FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2017
233 www.fondsprofessionell.at | 4/2017 darunter. Mit Spannung erwartet die Branche auch die Antwort auf die wichtige Frage, ab wann eine Provision nun „schädlich“ ist. Das lässt die IDD nämlich im Detail offen. Hier wird erwartet, dass die EIOPA als europäische Versicherungsaufsicht beziehungsweise die FMA als nationaler Regulator bald Beispiele für gute oder schlechte Verfahrensweisen lie- fern. Laut Johannes Muschik, Obmann des Branchenverbandes der selbstständigen Versicherungsvermittler und Finanzberater (AFPA), sind da zumindest keine Überra- schungen zu erwarten: „Die Blaupause für viele Bestimmungen aus der IDD stammt ja aus der Mifid-Regulierung. Insofern gehe ich davon aus, dass sich EIOPA oder FMA im Wesentlichen auch bei Best- und Worst-Prac- tice-Beispielen für die IDD an den Leitlinien orientieren, die wir aus der Mifid-Regulierung schon kennen“, ist er überzeugt. Die europäische Wertpapieraufsicht ESMA sagt in ihren Mifid-Leitlinien zum Beispiel: Gut ist, wenn sich die Vergütung sowohl nach der Menge der verkauften Produkte als auch nach deren effektiver Rendite über einen an- gemessenen Zeitraum richtet. Schlecht: Füh- rungskräfte und Beschäftigte erhalten einen hohen Bonus für ein bestimmtes Produkt. Die FMA wollte auf Anfrage nicht präzi- sieren, welche Provisionsmodelle sie im Ver- sicherungsbereich möglicherweise bald nicht mehr goutieren will. Man könne sich nicht äußern, so lange keine definitive Gesetzesvor- lage existiere, erfährt man. Rolle der FMA Derzeit sieht Paragraf 128 (4) der VAG- Novelle vor, dass die FMA per Verordnung festlegen kann, welche Vergütungspraktiken schädlich sind. Der Maklerverband hätte diese Verordnungsermächtigung aber gern gestri- chen. Argument: Die FMA wäre dann Kon- troll- und Rechtsetzungsorgan in einem. Da- mit stehen also auch die Kompetenzen der FMA noch zur Diskussion. Maklerobmann Berghammer sitzt jedenfalls auf Nadeln und will nicht erst auf Best-Prac- tice-Beispiele warten. „Wir haben ein Gutach- ten von der Universität Salzburg, das uns sagt, was wir nicht dürfen, jetzt haben wir eines in Auftrag gegeben zur Frage, was man wirklich darf“, sagt er. Die Ergebnisse lagen per Re- daktionsschluss noch nicht vor. Punkto Vergütung muss die Branche auch deshalb „Neuland“ beschreiten, weil die IDD verlangt, dass qualitative Kriterien ebenso belohnt werden, wie Muschik sagt. Das sei entgegen diverser Klagen handlebar: „Es geht nicht nur darum, wie viel ich verkauft hab. Kundenzufriedenheit, die Häufigkeit von Reklamationen, wie lang der Kunde bleibt, das sind alles messbare Parameter, die auch darüber Aufschluss liefern, ob die Qualität stimmt. Man wird dem Versicherungsvermitt- ler künftig auch sagen, wir wollen, dass diese Kunden gut betreut werden. Und das kann man sehr wohl mit einer Provision vergüten“, so Muschik. Bereinigung und Konzentration Unabhängig davon, wie die nationalen Re- geln am Ende wirklich aussehen, dürfte eine Konsequenz bereits feststehen: Es wird nach Ansicht der meisten Branchenvertreter eine Bereinigung am Versicherungsvermittlermarkt stattfinden. „Man sieht ja schon einen Wett- kampf der Systeme. Es gibt Maklerpools, re- gionale Verbände und Franchisesysteme. Klei- ne Betriebe, die nicht die Ressourcen haben, diese Regelungen umzusetzen, werden aufge- ben oder sich einem größeren System an- schließen, einfach damit diese ganze Organi- sation und Compliance für sie abgewickelt wird“, so Muschik. Und damit wird es auch für die auf Margen bedachten Versicherer spannend. Denn große beziehungsweise grö- ßer werdende Pools und Vertriebsunternehmen könnten ihre wachsende Marktmacht durchaus dafür einsetzen, Vorteile für ihre Mitglieder auszuhandeln. EDITH HUMENBERGER-LACKNER | FP Die wichtigsten Änderungen im Überblick: In der IDD wurde parallel zum Begriff Vermittler auch der Begriff des Versicherungsvertreibers eingeführt. Damit wird klargestellt, dass die Richtlinie für jede Vertriebsart von Versicherungs- oder Rückversicherungsprodukten gilt – auch für den Direkt- und