FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2017

Ansatz verfolgen, in den vergangenen Jahren auf eine harte Probe gestellt wurden. Einen guten Value-Investor zeichnet die innere Stär- ke aus, auch mal unpopuläre Wege zu gehen. Ist die hohe Abhängigkeit von einem einzigen Fonds nicht ein Risiko für das Unternehmen? Wir sind durchaus breit aufgestellt: Zu den rund 1,4 Milliarden Euro, die wir in 13 Publi- kumsfonds verwalten, kommen knapp 2,6 Milliarden Euro aus 16 Spezialfonds institu- tioneller Kunden hinzu. Früher verwaltete Lingohr deutlich mehr Assets, in den letzten Jahren gab es hohe Rückflüsse. Vertrauen Ihnen Investoren inzwischen wieder frisches Geld an? Seit ich das Investmentteam übernommen habe, konnten wir unsere Assets um rund 800 Millionen auf etwa vier Milliarden Euro stei- gern. Einige unserer bestehenden Kunden haben ihre Positionen aufgestockt. Das Mo- mentum ist gut, und wir führen zurzeit sehr viele Gespräche mit potenziellen Neukunden. Ihren US-Aktienfonds wird LBB-Invest im März kommenden Jahres aber ab- wickeln, weil er zu klein geworden ist. Zuletzt verwaltete der Lingohr-Ameri- ka-Systematic-LBB-Invest weniger als vier Millionen Euro. Hinter der Schließung stehen vor allem stra- tegische Gründe. Wir haben schon vor gerau- mer Zeit mit der LBB-Invest besprochen, den Fonds zu schließen – nicht nur wegen des ge- ringen Volumens. Der Wettbewerb bei reinen US-Aktienfonds ist sehr hoch, es gibt hervor- ragende Manager, die sich auf dieses Thema konzentriert haben. Wir dagegen haben uns auf global und regional ausgerichtete Strate- gien spezialisiert, ein Einzelländerfonds passt da nicht in die Fondspalette. Das heißt aber nicht, dass wir uns nicht mehr mit amerikani- schen Aktien beschäftigen. Ganz im Gegen- teil: Der US-Anteil in unseren globalen Port- folios hat 2016 deutlich outperformt. Mussten Sie angesichts der hohen Mit- telabflüsse eigentlich Stellen abbauen? Nicht im Investmentteam und auf der Ver- triebsseite, dort konnten wir uns sogar signi- fikant verstärken. Im Investmentteam arbeiten inzwischen 15 Kollegen. Dieses Team ist mit Blick auf Alter, Geschlecht und Erfahrungs- hintergrund sehr heterogen aufgestellt, was mir sehr wichtig ist. Ich bin fest davon über- zeugt, dass das Team der bessere Portfolio- manager ist – auch wenn sich ein prominenter Stockpicker im Vertrieb vielleicht besser macht. Aber auch hier halten wir an unserer Überzeugung fest. Sie hatten Ihr Research über Faktoren und deren Einfluss auf die Aktien- entwicklung erwähnt. Wäre es da nicht eine Überlegung, sich dieses Know-how zunutze zu machen und auf den Smart- Beta-Zug aufzuspringen? Entsprechende ETFs sammeln gerade Milliarden ein. Von diesem Trend könnte auch Lingohr & Partner profitieren. Wir verstehen uns als langfristige Investoren, für die tiefgreifendes Research und langjäh- rige Erfahrung in der Faktorenanalyse der Grundstein sind für die Identifikation funda- mental unterbewerteter Aktien – und das völ- lig unabhängig von einem Index. Smart-Be- ta-Fonds dagegen orientieren sich an einem Index. Meist geht es ihnen darum, Faktor- anomalien auszunutzen. Wie viel fundiertes Research dahinter steckt, ist für Anleger kaum zu erkennen. Außerdem werden viele dieser beliebten ETF-Stile zurzeit zu hohen Bewer- tungen gehandelt, was es schwierig macht, auch künftig Überrenditen zu erwirtschaften. Kurz: Einen Smart-Beta-ETF werden Sie von uns so schnell nicht sehen. Wir hatten anfangs über den Genera- tionswechsel gesprochen. Ging damit auch ein Wechsel in der Eigentümer- struktur einher? Sind Sie an Lingohr & Partner beteiligt? Die Anteile unseres verstorbenen Unterneh- mensgründers Frank Lingohr gingen 2015 an seinen Sohn über. Die neue Generation der Führungskräfte ist nicht direkt beteiligt, da sich die Übertragung von Anteilen als nicht ganz einfach erweist. Da legt einem unter an- derem das deutsche Steuerrecht leider einige Steine in den Weg. Die Gesellschafter haben dennoch einen Weg gefunden, uns Geschäfts- führer und die wichtigsten Mitarbeiter alle langfristig an das Unternehmen zu binden. Vielen Dank für das Gespräch. BERND MIKOSCH | FP » Einige unserer bestehenden Kunden haben ihre Positionen aufgestockt, und wir führen zurzeit sehr viele Gespräche mit potenziellen Neukunden. « Goran Vasiljevic, Lingohr & Partner AM Goran Vasiljevic: „Langfristig lohnt sich das antizyklische Investieren, auch wenn viele Anleger, die diesen Ansatz verfolgen, in den vergangenen Jahren auf eine harte Probe gestellt wurden.“ 97 www.fondsprofessionell.at | 4/2017

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