FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2017

rikanischer Finanzdienstleister mit Vertriebs- power vor Ort. Wir betreuen Teile der Portfo- lios unserer US-Partner. Dieses Geschäft läuft sehr gut an und bietet großes Potenzial. Früher hatten amerikanische Privatanleger ihr Geld quasi ausschließlich in ihrem Heimatmarkt in- vestiert. Inzwischen ist die Quote von Invest- ments außerhalb der USA auf 20 Prozent ge- stiegen. Ein Fünftel des größten Marktes der Welt – da geht es um viel Geld. Seit 2012 ermittelt das US-Justizministe- rium gegen Pictet wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Haben diese Er- mittlungen Einfluss auf das Geschäft Ih- rer Sparte in den Vereinigten Staaten? Nein, überhaupt nicht. Das US-Justizministe- rium verdächtigt fast jede Schweizer Bank. Wir sind eines der wenigen Institute, die sich noch nicht mit den amerikanischen Behörden verglichen haben. Wir kooperieren natürlich und legen alle erforderlichen Informationen offen. Das Verfahren ist in der Schwebe, ich kann Ihnen nichts Neues berichten. In der öffentlichen Debatte in den USA spielt dieses Thema seit geraumer Zeit jedenfalls keine große Rolle mehr. Zu einem anderen Thema, das heiß dis- kutiert wird, dem Druck auf die Mar- gen. Die niedrigen Zinsen führen dazu, dass die Anleger zunehmend auf günsti- ge Kosten achten. Ich erinnere mich an eine Auswertung, nach der aktuell mehr als 70 Prozent der UCITS- Rentenfonds höhere Gebühren veranschlagen, als die Papiere im Portfolio an laufender Ren- dite abwerfen. Solange die Kurse am Renten- markt also nicht weiter steigen, stehen Anle- ger am Ende mit einem garantierten Verlust da. Dass die Fondsanbieter da reagieren müs- sen, ist klar. Doch der Druck kommt auch von anderer Seite. Für die Gebühren eines aktiv verwalteten Fonds spielen drei Komponenten eine Rolle: die Kosten der Indexreplikation, das Alpha und der Aufschlag für Faktoren wie die Marke und den Service des Anbieters. Dieser letzte Teil ändert sich nicht so schnell. Doch der Preiskrieg der ETF-Anbieter führt dazu, dass die Kosten der Indexreplikation immer weiter sinken. Und die liquiditätsge- triebene Rally der letzten Jahre sorgte dafür, dass die Leistung vieler Asset Manager, also das Alpha, schlecht aussieht. Beides bringt die Gebühren unter Druck. Doch ich bin davon überzeugt, dass jetzt wieder bessere Zeiten für aktives Management anbrechen. Die Liqui- dität weicht langsam aus den Märkten, da- durch geht der Gleichlauf an den Börsen zurück und die Volatilität steigt. Das ist ein Umfeld, in dem aktive Manager ihre Stär- ken wieder besser ausspielen können. Pictet AM gilt als aktiverAsset Manager. Warum bieten Sie auch Indexfonds an? Unserer Meinung nach hat beides seine Be- rechtigung. Wenn wir von einem Investor hören, dass er taktisch für ein oder zwei Jah- re in einen bestimmten Markt investieren möchte, raten wir ihm oft zum passiven Produkt. Denn das Alpha, das ein aktiver Manager liefern kann, kommt nur über den gesamten Zyklus zum Tragen. Daher haben passive Investments bei wohl jedem Kun- den ihre Berechtigung. Gerade in unserem Heimatmarkt, der Schweiz, herrscht eine große Nachfrage nach Indexfonds, vor al- lem auf Seiten institutioneller Investoren. Diese Nachfrage wollen wir bedienen. Die Branche spricht auch über Fusionen und Übernahmen. Wird die M&A-Akti- vität weiter zunehmen? Ja, das ist durchaus wahrscheinlich. Die Kos- ten des Geschäfts steigen, darum stehen The- men wie Kosteneffizienz und Skalierbarkeit branchenweit ganz oben auf der Agenda. Uns kommt diese Unruhe entgegen, denn dadurch wird deutlich, wie stabil unser Haus dasteht. Ich habe jüngst auf einer Konferenz gehört, dass der durchschnittliche Arbeitnehmer an einemAcht-Stunden-Tag effektiv nur fünfein- halb Stunden arbeitet – der Rest geht für Klatsch und Tratsch und anderes drauf. Nach einer Fusion sinkt diese effektive Arbeitszeit auf anderthalb Stunden. Das zeigt, wie schnell eine Integration ablaufen muss, damit die Pro- duktivität nicht völlig auf der Strecke bleibt. Für Sie käme es nicht in Frage, kleinere Mitbewerber zu übernehmen? Nein. Wenn, dann akquirieren wir Teams von Portfoliomanagern, aber keine ganzen Unter- nehmen. Es gab in der 212 Jahre währenden Geschichte von Pictet keine einzige Über- nahme, und mir würde kein Grund einfallen, warum sich das so schnell ändern sollte. Es ist unglaublich aufwendig, beispielsweise IT- Plattformen oder Firmenkulturen zu integrie- ren. Das haben wir zum Glück nicht nötig. Vielen Dank für das Gespräch. BERND MIKOSCH | FP » Es gab in der 212 Jahre währenden Geschichte von Pictet keine einzige Übernahme, und mir würde kein Grund einfallen, warum sich das ändern sollte. « Laurent Ramsey, Pictet AM Laurent Ramsey: „Die Liquidität weicht langsam aus den Märkten, dadurch geht der Gleichlauf an den Börsen zurück und die Volatilität steigt. Das ist ein Umfeld, in dem aktive Manager ihre Stärken wieder besser ausspielen können.“ 190 www.fondsprofessionell.at | 4/2017 vertrieb & praxis I laurent ramsey | pictet am

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