FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2017

193 www.fondsprofessionell.at | 4/2017 Überraschende Wende Dann kam die Überraschung: Bei Allianz GI gehen die Gebühren doch aufs Haus. „Wir wissen, dass wir uns mit unserer Entschei- dung, die Researchkosten nicht auf Kunden umzulegen, nicht nur Freunde machen“, sagte Tobias Pross, der das Geschäft in der Region Europa, Nahost und Afrika verantwortet. Kurz danach entschied auch die Deutsche AM, die Kosten zu übernehmen. Diese Trendwende versetzte die Führungsetagen in Aufregung, die offenbar eine Art stillschweigende Ab- machung der Häuser erwartet hatten. Union Investment vollzog dann eine Kehrtwende und verkündete, die Ausgaben für externe Analysen doch selbst zu übernehmen. „Unser Ziel war es von Anfang an, dass die Gesamt- höhe der zukünftigen Kosten aus Transaktio- nen und Research den bestehenden Status quo nicht überschreitet“, versuchte Hans Joachim Reinke, Vorstandsvorsitzender von Union Investment, den Rückzieher zu erklären. „Wir gehen nach unserer Entscheidung von einer Reduzierung der Gesamtkosten für unsere Kunden aus.“ Die Union ist mit ihrem Schwenk nicht allein. Auch Janus Henderson, Schroders und der Hedgefondsanbieter Man Group änderten ihre Meinung und folgen nun dem Bran- chentrend. Am Ende teuer bezahlt Verfechter des Wegs, die Researchrechnung den Fonds aufzubürden, verweisen darauf, dass die Neufassung ohnehin ein Nullsum- menspiel sei. Denn die Aufwendungen für Research sind bisher schon in den Transak- tionskosten enthalten – nur eben versteckt. Die Ausgaben für Analysen erscheinen künf- tig einfach nur als sichtbarer eigener Posten. Die Transaktionsgebühren sollten dement- sprechend sinken, da sie ab 2018 allein die Dienstleistung des Wertpapierhandels ab- decken und nicht mehr die der Analyse. Zu- dem sei nicht sicher, dass die Ausgaben für Research tatsächlich wie angekündigt in den Büchern der Asset Manager, sondern viel- leicht doch bei den Anlegern landen – in Form höherer Managementgebühren. Ob sich angesichts des Preisdrucks in der Branche und der Konkurrenz günstiger passiver Produkte tatsächlich höhere Gebühren durchsetzen lassen, erscheint aber fraglich. Ein weiteres Argument dieser Gruppe: Anleger könnten am Ende teuer dafür bezahlen, wenn ihre Ma- nager die Gebühren auf die eigene Kappe nehmen. Denn dies könnte zu Einsparungen bei den Analysen führen, was den Invest- mentprozess und letztendlich die Performance beeinträchtige. Gänzlich uneigennützig ist die Entschei- dung von Blackrock, Pimco und Co., die Stu- diengebühren selbst zu tragen, wiederum nicht. „Die Asset Manager fürchten, von ihren Kunden mit Klagen überzogen zu werden“, verrät ein Brancheninsider FONDS profes- sionell. Denn insbesondere institutionelle Investoren könnten darauf beharren, dass das Research exklusiv für ihren Fonds genutzt wird – immerhin zahlen sie ja dafür. Die Befürchtung sei, dass Privatkunden – ange- stachelt von Anlegeranwälten – in Scharen auf solche Klagen aufspringen, so der Insider. In der Praxis ist es schwierig, den Analy- seaufwand auf die einzelnen Fonds aufzutei- len – und schier unmöglich, die jeweilige Stu- die nur einem Portfoliomanager zuzuweisen. „Die Fondsgesellschaften scheuen solche Diskussionen mit den Kunden“, kommentiert Stephan Schröter, Gründer der Unterneh- mensberatung SMS Business Solutions, das Dilemma. „Die bequeme Lösung ist, die Researchkosten auf die eigene Bilanz zu nehmen.“ Kostenschlüssel Wie hoch die Ausgaben für Research letzt- endlich ausfallen könnten, darüber gewährt eine Gebührenordnung der Union Investment Einblick. Bei der deutschen Fondsgesellschaft liegt die Höchstgrenze am oberen Ende bei 20 Basispunkten, am unteren Ende nur bei fünf Basispunkten. Bei einem Geldmarktfonds für institutionelle Investoren setzte die Union sogar nur einen Basispunkt an. Dieser Kos- tenschlüssel sei noch entwickelt und heraus- gegeben worden, bevor die Führungsetage der Union entschieden hatte, die Gebühren selbst Foto: © privat Stephan Schröter, SMS Business Solutions: „Die Fonds- gesellschaften scheuen Diskussionen mit den Kunden.“ Schwindende Zunft Zahl der Analysten bei den Top-12-Investmentbanken Die großen Investmentbanken streichen ohnehin schon ihre Researchabteilungen zusammen. Mifid II dürfte dies noch verschärfen. Quelle: Bloomberg 0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000 2016 2013 Aktienanalysten Anleihenanalysten Gesamt Unabhängigkeitsbewegung Marktanteil freier Researchanbieter nach Region in Prozent Während die Banken ihre Analystenreihen ausdünnen, erobern unabhängige Studien- anbieter Marktanteile hinzu. Quelle: Integrity Research Associates, Quinlan & Associates 0 % 5 % 10 % 15 % 20 % Asien Europa USA 2009 2016 17 % 20 % 5 % 11 % 3 % 9 %

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