FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2017
147 www.fondsprofessionell.at | 4/2017 muss man auch sagen, dass im Moment nicht mehr möglich ist, weil wir das derzeitige Preisgefüge nicht für nachhaltig erachten. Wir verfügen aber über Zugänge am Markt, über die wir trotzdem zu Konditionen produzieren können, die wir für vernünftig erachten. Woher kommen denn die neuen Invest- ments? Unser Thema ist zurzeit der großvolumige Wohnbau in Stadtentwicklungsgebieten. Wir steigen auch sehr früh in Projekte ein. Da ko- operieren wir direkt mit den Projektentwick- lern, mit denen wir lange und eng zusammen- arbeiten. Dazu gehören zum Beispiel das Österreichische Volkswohnungswerk, das eine Konzernschwester ist, und das Österreichische Siedlungswerk. Bekanntlich sind die Grundstücks- und Baukosten stark gestiegen. Wird deshalb nicht zulasten der Qualität gebaut, um die Wohnungen für die Nutzer noch zu- mindest halbwegs leistbar zu machen? Wir haben bei unseren Projekten ein enges laufendes Controlling zur Qualitätssicherung. Aber der Kostendruck ist hart, und ich schlie- ße nicht aus, dass wir deswegen mittelfristig keine neuen Vermietungsprojekte mit nach- haltigen Renditen bauen können. Die Steige- rung der Baukosten ist enorm, und es gibt in den Projekten teilweise deutliche Abweichun- gen von den Planzahlen. Mit Ihrem Flaggschiff sind Sie auch in Hamburg aktiv. Dort konzentrieren Sie sich inzwischen auf Büroimmobilien, weil Wohnprojekte zu teuer sind. Warum investieren Sie nicht in anderen deutschen Städten? Das prüfen wir laufend. Allerdings ist es teuer, in einer Hochpreisphase in einen neuen Markt einzutreten. Für einen offenen Fonds ist das vielleicht nicht der richtige Zeitpunkt. In Hamburg würde ich auch lieber Wohnimmo- bilien kaufen. Allerdings hat die Stadt in den vergangenen drei Jahren eine so starke Preis- entwicklung gesehen, dass sich neue Investi- tionen nicht rechnen. Deshalb sind Büros eine sinnvolle Alternative. Allerdings sind auch in diesem Sektor die Preise für qualitativ hoch- wertige Büroimmobilien im Vorjahr davonge- laufen. Ich halte es aber nicht für vernünftig, ein Bürohaus mit einer Rendite unter fünf Prozent zu kaufen, weil es bei der gewerbli- chen Nutzung in der Wiedervermietung deut- lich höhere Kosten gibt als im Wohnsektor. Wie beurteilen Sie die Trendmärkte Co-Working Spaces, Mikroapartments und studentisches Wohnen? Die Trends muss man von zwei Seiten be- trachten. Das eine ist der tatsächliche Bedarf nach solchen Wohn- und Arbeitsformen. Der ist vorhanden, weil sich unsere Lebensweisen ändern und die Menschen mobiler und flexi- bler sind. Das andere ist jedoch das Angebot. Ich frage mich schon, wer die Studenten sein sollen, die in die neuen Apartments einziehen? Ich bin davon überzeugt, dass es hier am Ende massive Verwertungsprobleme geben wird. Die Mikroapartments liegen auch voll im Trend, obwohl sie relativ teuer sind. Die „Young Professionals“ sind eine Story, die man hinterfragen sollte. Nicht alle können sich ein Apartment für 1.000 Euro im Monat leisten. Auf diese Story fallen aber viele Investoren herein. Am Ende muss sich das jemand leisten können und auch bezahlen wollen. Und es ist nicht gegeben, dass vermö- gende Eltern für die Unterkunft ihrer studie- renden Kindern jeden Preis zu zahlen bereit sind. Auch beim betreubaren Wohnen muss man sich die Modelle sehr genau ansehen. Auf dem Papier rechnen sich 16 Euro Miete schön. Ob man diese Miete tatsächlich bekommt, steht auf einem anderen Blatt. Verschließen Sie sich nicht gegenüber wichtigen Zukunftsmärkten? Nein, wir haben aber einen anderen Zugang. Wir entwickeln zurzeit unser erstes studen- tisches Projekt. Die kleinsten Wohnungen werden inklusive Strom, Fernwärme und Internet unter 400 Euro kosten. Und wir arbeiten mit einem starken Partner mit kirch- lichem Hintergrund an unserem ersten Projekt im betreubaren Wohnen. Wir stellen vernünf- tig ausgestattete Wohnungen zur Verfügung und bieten Zusatzleistungen von einem „Sozial-Concierge“ an. Trotzdem wird die Gesamtbelastung für die Nutzer überschau- bar sein. Vielen Dank für das Gespräch. ALEXANDER ENDLWEBER | FP Mag. Peter Karl: „Ich halte es nicht für vernünftig, ein Bürohaus mit einer Rendite unter fünf Prozent zu kaufen, weil es bei der gewerblichen Nutzung in der Wiedervermietung deutlich höhere Kosten gibt als im Wohnsektor.“ » Der Kostendruck ist hart, und ich schließe nicht aus, dass wir deswegen mittelfristig keine neuen Vermietungs- projekte bauen können. « Mag. Peter Karl, Erste Immobilien KAG
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