FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2017

87 www.fondsprofessionell.at | 4/2017 in den vergangenen vier, fünf Jahren stark ge- sunken. Man muss heute die einzelnen Emit- tenten und jede Anleihe detailliert analysieren. Da entscheidet sich, ob man sein Geld wie- dersieht – oder wie viel davon“, so Knigge. Außerordentlich bedeutend wird diese Ana- lyse, wenn man den Trend bedenkt, dass viele Short-Duration-Fonds zunehmend in High- Yield-Kurzläufer gehen beziehungsweise Short-Duration-High-Yield-Fonds auf den Markt kommen. Eine kurze Portfolioduration wurde natürlich für alle, die an eine nahe Zinswende glauben, in den vergangenen Mo- naten zum obersten Credo. Die Durationen in solchen Fonds liegen typischerweise bei nur zwei Jahren. Damit gleichzeitig das High- Yield-Versprechen gehalten wird, geht es tief in die hochspekulativen Bonitäten hinein, überwiegend in höher verzinste US-Titel. Diese Strategie ergibt für Renditehungrige momentan Sinn, weil die Ausfallsquoten bei absolut tiefen Levels von ungefähr 2,3 Pro- zent liegen. Stockt die Konjunktur jedoch abrupt, droht Ungemach. Anleger und Inves- toren sollten daher Strategie, Flexibilität und Prognosevermögen des Managements in sol- chen Fonds besonders streng bewerten. Marktineffizienzen nutzen Für den allgemeinen High-Yield-Euroraum ist Knigge indes entspannt. An einen dynami- schen Zinsanstieg glaubt er nicht. „Wir sehen jetzt 2,5, drei Prozent Verzinsung. Das werden wir auch in den nächsten zwölf Monaten rea- lisieren können. Anders als in den letzten Jah- ren werden wir aber keine zusätzlichen Kapi- talerträge durch Spreadverengung sehen.“ Die vielen Ungewissheiten sind ein verita- bles Spielfeld, auf dem die unter Druck gera- tenen aktiven Manager ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen können. Stichwort Aufspüren von Marktineffizienzen: Während Investoren im Sommer dem Silicon-Valley-Liebling Tesla eine Milliardenanleihe aus den Händen rissen, hat das Management des Kames Capital High Yield Global Bond Fund lieber die McLaren- Automotive-Anleihe gekauft. McLaren pro- duziert zwar 20-mal weniger Autos, macht aber je Auto dreieinhalbmal so viel Umsatz und hat um ein Vielfaches bessere Margen. Und trotz eines besseren Ratings erhielt man bei McLaren für eine kürzere Laufzeit eine deutlich höhere Rendite (fünf Jahre, 5,75 Pro- zent); bei Tesla 5,3 Prozent für acht Jahre. „Unserer Ansicht nach sorgen Marktineffizien- zen dafür, dass man für weniger Risiko mehr bezahlt bekommt“, sagen die Kames-Manager. Ähnlich auf die wachsame Einzeltitelaus- wahl drängt auch Ulrich Gerhard, Senior Port- folio Manager High Yield von Insight Invest- ment. „Alles dreht sich um Cashflows. Auch wenn wir die Bewertungen für manche Titel nicht mögen; wenn ihr Cashflow solide ist, ist auch das Geschäft okay“, so Ulrich. Wie so viele andere High-Yield-Profis warnt er vor Anleihen aus dem US- und UK-Einzelhandel, die wegen der Digitalisierung unter Druck ste- hen. Möglichen Zinssteigerungen sieht er je- doch gelassen entgegen: „Bei den High-Yield- Returns gibt es einen ausreichenden Polster, um Zinsanstiege zu absorbieren.“ Auch er rät aber zu einer kurzen Duration in Erwartung steigender Zinsen in Europa und den USA. Dass man fix mit einer baldigen Änderung des Zinsumfeldes rechnet, bekräftigt man bei Carmignac. Man stehe definitiv vor einem Wendepunkt, und „bei Wendepunkten heißt es immer aufpassen“, sagt Carmignac-Öko- nom Gergely Majoros im Gespräch. Mit ho- hen Cashquoten wolle man flexibel bleiben. Nur Bankanleihen Bei Anleihen gebe es momentan ohnehin nur wenige Segmente, in denen man sich wirklich wohl fühlt. Dazu zählen europäische Bankanleihen, sagt Majoros: „Das ist der ein- zige Sektor in Europa, wo die Verschuldung tendenziell runtergeht. Das heißt, das Kredit- risiko sinkt. Da finden wir noch attraktive Ge- legenheiten.“ Man habe 2012 sehr vorsichtig angefangen, Bankanleihen zu kaufen: „Zum Schluss waren wir auch in Cocos (Nachrang- anleihen mit Wandlungsfunktion, Anm.) en- gagiert“, so Majoros. Nachdem diese zuletzt „zu stark gelaufen“ waren, sei man aber weit- gehend ausgestiegen. „In diesem Liquiditäts- umfeld, wo man den Wendepunkt in den nächsten Wochen und Monaten sehen wird, möchte man nicht die volatilsten Anleihen im Portfolio haben.“ Die vorrangigeren Bank- anleihen habe man hingegen behalten. „Temporär“ könne man sich auch in Peri- pherieanleihen, insbesondere in Spanien und Italien, gut fühlen. Hier könne man sich noch eindecken, bevor die Renditen sinken. Auf- grund der guten Situation würden in diesen Staaten bald die Renditen sinken, während sie in Deutschland eher steigen sollten, so Majo- ros. „Wir sind für Europa positiv. Wir glauben, dass das Duo Merkel-Macron funktioniert.“ Ausweg Emerging Markets Über das, was in Europa oder den USA als High Yield gilt, schüttelt Thomas Rutz von der Schweizer Boutique Mainfirst nur den Kopf. Das Metier seines lang eingespielten Teams sind Grenzmärkte in Afrika, im Irak oder Kurdistan, „wo jetzt die Diskussion über das Unabhängigkeitsreferendum die Wogen unnötig hochschaukelt“. Für seinen Bereich erwartet er „hohe ein- bis zweistellige Rendi- ten in den nächsten zwei Jahren“. Schwellen- länder-Corporates seien aufgrund von Struk- turreformen in diesen Ländern und wegen der globalen Konjunktur günstig wie selten. „Der Shift von US- und European-High Yield in die Emerging Markets wird kom- men“, gibt er sich überzeugt. Allerdings müs- sen seine Fondskunden auch etwas aushalten. „Wir lieben Krisen, solange es keine Groß- brände sind“, sagt Rutz. „Wir haben nach den Sanktionen russische Titel gekauft. Besonders amerikanische Banken mussten zu Schleuder- preisen verkaufen. Subordinated Sberbank Bonds notierten bei 50 Prozent, heute sind sie wieder pari. Wir haben die Leute in den Unternehmen analysiert und dort gekauft, wo die Beziehungen am nähesten zu Putin waren“, so Rutz zu FONDS professionell. „Natürlich muss ich Kunden motivieren, dass sie gegen den Trend kaufen. Man muss auch Thomas Rutz, Mainfirst, setzt auf Emerging Markets: „Wir lieben Krisen, solange es keine Großbrände sind.“ » Wir stehen definitiv vor einem Wendepunkt, und bei Wendepunk- ten heißt es immer aufpassen. « Gergely Majoros von Carmignac

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