FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2018

natürlich nicht jedes Jahr eine Vorsorgewohnung verkaufen. Dr. Manfred Raab (Raab & Raab): Ich bin Ih- nen für die Studie grundsätzlich dankbar, weil sie die Spreu vom Weizen trennt. Wir wollen – da sind wir einer Meinung – Rechtssicherheit haben. Langfristige Prognosen können weder Sie von der Arbeiterkammer noch wir machen. Wir können aus der Vergangenheit Annahmen treffen. Ob sie eintreffen oder nicht, können wir auf keinen Fall zusagen oder garantieren. Aber: Den Anleger, den Sie im Blickfeld haben, haben wir nicht. Das Produkt ist für alle, die nur ein kleines oder gar kein Vermögen haben, nicht geeignet. 50 Prozent der Vorsorgewohnungen werden immer wieder von bestehenden Kunden gekauft. Sie machen das, weil sie mit unserer Leistung und mit dem Produkt als solches zu- frieden sind. Hardt: Auch bei uns kaufen in den meisten Fällen „Wiederholungstäter“, die mit ihren Wohnungen glücklich sind. Damit diese Kunden wiederkommen, achten wir auf eine gute Quali- tät. Die Preise dürfen nicht zu hoch sein, und in den Prognoserechnungen muss man von seriösen Annahmen ausgehen. Die Zins-, Inflations- und Renditeerwartungen müssen vernünftig sein. Man kann aber immer nur aus der Vergangenheit in die Zukunft ableiten. Sicher ist das jedoch nicht, und deshalb müssen die Kunden darauf achten, dass die Prognosen seriös gemacht sind. Wenn Anbieter zum Beispiel das Leerstandsrisi- ko ganz außer Acht lassen, ist das nicht so, wie es sein sollte. Prantner: Man kann natürlich nicht in die Zu- kunft schauen, das ist klar. Aber der Punkt ist, dass viele Prognoserechnungen sehr oder allzu optimistisch sind. Für den Kunden wäre es sinn- voll und hilfreich, wenn man ihm nicht nur „Best Case“-Szenarien vorrechnet, sondern auch schlechtere Annahmen oder ein „Worst Case“- Szenario. Das zeigt, was passiert, wenn zum Beispiel die Kosten höher oder die Mieterträge geringer als geplant sind oder die Zinsen steigen. Wir sehen übrigens sehr positiv, dass die Wiener Privatbank auf das Zinsänderungsrisiko hinweist und das in den Unterlagen explizit hervorhebt. Dipl.-Ing. Philipp Hain (Selected Estate): Die Studie ist zwar spannend, geht aber in eine ten- denziell abweisende Richtung. Trotzdem ma- chen Sie Werbung, weil viele Menschen Vorsor- gewohnungen gar nicht kennen. Viele Kritik- punkte sind sicher berechtigt. Endlweber: FONDS professionell hat in den vergangenen Jahren wiederholt berichtet, wenn Kalkulationen und Prognosen zu opti- mistisch waren. In Ihrer Studie klingt aller- dings durch, dass generell viel zu optimistisch kalkuliert wird. Mir fehlt dabei die Lösung. Mit einer Checkliste allein ist es nicht getan. Wie sollte denn Ihrer Meinung nach eine Prognose qualitativ aussehen? Zgubic: Uns ist aufgefallen, dass viele Kosten, die regelmäßig anfallen, unter den Tisch fallen. Es können zum Beispiel nicht alle Betriebskos- ten auf den Mieter umgelegt werden, oder vor einer Neuvermietung muss die Wohnung even- tuell hergerichtet werden. Raab: Das ist nicht bei allen Anbietern so! Zgubic: Die Risiken bei den Steuervorteilen müssen den Kunden ebenfalls bewusst gemacht werden. Und: Maßgeblich für die Renditebe- rechnung ist der Kaufpreis. Ich würde die Preise nicht als günstig bezeichnen, wenn man sie mit den durchschnittlichen Quadratmeterpreisen für (selbst genutzte; Anm.) Eigentumswohnungen vergleicht. Vorsorgewohnungen sind deutlich teurer, und wie das mit den dargestellten Ren- diten zusammengeht, ist nicht immer nachvoll- ziehbar. Raab: Hier liegt ein Missverständnis vor. Die Vorsorgewohnung ist unter anderem deshalb et- was teurer als eine normale Eigentumswohnung, weil sie im Durchschnitt kleiner ist. Bei kleine- ren Wohnungen benötigt man bezogen auf die Gesamtfläche beispielsweise mehr Wohnungs- eingänge und mehrere Elektro- und Sanitärin- stallationen. Wir reden hier nicht über kleine Be- träge. Zwei Wohnungen à 50 Quadratmeter sind in der Herstellung wesentlich teurer als eine Wohnung mit 100 Quadratmetern. Das rechtfer- tigt die höheren Preise für Vorsorgewohnungen. Hardt: Wenn man Küche, Bad, WC, Installatio- nen doppelt benötigt, sind die Kosten höher. Das ist so. Die Anbieter der Vorsorgewohnungen ma- chen sich da kein Körberlgeld. Mag. Gabriele Zgubic, Arbeiterkammer: „Es werden teure Wohnungen mit attraktiv gerechneten Renditen und mit Steuervorteilen verkauft. Das sind keine Einzelfälle.“ » Wer seit 2008 in eine Vorsorgewohnung investiert hat, hat sicher deutlich mehr Rendite erzielt, als jemals prognostiziert worden ist. « Dr. Helmut Hardt, Wiener Privatbank 153 www.fondsprofessionell.at | 3/2018

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