bohunice in die Luft geht. Dann wären unsere Vorsorgewohnun- gen in Wien tatsächlich nichts mehr wert. Endlweber: Das ist ein bisschen kleinlich. Denn den „Best Case“ hört jeder gern, und dazu gibt es nun einmal ein Pendant. Das ist der „Worst Case“, bei dem man mit einer Wohnung kein Geld verdient, sondern drauf- zahlt. Und das ist durchaus möglich. Raab: Da gebe ich Ihnen recht. Prantner: Eine gute Sache ist, was einige An- bieter beim Kredit machen: nicht nur mit 1,5 Prozent Sollzins rechnen, sondern auch mit sechs Prozent. Das zeigt dem Kunden, dass die Rate um ein Viertel steigen kann, wenn der Zins- satz steigt. Endlweber: Sensitivitätsanalysen sind bei Beteiligungsmodellen durchaus etabliert. Sie lassen sich auch für das operative Ergebnis erstellen und beispielsweise mit dem Finan- zierungsthema verknüpfen. Es könnten leicht mehrere Szenarien dargestellt werden, was bei den Vorsorgewohnungen leider fehlt. Raab: Das stimmt nicht. Wir haben das immer so gemacht und haben das mit dem Kunden besprochen. Prantner: In der Fachliteratur heißt es: „Die ver- meintlich einfach zu handhabende lukrative Vorsorgewohnung erweist sich im Nachhinein oft als wesentlich aufwendiger und weitaus Dipl.-Ing. Philipp Hain, Selected Estate: „Die Anleger, die langfristig investieren, um etwa ihren Kindern etwas zu vererben, schauen sich definitiv mehr an als die Werbung.“ Fotos: © Marlene Fröhlich » Es wäre gut, wenn bei der Vorsorgewohnung nicht von einer risikolosen Veranlagung gesprochen würde. « Mag. Christian Prantner, Arbeiterkammer 156 www.fondsprofessionell.at | 3/2018 roundtable I vorsorgewohnungen

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