FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2017

217 www.fondsprofessionell.at | 4/2017 Moneymeets, die Strategie. Die Herangehens- weise der Plattform könnte Hinweise darauf liefern, wo sich Social Trading hinentwickelt: weg von einer Stand-alone-Lösung, hin zum Baustein eines Gesamtpakets. Denn bei Moneymeets liegt der Anteil, den die sozialen Handelsaktivitäten am Umsatz erzielen, laut Unternehmensangaben bei inzwischen nur mehr 50 Prozent. Hohe Marktdynamik Die branchenweite Erweiterung von Pro- duktpalette und Angebot erfolgt vor dem Hin- tergrund einer hohen Dynamik. Das Segment für Social Trading wächst in Deutschland bei den drei wichtigsten Vertretern stetig weiter. Etoro verzeichnet rund 200.000 aktive Nutzer, bei Ayondo sind es insgesamt rund 220.000 Nutzer weltweit. Auch für Wikifolio ist Deutschland der wichtigste Markt. Anders als bei Etoro und Ayondo, bei denen Trading- Strategien per Differenzkontrakt (CFD) ko- piert werden, emittieren die Österreicher über die Partnerbank Lang & Schwarz eigens auf- gelegte Indexzertifikate. Wie groß die Plattformen tatsächlich sind, ist letzten Endes aber schwer herauszufinden. Umsätze oder gar Gewinn werden nicht publiziert. Auch muss man bei den Nutzer- kennzahlen oft genau hinsehen. So weist Wikifolio gern auf die publizierten Portfolios hin, die laut Eigenangaben bei über 14.000 liegen. Geld steckt allerdings nur in den investierbaren Folios, und das sind dann ins- gesamt nur mehr rund 5.000. Die Wachstums- raten sind trotzdem beachtlich (siehe Grafik unten). Regulatorische Vorteile Vorteile gegenüber den traditionellen Ver- triebs- und Investmentkanälen haben die Social Traders insofern, als die Konzepte so gestrickt sind, dass sie die immer schärfer werdenden Regularien, die herkömmliche Berater erfüllen müssen, bei relativ ruhigem Wind umschiffen. Denn Anlageberater bei Banken müssen sich bereits seit dem 2007 mit der EU-Finanzmarktrichtli- nie Mifid herumschlagen. Sie sind seitdem vor allem in der Pflicht, jedes Beratungsgespräch in einem umfas- senden Protokoll zu dokumentieren. Wenn Anfang 2018 auch noch die neuen Regelungen der EU-Finanz- marktrichtlinie Mifid II scharf geschal- tet werden, haben Anlageberater bei Kreditinstituten noch einmal deutlich strenge- re Vorgaben zu beachten. Zwar wird die neue Geeignetheitserklärung das Beratungsproto- koll künftig ersetzen und die Dokumentations- pflichten etwas verringern, andererseits kom- men aber weitere Regelungen hinzu. So müs- sen Berater etwa bei jedem Finanzprodukt prüfen, für welchen Zielmarkt es bestimmt ist. Was Anlageberater ebenfalls schreckt, ist die Pflicht, telefonische Beratungsgespräche auf- zuzeichnen und elektronische Kommunikati- on, die potenziell zu einer Order führen kann, zu archivieren. In der „nicht unabhängigen Anlageberatung“ sind künftig weiterhin alle Vertriebs- und Bestandsprovisionen offenzu- legen. Damit eine Bank die Zuwendungen be- halten darf, muss sie zudem die Qualität der für den Kunden erbrachten Dienstleistung ver- bessern. Dazu können zum Beispiel jährliche Depotchecks oder regelmäßige Berichte über die Wertentwicklung und die Kosten von Fi- nanzinstrumenten gehören – zusätzliche Ar- beit für die Berater. Ausweichmanöver Social-Trading-Plattformen weichen diesen Regularien mehr oder weniger elegant aus. Sie stellen sich schlicht auf den Standpunkt, dass sie gar keine Anlageberatung anbieten – weder sie selbst noch die Trader hinter den Portfolios. Das entlastet sie ihrer Meinung nach von allen damit verbundenen Verpflich- tungen. Ob der Regulierer das auf alle Zeit ebenso einschätzt, ist freilich noch offen. Die Index-Manager bei Wikifolio werden nicht Manager oder Investor, sondern „Redak- teur“ genannt – das ist aus Sicht des Anbieters zulässig, da die abgebildeten Portfolios nicht das Zertifikat selbst darstellen, das man letzten Endes zeichnen kann, sondern eben nur ein Wikifolio. Ein weiterer argumentatorischer Kniff, der regulatorische Vorteile bringt. Auch die Risikoeinstufungen werden eher salopp umgesetzt. ImAnmeldungsprozess ge- ben Nutzer in der Regel zwar ihren finanz- technischen Bildungsgrad und andere Eigen- schaften wie Risikoaffinitäten an, letzten Endes entscheiden sie sich aber auf eigene Faust für oder gegen ein Investment. Beson- ders risikoreiche Investmentstrategien werden zwar oft ausgewiesen – etwa mithilfe roter Buttons – viel mehr geschieht aber nicht. User beklagen mitunter auch intransparente Gebührenmodelle, die gerade bei kleineren Portfolios relativ rasch aus einem Gewinn einen unerwarteten Verlust machen können. Technische Aussetzer bei der Ausführung von Trading-Ordern oder ein mangelhaftes Set an einsetzbaren Order-Möglichkeiten im Limit- bereich können den Usern ebenfalls das Leben schwer machen – wobei das ein Problem ist, mit dem man mit- unter auch bei herkömmlichen Online- Brokern zu kämpfen hat. Social Trading dürfte im deutsch- sprachigen Raum also gekommen sein, um zu bleiben. Das zeigen nicht nur steigende Userzahlen, sondern auch die immer stärker werdenden Verflechtungen mit traditionellen Marktteilnehmern – sei das über die Bereitstellung von Trading-Infra- struktur, das aktive Partizipieren am Handel oder den Einstieg als Finanz- investor. HANS WEITMAYR, ANDREA MARTENS, JENS BREDENBALS | FP Johannes Cremer, Moneymeets: „Ein großer Schritt in Richtung eines umfassenden Finanz-Ökosystems.“ Boom im Social Trading Die Wikifolio-Zahlen zeigen seit einem halben Jahrzehnt nach oben Echtes Geld steckt nur in den „investierbaren“ Wikifolios – doch auch hier ist die Entwicklung nach wie vor dynamisch. Quelle: Wikifolio 0 2000 4000 6000 8000 10000 12000 14000 2012 2013 2014 2015 2016 Investierbar Publiziert

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