FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2017

Umsatzrendite seine Marge noch weiter stei- gert oder dass sich die Marge einer Firma, die eine schwierige Zeit hinter sich hat, auf ein normales Niveau erholt? Entscheidend ist, was bereits eingepreist ist. Mit sinkender Unge- wissheit steigt die Chance, eine Überrendite erwirtschaften zu können. Dafür muss man aber anders agieren oder mehr wissen als der Markt. Aus solchen Überlegungen heraus ha- ben wir im Februar 2016 unter anderem auch begonnen, wieder in Banken zu investieren. Für viele Value-Investoren sind solche Titel von vornherein tabu, schon weil sich kaum einer einzuschätzen wagt, ob nicht doch noch Gift in den Bilanzen schlummert. Klar sind Bankaktien ein unsicheres Invest- ment. Aber diese Unsicherheit spiegelt sich in den niedrigen Börsenkursen wider. Das ist der entscheidende Punkt. Die schwierige Zeit für Value-Investoren generell hatten Sie schon angesprochen. Allerdings blieben viele Ihrer Produkte nicht nur hinter dem breiten Markt zurück, sondern auch hinter anderen Value-Fonds. Ihr Flaggschifffonds, der gut 800 Millionen Euro schwere Ling- ohr-Systematic-LBB-Invest, war 2008 bei Morningstar noch mit fünf Sternen bewertet – inzwischen hat er nur noch einen, zählt also zu den schlechtesten zehn Prozent seiner Vergleichsgruppe. Wie ist das zu erklären? Das lag vor allem an der Ländergewichtung. Seit Auflage 1996 folgt der Fonds unserer traditionellen Strategie, bei der die Portfolio- konstruktion durch eine Gleichgewichtung der Ländermodule sowie der Einzeltitel innerhalb der Module umgesetzt wird. Dies ermöglicht eine breite Diversifizierung. Im Lingohr-Sys- tematic-LBB-Invest machen Aktien aus den USA daher nur zehn Prozent des Volumens aus und konnten so kaum vom Boom am US- Markt profitieren. Im MSCI World stehen die Vereinigten Staaten dagegen für mehr als die Hälfte des Index, bei vielen Fonds von Wett- bewerbern ist es ähnlich. Wenn Sie so wollen, war das ein konstruktionsbedingter Nachteil unseres Fonds. Doch naturgemäß steigt mit jedem Jahr, in dem die Wall Street outper- formt, die Wahrscheinlichkeit, dass sie in Zukunft schlechter abschneidet als Börsen anderer Industrieländer. Dann wird unser Fonds in den Ranglisten wieder ganz vorne zu finden sein. Der Value-Ansatz bei der Einzeltitelaus- wahl war also gar nicht der entscheiden- de Punkt für die schlechte Performance? Nein, keinesfalls! Die Aktienselektion nach Value-Kriterien funktioniert und führte über die letzten Jahre in der Mehrzahl der Länder sogar zu positiven Erträgen. Das sehen Sie auch an den Fonds unserer eigenen Sicav, bei denen die Länderquote nicht fixiert ist, son- dern sich implizit aus der Einzeltitelauswahl ergibt. Unser Lingohr Global Equity zum Bei- spiel ist zu rund 30 Prozent in den USA inves- tiert, schon deshalb steht er im Wettbewerbs- vergleich deutlich besser da. Chicco findet an der Wall Street also nach wie vor attraktive Aktien – nur eben nicht so viele, wie sie in den klassischen Indizes vertreten sind. Auch wenn die Fonds inzwischen wieder besser laufen: Ihr Flaggschiffprodukt, das für drei Viertel Ihres gesamten Publikumsfondsvermögens steht, hat wie erwähnt nur einen Morningstar-Stern. Wie wollen Sie neue Kunden davon überzeugen, hier zu investieren? Im klas- sischen Finanzvertrieb gilt ein solcher Fonds als unverkäuflich. Wir müssen aktuell viel Aufklärungsarbeit leisten und setzen auf antizyklische Investo- ren, die einen guten und disziplinierten Anlageprozess suchen. Wir warnen davor, Fondsmanager aufgrund ihrer kurzfristigen Performance zu beurteilen. Wenn wir einen Quality-Growth-Fonds hätten, der prima gelaufen ist, würde uns das Geld von allein zufließen – aber das hilft den Kunden nicht und ist nicht das, wovon wir überzeugt sind. Langfristig lohnt sich das antizyklische Inves- tieren, auch wenn viele Anleger, die diesen Goran Vasiljevic: „Ich bin fest davon überzeugt, dass Value-Investing vor einem Comeback steht. Qualitätstitel und Growth-Aktien sind in den vergangenen Jahren viel zu gut gelaufen, da ist eine Trendwende überfällig.“ » Einer der größten Fehler bei der Kapitalanlage ist es, die künftigen Unsicherheiten auszublenden. Unsicherheiten gibt es immer. « Goran Vasiljevic, Lingohr & Partner AM Foto: © Christoph Hemmerich markt & strategie I goran vasiljevic | lingohr & par tner am 96 www.fondsprofessionell.at | 4/2017 Goran Vasiljevic Goran Vasiljevic, 36, studierte Finanzwissenschaften in New Orleans im US-Bundesstaat Louisiana und arbeitete danach dreieinhalb Jahre als Analyst für zwei kalifornische Brokerhäuser. Im Juli 2011 stieg er als Portfoliomanager bei Lingohr & Partner ein, zugleich war er persönlicher Assistent des Firmengründers. Anfang 2015 übernahm er die Leitung der Research-Abteilung, gut ein Jahr später die Verantwortung für das Investment Management. Seit April dieses Jahres ist er Chief Investment Officer und Mitglied der Geschäftsführung.

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=