FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2018

Küchenpersonals ausgesetzt ist, darauf aber mit Entlassungen reagiert und seine Burger statt von Menschenhand von einem Roboter zusammen- stellen lässt – ein durchaus realistisches Beispiel. Und beim Thema Value versus Growth halte ich es eher mit Warren Buffett, der gesagt hat, dass Value und Growth an der Hüfte miteinander verwachsen sind. Heuser: Damit sind wir eigentlich beim Aus- blick nach vorn. Worauf müssen sich Inves- toren Ihrer Erwartung nach einstellen? Morton: Wenn wir von den nächsten zwölf Monaten ausgehen, dann muss man sicher mit ziemlich wackeligen Märkten rechnen. Anderer- seits sind die Aussichten gut, dass wir uns im Übergang zum neuen Jahr in einer durchaus wieder besseren Situation wiederfinden werden, unabhängig vom Ausgang der Mid-Term-Wah- len in den USA. Wir sind ein Value-Investor, daher sind wir natürlich ohnehin von Value-The- men getrieben. Die Tatsache, dass der chine- sische Aktienmarkt seit Januar in US-Dollar gerechnet um 30 Prozent zurückgegangen ist, hat dazu geführt, dass wir heute durchaus interessante Bewertungen an den Aktienmärkten vorfinden, nicht nur im allgemeinen Sinn, son- dern auch in speziellen Sektoren. Ich glaube, dass sich damit eine Reihe von Möglichkei- ten eröffnet hat, sein Portfolio sozusagen „Trump-sicher“ zu machen. Heuser: Wie sieht das konkret aus? Morton: Wir haben in jüngerer Zeit vor allem Aktien von binnenmarktorientierten Unternehmen gekauft, die ihr Geld zu 100 Prozent in China selbst verdienen. Das Kon- sumentenvertrauen in China ist zwar ein wenig zurückgegangen, aber die Einzel- handelsverkäufe wachsen immer noch um neun bis zehn Prozent. Das ermöglicht Investments in Unternehmen, die mit 15 bis 20 Prozent wachsen und ein KGV im ein- stelligen Bereich sowie Dividendenrenditen von sechs Prozent aufweisen. Das ist ein durchaus attraktives Paket. Außerdem er- scheinen uns einzelne Automobilwerte in China sehr attraktiv. Auffällig ist auch, dass einige heimische Markennamen inzwischen die Qualität internationaler Marken erreicht haben, hier ist vor allem die Branche der Sportartikelhersteller zu nennen. Auch die Logistik ist nach wie vor eine für uns inter- essante Branche. Heuser: Und wo sehen Sie Chancen außerhalb des chinesischen Marktes? Morton: Eine aus unserer Sicht wirklich attrak- tive Anlagemöglichkeit bietet sich in Indonesien. Auch dieser Markt notiert rund 30 Prozent unter seinem diesjährigen Höchststand, und das hat dazu geführt, dass es einige Unternehmen gibt, die inzwischen wieder auf dem niedrigsten KGV-Niveau ihrer eigenen Börsengeschichte notieren. Das sagt mir, dass sich hier einige wirklich gute „Bottom-Fishing“-Möglichkeiten eröffnen. Deren Kurse werden nun nicht morgen oder im nächsten Monat gleich wieder durch die Decke gehen, aber ich erwarte schon, dass wir mit solchen Investments zum Ende dieses Jahres und im Übergang zu 2019 einiges an satten Erträgen für unsere Anleger erzielen werden können. Heuser: Lassen sich auch in Japan so aus- sichtsreiche Investments ausmachen? Li: Vielleicht nicht in dem genannten Ausmaß, aber wir finden durchaus einige attraktive Aktien in Bezug auf deren aktuelle Bewertung. Die anhaltenden Diskussionen zwischen den USA und China über die Einführung von Handels- zöllen sind natürlich auch am japanischen Aktienmarkt nicht spurlos vorbeigegangen. Das hat dazu geführt, dass einige global agierende Industrie- und Produktionswerte inzwischen auf einem attraktiven Niveau notieren. Konkret gesagt kann man heute Aktien, die früher bei einem KGV von 20 standen, zu einem Kurs- Gewinn-Verhältnis kaufen, das mittlerweile zwi- schen zehn und 15 liegt und damit wieder attrak- tiv ist. Das gilt insbesondere für Unternehmen, die aufgrund ihrer global marktbeherrschenden Stellung nur ein sehr geringes Substitutionsrisiko aufweisen. Hier finden wir echten Value, der ein Wachstum von 15 bis 20 Prozent in den nächs- ten drei Jahren eröffnet. Insbesondere Unterneh- men, die in der Automation von Fertigungs- betrieben aktiv sind, weisen ein attraktives Be- wertungsniveau auf. Heuser: Es fällt auf, dass Sie zudem verstärkt in Personaldienstleister investieren. Was ist hier der Hintergrund? Li: Dabei spielt die Tatsache eine wesentliche Rolle, dass Japan aktuell eine Arbeitslosenrate von gerade einmal 2,2 Prozent aufweist. Ein so niedriges Niveau spiegelt die strukturell bedingte Knappheit in Bezug auf verfügbare Arbeitskräfte wider, die derzeit im Land herrscht. Das wiede- rum macht Personaldienstleister und Recruit- ment-Firmen interessant, die zum Teil auf einem KGV-Niveau von 20 notieren. Und dahinter steht sozusagen ein deutlich defensiveres Ge- schäftsmodell, das aber Wachstumsraten von 20 Prozent ermöglicht. Besondere Aufmerksamkeit verdient meiner Ansicht nach auch der in Japan geradezu boomende Sektor der Drogeriemärkte, insbesondere aus zwei Gründen: Zum einen spielt dieser Branche eine weiterhin sehr stark alternde Bevölkerung in die Hände, zum ande- ren herrscht in diesem Sektor eine rege Über- nahmeaktivität, wodurch sich zum Teil beson- ders vielversprechende Investmentmöglichkeiten ergeben. Sauren: Und wie sieht es an den europäischen Aktienmärkten aus, Herr Gibbs, insbesonde- re aus Sicht eines Long/Short-Managers? Andrew Gibbs: „Wir setzen auf der Long-Seite aus- schließlich auf starke und erprobte Geschäftsmodelle und vermeiden insbesondere sogenannte Concept Stocks.“ 100 www.fondsprofessionell.at | 3/2018 sauren golden awards 2018 I roundtable Fotos: © Christoph Hemmerich » Wir finden echte Chancen nur durch eine strenge Bottom-up- getriebene Suche nach einzelnen Unternehmen. Das macht es gerade in einem Long/Short- Portfolio im laufenden Jahr erheblich schwieriger. « Andrew Gibbs, Otus Capital Management

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