FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2017

104 www.fondsprofessionell.at | 4/2017 ausgewogen. Im Bemühen, möglichst viele Prämien einzusammeln, laufen derartige Multi-Faktor-Portfolios absurderweise Gefahr, sich die Prämien abzuschneiden, da sich diverse Exposures zu den Faktoren gegenseitig wieder neutralisieren.“ Dynamische Ansätze Ist Faktorinvestment also nur ein Mar- keting-Gag? Keineswegs, die über lange Zeiträume ermittelten Daten lassen durch- aus die Erwartung zu, dass man mit diesen Instrumenten den Gesamtmarkt ohne akti- ves Management schlagen kann. Allerdings dürfte es dazu notwendig sein, noch einen Schritt weiter zu gehen: Erstens benötigt man mehrere Faktoren, und zweitens sollte der Faktormix laufend überprüft und dyna- misch an die Marktlage angepasst werden. Dafür benötigt man allerdings ein Handels- system, das zeitnah feststellt, welche Fak- toren zum jeweiligen Zeitpunkt funktionie- ren, und das Portfolio entsprechend um- schichtet. Mit einem passiven Fonds im eigentlichen Sinn hat das zwar nicht mehr sehr viel zu tun, und es ist auch nicht so billig wie ein herkömmlicher ETF, entscheidend ist aber die Frage, ob es funktioniert. Jene Anbieter, die solche Konzepte haben, sind davon überzeugt, etwa der Indexanbieter IQ-Foxx. Das Unternehmen hat auf Basis der Erkenntnis, dass kein Faktor den Gesamt- markt durchgehend schlagen kann, eine Sys- tematik entwickelt, die zwischen „Risk on“ und „Risk off“ unterscheidet. Ersteres kenn- zeichnet eine Marktphase mit günstigen wirt- schaftlichen Rahmenbedingungen, in der Anleger riskantere Aktien wie Nebenwerte oder Schwellenländer bevorzugen. Schätzen die Investoren die Märkte hingegen als gefährlich ein, bevor- zugen sie Aktien aus den konserva- tiveren Bereichen. IQ-Foxx bietet allerdings selbst keine Fonds an, sondern stellt seine Systematik Fondsanbietern und Vermögensver- waltern zur Verfügung. Die Smart- Beta-Index-Palette ist nicht geo- grafisch, sondern nach Risikoklas- sen sortiert und reicht über fünf Abstufungen von „Defensiv“ bis „Offensiv“. Auch der amerikanische Faktorinvestment-Pionier Research Affiliates hat seine Indexpalette um Multi-Faktor- sowie um dynami- sche Multi-Faktor-Konzepte erwei- tert. Während Multi-Faktor fünf Faktoren zu je 20 Prozent gewichtet, werden die Faktoren beim dynamischen Ansatz auf Basis eines quantitativen Handelsansatzes („Long-Term Reversal“ und „Short-Term Mo- mentum“) gewichtet. Stark vereinfacht geht man dabei davon aus, dass Aktienbewertun- gen kurzfristig ihre Richtung beibehalten, während sie auf lange Sicht zu ihren mehr- jährigen Durchschnitten zurückkehren. Im Zehnjahresrückblick hätte man mit dem RAFI Dynamic Multi-Factor US Index 9,25 Pro- zent jährlich verdient, während der simplere Multi-Factor US Index „nur“ 8,87 Prozent erwirtschaftete. Multi-Faktor-Fonds dynamisch Das am Markt verfügbare Produkt mit der längsten realen Historie ist der Deut- sche Quant Equity Europe, ein Fonds für europäische Aktien, der mit einem quanti- tativen Ansatz verwaltet wird. Das Team, das hinter dem System steckt, arbeitet (ur- sprünglich für Sa.. Oppenheim) seit dem Jahr 2001 an dem Konzept und hat es seit- her laufend weiterentwickelt. Mehrheitlich kommt es in institutionellen Mandaten zur Anwendung. Als erster Publikumsfonds wurde der 2008 aufgelegte Deutsche Quant Equity Europe 2013 auf dieses dynamische Multi-Faktor-System umgestellt. Der An- satz stützt sich nur auf jene Faktoren, deren Historie ausreichend lange Outperfor- mancephasen aufweist. Mit diesen brauch- baren Faktoren werden die 3.400 verwend- baren Aktien des Universums laufend ana- lysiert, indem man versucht, ihren Kursver- lauf anhand von Faktoren zu erklären – steigen Value-Aktien um drei Prozent und die fragliche Aktie tut dies auch, ist der Faktor wirksam. Lässt sich die Wertentwick- lung einer Aktie nicht länger auf Basis der ge- wählten Faktoren nachvollziehen, treten jene Faktoren an ihre Stelle, die die entsprechen- den Korrelationen aufweisen. Ferdinand Haas, Produktchef EMEA und Asien bei der Deut- sche Asset Management, über die Leistungs- fähigkeit des Konzepts: „Wir beobachten 200 Faktoren und stellen fest, welche davon die reale Marktsituation des letzten Monats erklä- ren. Daraus wird eine Reihenfolge der gerade wirksamen Faktoren abgeleitet, und in sie wird investiert. Und dass das funktioniert, er- kennt man sehr gut daran, dass wir seit 2001 in 14 von 16 Jahren die Benchmark geschlagen haben.“ Das gelingt auch bei dynami- schen Ansätzen nicht in jedem Fall. Ein ähnlich angelegter Fonds von M.M. Warburg, der Warburg-Mul- ti-Smart-Beta Aktien Europa R, hat dies seit seiner Auflegung im Jahr 2015 aufgrund einer Schwächepha- se im Jahr 2016 bisher noch nicht geschafft. Auch hier wird mit ei- nem regelbasierten Ansatz versucht, die Faktorprämien für die Anleger einzusammeln. Laut Morningstar konnte konnte der MSCI Europe NR Index seit Fondsstart nicht ge- schlagen werden (siehe Chart), 2017 ist es hingegen gelungen. GERHARD FÜHRING | FP markt & strategie I faktorinvestments Foto: © Günter Menzl Ferdinand Haas, Deutsche Asset Management: „Wir haben die Benchmark seit 2001 in 14 von 16 Jahren geschlagen.“ Dynamische Multi-Faktor-Europa-Fonds Dt. Quant Equity Europe vs. Warburg-Multi-Smart-Beta Aktien Europa Der Deutsche Quant Equity Europe wird seit 2013 nach einem dynamischen Multi- Faktor-Ansatz verwaltet. Der Warburg Multi-Smart-Beta Aktien Europa verfolgt eine ähnliche Strategie, blieb seit Auflage aber hinter dem Index zurück. 80 % 85 % 90 % 95 % 100 % 105 % 110 % 115 % 2017 2016 Deutsche Quant Equity Europe - SC Eur Warburg Multi-Smart-Beta Aktien Europa - R Eur Dis MSCI Europe NR Eur R

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