FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2017

232 www.fondsprofessionell.at | 4/2017 Das wiederum ließe der Branche nur neun Wochen Zeit, die Verordnungsinhalte in die Tat umzusetzen. Unabhängig davon hat der österreichische Finanzminister bereits Vorschläge zur natio- nalen Umsetzung vorgelegt. Sein Ministerium verschickte schon imAugust einen Begutach- tungsentwurf, der Novellierungen für das Ver- sicherungsaufsichtsgesetz 2016 (VAG), das Versicherungsvertragsgesetz (VersVG) und das Einkommensteuergesetz 1988 (EStG) ent- hält. Knapp 20 Stellungnahmen kamen zu- rück. Sie zeigen vordergründig keine allzu lauten Proteste. Doch hinter den Kulissen gibt es durchaus Diskussionen. Gebot oder Verbot? Verunsicherung gibt es zum Beispiel bei den Vergütungen. Besonders die Makler, die zwar ungebunden agieren, aber bei Vertrags- abschluss Provisionen von einem Versiche- rungsunternehmen erhalten, sind in diesem Punkt sensibel. Mit den bisher am Papier ste- henden österreichischen Formulierungen sind sie nur bedingt einverstanden. Streitpunkt sind insbesondere die Versicherungsanlageproduk- te (Lebensversicherungen): Grundsätzlich sieht die IDD in Absatz 2 des Artikels 29 vor, dass Provisionen für Versicherungsanlagepro- dukte erlaubt sind, sofern diese sich nicht nachteilig auf die Qualität für den Kunden auswirken oder die Pflicht des Vermittlers nicht beeinträchtigen ( „… im besten Interesse seiner Kunden ehrlich, redlich und professio- nell zu handeln“) . Demgegenüber ist der Vor- schlag des Finanzministeriums negativ formu- liert. Im Entwurf steht, dass Provisionen ver- boten sind, außer sie wirken sich nach ver- nünftigem Ermessen nicht nachteilig aus (§ 135 (4) VAG). Für den Obmann des Fachver- bandes der Versicherungsmakler, Christoph Berghammer, ist das mehr als nur ein Formu- lierungsunterschied: „Das halte ich für ganz gefährlich. In Österreich wird ein Gebot zum Verbot gemacht. Dann kann es sein, dass uns die FMA ein paar Ausnahmen rausstreicht, und wir sind sehr schnell de facto bei einem Provisionsverbot“, warnt er. Für viele Makler bedeuten Einschnitte bei den Provisionen handfeste ökonomische Pro- bleme; eine Honorarkultur, die Vermittlern das nötige Einkommen gewährleisten würde, gibt es in Österreich nicht: „Im Prinzip sind die Bonifikationen mein Gewinn – das, was über- bleibt. Ohne Anreize ist die Branche tot“, bringt Berghammer das Problem auf den Punkt. Auch die Politik müsse daran Interesse haben, Provisionen nicht zu kappen: „Es macht ja Sinn, wenn in der Bevölkerung eine gewisse Risikoabdeckung vorhanden ist. Da- für muss es aber auch Anreize geben, dass so was vermittelt wird“, argumentiert der Inter- essenvertreter. Aus dem Finanzministerium lässt man al- lerdings anklingen, dass die Branche bei den Provisionen ohnehin gut davongekommen sei – sowohl national als auch auf EU-Ebene: „Trotz von mancher Seite während des euro- päischen Gesetzgebungsprozesses erhobener Forderungen besteht kein Provisionsverbot ohne Ausnahme“, betont eine Sprecherin. Am Ende überlässt es die EU nämlich den Staa- ten, ob sie Versicherungsvertreibern Provisio- nen oder Gebühren verbietet (Artikel 22, Abs. 3). Gut möglich also, dass sich das Finanz- ministerium mit seiner negativen Formulie- rung bewusst den Durchgriff offen lässt. Aus dem Ministerium heißt es gegenüber FONDS professionell jedenfalls: „Die Botschaft ist klar: Schwarze Schafe, die provisionsgetrie- benen Vertrieb zulasten der Kunden machen, werden nicht geduldet.“ Anlageprodukt oder nicht? Doch gerade die Versicherungsanlagepro- dukte zeigen, dass die Ministerien den Betrof- fenen noch entscheidende Infos schuldig sind: Es ist nämlich noch nicht klar, welche Le- bensversicherungsprodukte überhaupt als An- lageprodukte eingestuft werden. Das ist kein unwesentliches Detail, denn für die Vermitt- lung der sogenannten IBIP (Insurance-Based Investment Products) sieht die IDD strengere Regelungen vor als für gewöhnliche Versiche- rungsprodukte (Artikel 26 bis 30). Außerdem muss für anlagebasierte Versicherungsproduk- te ein Basisinformationsblatt nach der PRIIP- Verordnung bereitgestellt werden, während für nichtanlagebasierte Polizzen ein „Beipackzet- tel“ nach der IPID-Verordnung nötig ist. Weil falsches Verhalten gemäß IDD mit hohen Sanktionen bedroht ist (siehe Kasten nächste Seite) , fordern die Branchenvertreter Rechts- sicherheit. Die Makler wünschen sich, dass einige Produkte von den strengeren Regeln explizit ausgenommen werden: Pensions- zusatzversicherung, prämienbegünstigte Zu- kunftsvorsorge, sofort beginnende oder auf- geschobene Rentenversicherungen, Risiko- versicherungen (Ablebens-, Pflege-, Berufs- unfähigkeitsversicherungen …) sowie die betriebliche Altersvorsorge sollen nicht als IBIP gelten. Einfach wird die Erstellung dieses „Kata- logs“ nicht, denn selbst die deutsche Aufsicht Bafin hat im Sommer bestätigt, dass die Ein- stufung „nicht leicht“ sei. Jedenfalls fallen laut Bafin typischerweise kapitalbildende Lebens- versicherungen mit Überschussbeteiligung steuer & recht I idd Foto: © Beigestellt | Hemmerich | Gaube | Menzl Versicherungsmakler-Obmann Berghammer: „Hier wird ein Gebot zum Verbot gemacht. Das ist gefährlich.“ AFPA-Obmann Muschik: „Es wird Bereinigungen geben. Man sieht schon jetzt einen Wettkampf der Systeme.“ » Die Botschaft ist klar: Schwarze Schafe, die provisionsgetriebenen Vertrieb zulasten der Kunden machen, werden nicht geduldet. « Position des Finanzministeriums zu Provisionen

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