Internetvertrieb. Artikel 10: Versicherungsvertreiber müssen über ange- messene Kenntnisse und Fertigkeiten verfügen. Neu ist dabei die Weiterbildungspflicht von 15 Stunden pro Jahr. Die Staaten müssen wirksame Kontroll- und Bewertungs- mechanismen einrichten. Der Versicherungsmaklerver- band kritisiert, dass im Regierungsentwurf keine Kriterien für Weiterbildung konkretisiert werden. Artikel 17: Allgemeiner Grundsatz: Fast ident zur Mifid- II-Regulierung gilt: Die Mitgliedsstaaten stellen sicher, dass Versicherungsvertreiber gegenüber Kunden stets ehr- lich, redlich und professionell handeln. Marketing darf nicht irreführend sein. Es darf keine Vergütung geben, die mit der Pflicht kollidiert, im besten Kundeninteresse zu handeln. Artikel 19: Vor Abschluss des Vertrags müssen dem Kunden diverse Informationen mitgeteilt werden: etwa ob der Makler seinen Rat auf eine ausgewogene und persön- liche Untersuchung stützt und wie sich die erhaltenen Ver- gütungen zusammensetzen (Honorar, Provision …). Artikel 20 (5): Wer eine Nichtlebensversicherungspo- lizze konzipiert, muss ein Informationsblatt erstellen. Die konkreten Regeln für das sogenannte IPID (Insurance Pro- duct Information Document) wurden im August veröffent- licht. Demnach sind die wichtigsten Produktinformationen in einfacher Sprache auf zwei A4-Seiten (in Ausnahme- fällen drei) zusammenzufassen. Das wird nach Ansicht des Maklerverbandes hauptsächlich den Versicherer als „Konzipierer“ treffen. Der Makler wiederum muss gemäß Absatz 4 das IPID vor Vertragsabschluss dem Kunden aushändigen. Er muss das IPID nach derzeitigem Stand auch anfordern. Sinnvoll ist es daher, vorab mit dem Ver- sicherer eine Vereinbarung treffen. Artikel 22 (3): Die Mitgliedsstaaten können den Ver- treibern den Erhalt von Provisionen, Gebühren oder an- derer Zuwendungen untersagen. Artikel 27 und 28: Ein Vermittler oder Versicherungs- unternehmen muss organisatorische oder Verwaltungs- maßnahmen treffen, die ausschließen, dass Interessen- konflikte dem Kunden schaden. Beziehungsweise müssen mögliche Interessenkonflikte vor Vertragsabschluss offengelegt werden. Artikel 29: Beim Vertrieb von Versicherungsanlagepro- dukten sind Provisionen erlaubt, sofern sie sich nicht nachteilig auf die Qualität der Dienstleistung für den Kun- den auswirken und nicht die Verpflichtung des Vermittlers beeinträchtigen, im besten Interesse seiner Kunden ehr- lich, redlich und professionell zu handeln. Hier stört die österreichischen Makler, dass das im nationalen Vorschlag (§ 135 VAG) negativ formuliert wird. Artikel 31: Es muss Verwaltungssanktionen geben, die wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sind. Artikel 32: Verstößt ein Marktteilnehmer gegen die IDD, muss die zuständige Behörde Verwaltungssanktionen oder andere Maßnahmen sofort veröffentlichen (es sei denn, die Veröffentlichung wäre unverhältnismäßig). Dem ent- spricht Paragraf 256a in der VAG-Novelle. Die FMA müss- te alle Maßnahmen und Geldstrafen umgehend auf ihrer Website veröffentlichen – einschließlich der Identität der betroffenen natürlichen Personen. Die Versicherungs- branche wird also künftig – wie man es bereits aus dem Wertpapierbereich kennt – deutlich sichtbarer als jetzt an den Pranger gestellt. Artikel 33: Juristischen Personen, die gegen die IDD verstoßen, droht eine Verwaltungssanktion in Höhe von fünf Millionen Euro oder fünf Prozent des jährlichen Ge- samtumsatzes, natürlichen Personen maximal 700.000 Euro oder das Zweifache der durch den Verstoß erzielten Vorteile oder vermiedenen Verluste. Anders als im Kapi- talmarktgesetz ist also eine Bestrafung der juristischen Person möglich, was für Führungskräfte erleichternd sein wird. Ein Verstoß könnte bereits sein, wenn die Eintragung des Vermittlers ins Register fehlt oder wenn Geschäfte nicht eingetragener Vermittler angenommen werden. AFPA- Obmann Muschik sagt: Vertriebsorganisationen müssen ihre Vermittler verpflichten, ihnen unverzüglich den Verlust der Eintragung zu melden. Quelle: FONDS professionell
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